Porträt

Assistenz im Doppelpack

Früher teilten sie sich die Spielsachen, heute das Büro: Die Schwestern Daniela und Caroline Baumann arbeiten beide als Assistentinnen bei Vigier Beton in der Nordwestschweiz. Sie haben nicht den gleichen Chef, ein Team sind sie trotzdem.

«Eine Woche», dachte Daniela Baumann, wird es ihre zierliche Schwester Caroline auf dem Bau aushalten. Sie täuschte sich. Caroline blieb 15 Jahre, arbeitete in der Produktionsplanung und als Assistentin für den Produktionsleiter in einem Werk von Vigier. «Sie kam als zahnmedizinische Assistentin aus einer klinisch sauberen Welt in ein Baucontainer-Büro, mitten in diese Männerdomäne, wo zuerst eine Frauentoilette installiert werden musste», erzählt Daniela anerkennend. Und Caroline fügt an: «Anfangs kamen die Männer und schauten durchs Fenster, ob es wirklich stimmte, dass da nun eine Frau sitze.» Inzwischen arbeiten die Schwestern nicht nur in der gleichen Firma innerhalb des Vigier-Konzerns, sondern seit drei Jahren sogar im gleichen Büro: Daniela ist die Assistentin des CEO von Vigier Beton, Caroline macht die Assistenzarbeit für den Unternehmensleiter der Region Nordwest. Sie stehen mitten im Kieswerk in Safnern und steigen gerade für ein Foto auf eine grosse Pneuladerschaufel. Beide haben keine Berührungsängste mit Staub, Schmutz und grossen Maschinen.

DANIELA UND CAROLINE BAUMANN

Daniela (41) und Caroline Baumann (38) wuchsen in Golaten in der Nähe von Murten auf und wohnen heute beide wieder dort. Daniela absolvierte die kaufmännische Lehre in der Vigier-Gruppe und war dann elf Jahre als Assistentin für eine Tochterfirma tätig. Nach einem Abstecher zu einem Fahrstuhlhersteller kehrte sie zu Vigier zurück und war unter anderem auch vier Jahre lang als Produktionsplanerin tätig. Seit 2013 ist sie Assistentin des CEO von Vigier Beton. Caroline absolvierte eine Lehre als zahnmedizinische Assistentin und arbeitete ein Jahr auf dem Beruf, bevor sie zu Vigier in die Produktionsplanung wechselte, wo sie auch Assistentin des Produktionsplaners war. Sie absolvierte eine kaufmännische Weiterbildung und arbeitet seit 2015 bei Vigier Beton Nordwest,
wo sie Assistentin des Unternehmensleiters und damit ihrer Schwester Daniela unterstellt ist.


Vigier Beton ist neben der Nordwestschweiz auch in der Romandie und der Region Berner Oberland präsent. Das Werk in Safnern ist eines von insgesamt 26. Es liegt idyllisch zwischen Wald, Wiesen und Pferdekoppeln mit Blick auf die Berner Alpen. Eine ländliche Region, Heimat für die Baumann-Schwestern. «Wir wohnen im gleichen Dorf und fahren oft zusammen zur Arbeit», sagt Caroline. Auch in ihrer Freizeit sehen sich die beiden häufig, im Büro den ganzen Tag, wenn Daniela nicht gerade im Hauptsitz in Lyss tätig ist. «Manchmal fliegen schon die Fetzen», geben sie zu. Mit der eigenen Schwester gehe man unzimperlich um. «Doch dadurch ist unsere Kommunikation sehr direkt und effizient, ein Vorteil im Berufsleben. Wir verstehen uns fast blind», erzählt Daniela.

Alles andere als grau und langweilig

Auch wenn sie nicht den gleichen Chef haben, überschneiden sich viele Aufgaben, und selbstverständlich übernehmen sie die Stellvertretungen füreinander. «Caroline ist ein Organisationstalent, ich bin eher der Schreiberling, wir ergänzen uns gut», beschreibt Daniela. Vor allem Event-Management macht beiden grossen Spass. «Wir organisieren von kleinen Personalanlässen über Aktivitäten für den Kinder-Ferienpass bis zu grossen Kundenevents alles.» Ein Highlight war dieses Jahr ein Kundenanlass, der unter dem Motto «Vigier Beton Nordwest Games» – angelehnt an die Highland Games – stattfand. Mit  dem Kieswerk, einem Steinbruch und eindrücklichen Maschinen und Anlagen ist ein riesiger Abenteuerspielplatz gegeben.

«Wir verstehen uns fast blind.»


