Knigge bei Geschäftsessen

Auf ein Gläschen

Treffen sich Geschäftspartner zum Essen, sind die Etikette-Regeln lockerer als etwa im Büro: In einem Restaurant ist die Atmosphäre ungezwungener und privater. Trotzdem ist beim Alkohol Zurückhaltung angesagt. Der berufliche Erfolg hängt nicht nur von fachlichen Qualifikationen ab, sondern auch vom persönlichen Auftreten. Gute Tischmanieren spielen eine wichtige Rolle, dabei sollte die Bedeutung der richtigen Getränkeauswahl nicht unterschätzt werden. 

Bei einem Geschäftsessen ist es durchaus üblich Alkohol zu trinken. Dass dies nur in Massen geschehen darf, sollte nicht extra erwähnt werden müssen. Trotzdem lauern noch zahlreiche versteckte Fettnäpfchen bei einem Business-Essen. Daher Augen auf bei der Getränkewahl!

Der Lunchtermin

Zum Lunch ist Alkohol eher unüblich. Jedoch greift  hier das alte Sprichwort: «Andere Länder, andere Sitten.» Während in Deutschland tagsüber eher selten Alkohol getrunken wird, trinkt man in der Schweiz bereits ein wenig Wein. In romanischen Ländern oder in der Westschweiz ist es hingegen durchaus üblich bereits zum Lunch ein oder zwei Gläser Wein zu trinken. «Wein-Kulturen lassen sich ihr Gläschen am Mittag nur selten nehmen», stellt Marcus Reckewitz in seinem Buch «Über die Kunst der Trunkenheit» fest. Insgesamt sollte bei Geschäftsessen – egal in welchem Land – jedoch stets darauf geachtet werden, nur moderat zu trinken. Nach dem zweiten Glas Wein sollte in der Regel Schluss sein. Wenn Sie nach dem Mittagessen noch arbeiten möchten, sollten Sie sogar ganz auf Alkohol verzichten, denn auch kleine Mengen machen müde. Achten Sie zudem darauf, mit wem Sie danach noch Termine haben. Eine Alkoholfahne im Meeting kann unangenehm werden. Allein Alkohol trinken sollte man auf keinen Fall!

«Wo starker Trunk eingeht, geht die Scham aus.»

Aber was ist im umgekehrten Fall, wenn die Flasche Wein geköpft wird und man aber nichts davon möchte? Dazu meint die Stilexpertin Elisabeth Bonneau ganz klar: «Wer keinen Alkohol trinken will muss nicht. Man muss auch keine Begründung dafür abgeben.» Falls es etwas zu feiern gibt kann man sich ein Gläschen einschenken lassen und daran nippen. Austrinken ist keine Pflicht, denn es geht nur um den Ritus. Der Genuss von Alkohol ist also nicht notwendig. Selbst als Einladender kann man auf Alkohol verzichten, während die Gäste Bier und Wein trinken. Gerade in Deutschland trinkt man gerne ein alkoholfreies Bier zum Lunch. Getränke wie Cola, Fanta oder Sprite gelten zu einem guten Essen hingegen als stillos oder wie die Expertin weiss: «Soft Drinks sind einfach zu süss zum Essen, greifen Sie lieber auf Wasser oder Saftschorlen zurück.»

Das Businessdinner

Findet das Essen abends statt, gehört eine Flasche Wein oder ein Champagner häufig dazu. «Den Wein sucht immer die Person aus, die einlädt. Sie muss ihn ja auch schliesslich bezahlen», erklärt die Expertin. «Am besten man wartet ab, was der Gastgeber bestellt. Entscheidet sich dieser für ein Glas Prosecco zum Aperitif sollte man selber nicht zum wesentlich teureren Champagner greifen.» Sind Sie selbst Gastgeber warten Sie mit der Weinauswahl, bis alle ihre Speisen ausgewählt haben, denn viele machen ihre Präferenz von den Speisen abhängig. Mittlerweile ist es akzeptiert, dass die Weine nach dem persönlichen Geschmack ausgewählt werden. Die klassische Regel, an die man sich allerdings nach wie vor halten sollte, sieht Weissweine zu hellem Fleisch und Rotweine zu dunklem Fleisch vor. Als Gast darf man einen vom Gastgeber ausgewählten Wein niemals kritisieren, auch wenn dieser nicht dem eigenen Geschmack entspricht. Einzige Ausnahmen: der Wein ist falsch temperiert oder «korkt». Sollten Sie sich nicht ganz sicher sein, bitten Sie den Kellner um sein Urteil. Spielen Sie auf keinen Fall den Weinkenner. Hobbysommeliers sollten sich mit ihren Empfehlungen und Urteilen beim Geschäftsessen besser zurückhalten.

Die Getränkeauswahl

Als Faustregel gilt: Man trinkt immer von hell nach dunkel. Oder wie die Expertin erklärt: «Üblich ist es, leichte und dezente vor schweren Weinen zu trinken. Die Reihenfolge lautet also: Sekt – leichter Weisswein – schwerer Weisswein bzw. leichter Rotwein – schwerer Rotwein – Dessertwein.» Es stellt auch kein Problem mehr dar, wenn Sie lieber ein Bier trinken möchten – aber auch hier gilt es konsequent zu sein: «Einmal Bier, immer Bier.» Wird zum nächsten Gang ein neuer Wein eingeschenkt, lässt man in förmlichen Kreisen den vorherigen stehen. «Ist die Atmosphäre etwas lockerer können Sie das Glas mit dem Weisswein behalten und später noch einmal daran nippen. Er wird dann allerdings warm sein und ohnehin nicht mehr schmecken», räumt Elisabeth Bonneau ein. Gegen die Etikette sei es jedoch den Weisswein schnell runterzukippen, um mit den anderen auf den Rotwein umsteigen zu können. Und wer einmal beim Rotwein angelangt ist, sollte auch nicht mehr zurück auf den Weisswein wechseln.

Zum Wohl!

Bei Geschäftsessen gilt: Anstossen gehört nicht zum guten Ton. Doch auch hier bestätigt die Ausnahme die Regel, wie die Expertin weiss: «Streng genommen wird gar nicht angestossen. Doch häufig trägt dies zu einer guten Stimmung bei. Bei Tisch ist es jedoch verpönt, nur mit einzelnen Personen anzustossen. Wenn angestossen wird, dann mit allen. Bei grösseren Runden geht das nicht risikofrei. Daher lieber zuprosten als anstossen!» Angestossen wird zudem – wenn überhaupt – nur mit Wein, Sekt, Champagner, sonst entsteht leicht eine Kneipenatmosphäre. Sollten Sie Mineralwasser trinken, sind Sie vom Anstossen nicht ausgenommen. Mit Getränken wie Bier, Cocktails oder Digestifs sollten die Gläser jedoch nur angehoben werden. Für Elisabeth Bonneau sind Worte wie «Zum Wohl» hier die passendsten. «Prost» erduldet sie maximal im Biergarten. Doch auch richtiges Zutrinken will gelernt sein, besonders bei einem sehr formellen Dinner. Ganz korrekt ist folgender Ablauf: Das Glas leicht Anheben, etwa auf Kinnhöhe, einander kurz in die Augen blicken, «Zum Wohl» sagen und trinken. Achtung: stellen Sie das Glas danach nicht einfach wieder ab, sondern nehmen Sie nochmals kurz Blickkontakt auf und heben das Glas noch einmal kurz an. Als Gast wartet man stets, bis der Gastgeber das Glas erhebt. Übrigens, wenn Sie zum Essen eingeladen sind, dürfen Sie also auf keinen Fall selbst aktiv werden, auch wenn Sie es für höflich halten. «Es obliegt einzig dem Gastgeber oder dem Ober die Gläser zu füllen», warnt die Expertin vor einem weiteren Fettnäpfchen. Das gilt sowohl für die Flasche Wasser als auch für die Flasche Wein – es sei denn, die Wasserflasche steht auf dem Tisch, dann dürfen Sie sich selbst nachschenken. Achten Sie dabei darauf, dass Sie zuerst den anderen nachschenken, wenn gewünscht, und dann sich selbst. Das ist höflicher, als zuerst an sich zu denken.

Der Digestif

«Bei Schlemmeressen am Abend wird häufig ein Digestif nach oder zum Espresso gereicht. Dies muss aber nicht sein. Ein Espresso reicht völlig aus», erklärt die Expertin.  Zudem ist nicht jeder Digestif für ein Geschäftsessen geeignet. Cognac, Grappa oder Obstbrand sind durchaus üblich nach einem mehrgängigen Essen. Verzichten sollte man hingegen auf Aquavit, Jägermeister, Fernet Branca oder Ramazotti. Sie gehören eher in die Kneipe um die Ecke. Es gehört zu den Aufgaben des Gastgebers, seine Gäste danach zu fragen. Bietet er zum Schluss einen Kaffee oder Espresso an, sollten Sie von sich aus keinen Digestif bestellen. Heisse Getränke nach dem Essen werden übrigens erst bestellt, wenn sämtliches Geschirr vom Tisch ist. Allein der Digestif darf zum Espresso stehen bleiben.

Das Malheur

Gerade, wenn man sich bemüht, alles richtig zu machen, geht oft mal was daneben. Und dann? Ein umgestossenes Weinglas beim Geschäftsessen ist kein Desaster – solange man gelassen damit umgeht, sagt die Expertin. «Am besten die Servicekraft den Schaden beheben lassen und selbst kein grosses Aufheben machen.» Unangenehmer ist es, wenn der Wein auf die Hose eines anderen Anwesenden läuft: Eine sofortige Entschuldigung versteht sich von selbst, angebracht ist das Angebot, für die Reinigung aufzukommen und bieten Sie als erste Schadensbegrenzung Ihre Serviette an. Elisabeth Bonneau gibt zudem noch einen ganz wichtigen Hinweis an die Damen: «Sie sollten keine Spuren von Lippenstift auf den Gläsern hinterlassen. Wischen Sie sich, wie es sich gehört, den Lippenstift vor dem Essen von Ihren Lippen ab. Hinterlassen Sie aus Versehen doch mal Lippenstift auf dem Glas, stehen Sie dazu.» Fangen Sie bloss nicht an das Glas zu polieren und vergessen Sie nicht auch während des Essens vor jedem Schluck den Mund mit der Serviette abzutupfen. Und abschliessend eine Regel, die jeder Business-Knigge dieser Welt bestätigt: «Trinken Sie niemals mehr, als Sie vertragen! Wenn Sie Ihre Grenzen nicht kennen, bleiben Sie lieber beim Wasser.»

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