«Es macht Spass, Besuchern zu zeigen, dass Beton alles andere als grau und langweilig ist», findet Caroline, und Daniela zählt Aufträge auf: Vigier Beton Nordwest hat den Beton für die Autobahn Biel-Jura geliefert, für den Velodrome in Grenchen, für das Eisstadion in Biel und auch für ein Kunstprojekt in einem Spital. «Da wurde farbiger Beton verlangt. Er wurde eingefärbt, nicht gestrichen.»

 

Doch nicht nur die Herstellung gehört zum Geschäft, auch das umgekehrte Prozedere wird immer wichtiger. «Recycling, Entsorgung und Umweltschutz sind ein grosses Thema», bestätigt Caroline. Nach dem Abbau von Kiesmaterial soll der Boden möglichst rasch und umfassend wieder benutzbar sein. Dafür wird er mit sauberem Aushubmaterial aufgefüllt und sorgfältig rekultiviert und renaturiert. «Das erste Mal habe ich schon komisch geschaut, als ich hörte, dass Pro Natura in der Kiesgrube ein Käfer-Inventar durchführt», lacht Caroline. Das seltenste Tier hat aber ein Mitarbeiter gefunden: Eines Morgens hat er nicht nur Kies, sondern auch den Stosszahn eines Mammuts ausgehoben, der liegt jetzt in einer Vitrine im Büro.

Ehre aus Frankreich

Diese Nähe zur Produktion betrachten Daniela und Caroline Baumann als grossen Vorteil in ihrem Job. «Wir bekommen Probleme schnell mit», sagt Caroline. Gibt es Schwierigkeiten im Werk, warten ganze Baustellen auf den Rohstoff, funktioniert die Disposition nicht exakt, wird der frische Beton rasch hart. Und manchmal sind es auch kleine Dinge, die für Abwechslung im Alltag sorgen: «An einem besonders
heissen Tag in diesem Sommer hatte mein Chef die Idee, Sonnencreme an alle Mitarbeitenden zu verschenken. Das war gar nicht so einfach auf die Schnelle», erzählt Daniela.

Verlangt es die Situation, greifen die Schwestern auch selbst zu Schaufeln und Steinen. Für den Nordwest-Games-Kundenanlass haben sie im Eingangsbereich spontan einen Steingarten angelegt. Bodenständige Entschlossenheit liegt bei den Baumanns in der Familie und kommt gut an in der Belegschaft. «Unsere Mitarbeitenden schätzen es, wenn wir uns nicht im Büro verkriechen, sondern auch einmal die Hände schmutzig machen», sagt Daniela. Caroline lobt ihre Kollegen. «Vielleicht ist der Umgang etwas rauer als in anderen Branchen, aber wir kommen gut klar mit dieser direkten Art.» Durch dieses Verständnis gelingt es ihnen auch immer wieder, als Vermittlerinnen zu wirken. Für eine Aktion zum Thema Arbeitssicherheit, «das bei uns höchste Priorität hat, aber bei den Männern draussen längst nicht mehr zu den Lieblingssujets zählt», haben sie sogar einen Preis gewonnen. «Wir haben die Informationen witzig als Fragen aufbereitet und daraus einen Adventskalender gemacht, bei dem man tolle Preise gewinnen konnte», so die Schwestern. Dafür gab es den «prix coeur» von der Aktionärsfirma Vicat in Frankreich: Vicat hat den Hauptsitz in Lyon und ist weltweit tätig. «Ich mag das internationale Umfeld», sagt Daniela. Caroline auch, mit einem Hindernis: «Ich spreche nicht gut Französisch.» Dieser Umstand hat im Büro schon für witzige Situationen gesorgt. «Die Leute staunen, wenn ich sie am Telefon mit holprigen Sätzen vertröste und dann kurze Zeit später Daniela an den Apparat kommt – mit dem gleichen Namen, einer extrem ähnlichen Stimme, aber plötzlich in fliessendem Französisch.» 

Ausser Dienst

Dafür habe ich Mut gebraucht: Caroline: Um bei der Ausbildung zum Schutzhund mit meinem Boxer den Bösewicht zu spielen, damit die anderen Hunde üben können. Daniela: Als ich vor zwanzig Jahren alleine in die USA flog, obwohl ich starke Flugangst habe.
Caroline: Es ist wirklich schlimm bei ihr. Sie starrt ununterbrochen auf den Bildschirm mit dem Reiseverlauf.
Das würde ich gern lernen: Daniela: Segeln, das sieht so nach Freiheitsgefühlen aus. Caroline: Ich sollte wohl Französisch lernen (lacht).
Diese Person würde ich gern für ein Nachtessen treffen: Daniela: Edith Hunkeler. Caroline: Einen König aus dem Mittelalter. Es interessiert mich, wie er gelebt hat und wie er seine
Schlachten organisierte.

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