Karriere

Brillieren im Vorstellungsgespräch

Ein Jobinterview ist sogar für selbstbewusste Menschen eine gefürchtete Situation. In wenigen Minuten soll man Fachwissen beweisen, mit der Persönlichkeit punkten und sich am besten noch von der Konkurrenz abheben. Mit der richtigen Einstellung bekommt man seine Nervosität gut in den Griff und kann dann richtig brillieren.

Mit der Einladung zum Vorstellungsgespräch ist die erste Hürde auf dem Weg zum neuen Job schon geschafft. Eigentlich ein Grund zur Freude, wenn da nicht die Aufregung wäre. Die hat schon so manchem Bewerber das Gespräch gründlich vermasselt. Dabei ist sie gar nicht notwendig, denn «es gibt doch gar nichts zu verlieren», sagt Matthias Nedoklan, Mitarbeiter beim Staufenbiel Institut. Im schlimmsten Fall geht man so wieder raus, wie man reingekommen ist – ohne Job. Wer das verinnerlicht hat, der kann viel lockerer ins Gespräch gehen und sich auf das konzentrieren, was wirklich zählt. Das ist nämlich nicht, ob man den Job bekommt, sondern vor allem, ob es überhaupt der richtige ist. «Viele Bewerber vergessen, dass das Vorstellungsgespräch ein Test für beide Seiten ist», sagt Nedoklan. Ein Bewerber sei kein Bittsteller, auch das Unternehmen stehe beim Vorstellungsgespräch auf dem Prüfstand. Das Ziel sei ja, dass Bewerber und Job wirklich zusammenpassen. «Man kann sich als Bewerber auch eingestehen, dass man den Job gar nicht will», betont er. 

Deshalb rät der Experte auch dazu, sich nicht zu verstellen und sich so zu zeigen, wie man ist. «Personaler suchen nicht immer nach demselben Typ», weiss der Experte. Manchmal ist ein ruhiger, introvertierter Typ gefragt und eine Rampensau wäre fehl am Platz, dann wieder braucht es das extrovertierte Verkaufstalent. Oft ist es aber auch der Job selbst, der gewisse Eigenschaften erfordert. Wer nicht gerne telefoniert und mit Menschen zu tun hat, wird sich am Empfang schwer tun und sich wahrscheinlich gar nicht dafür bewerben. Doch egal, welcher Typ gefragt ist, im Gespräch geht es dann doch darum, sich selbst möglichst gut zu verkaufen. Nicht umsonst steckt im Wort «Bewerbung» das Wort «Werbung». «Man sollte aber keinen Golf zum Ferrari machen», warnt Nedoklan. Weder falsche Bescheidenheit noch Angeberei seien angesagt. «Extrovertierte sollten sich vielleicht etwas zurücknehmen und Introvertierte etwas aus sich herausgehen», das sei aber schon alles. 

Um das richtige Mass zu finden, ist eine gründliche Selbstanalyse hilfreich. So sollte man vor dem Gespräch schonmal überlegen, mit welchen Leistungen aus der Vergangenheit man sein Können untermauern kann. Je konkreter das ausgearbeitet ist, desto besser. «Wer einen Erfolg belegen kann, der fällt auf keinen Fall unter die Angeber», sagt Nedoklan. Vor allem Frauen rät er vor dem Gespräch zu einer solchen Selbstanalyse, denn «manche Frauen tendieren dazu, ihre starke Leistung zu schmälern». Wer seine Leistungen aber belegen könne, der sei sicherer, wenn es darum gehe, sie ins rechte Licht zu rücken. 

Wer fragt, gewinnt

Zur Vorbereitung auf das Gespräch gehört neben der Selbstanalyse auch eine Recherche über das Unternehmen. Die Eckdaten sollte man auf jeden Fall kennen, je nach Bereich und Jobangebot kann aber auch Wissen über die Struktur oder die Kunden von Interesse sein. «Wer sich innerhalb einer Branche bewirbt, der kann hier mit ordentlich Vorwissen Punkte sammeln», sagt Nedoklan. 

So wirkt die Körpersprache

Sitzhaltung

Zusammengesunken: Hier ist aber jemand unsicher.
Hingefläzt: Nimmt der uns und die Situation überhaupt ernst?
Aufrecht: Die ist voll bei der Sache! 

Die Augen

Blick nach unten: Die ist aber schüchtern.  
Blick gegen die Wand: So viel Ignoranz brauchen wir hier nicht!
Blickkontakt zum Gesprächspartner: Der ist interessiert und selbstbewusst.

Gestik

Wildes Gestikulieren: Da ist aber jemand nervös!
Aufstützen auf dem Tisch: Der ist aber verstockt. Wenn der mir jetzt auch noch zu nahe kommt, ist er raus.
Hände oder Arme verschränken: Wovor hat sie denn solche Angst, dass sie sich schützt? 

Mimik

Lächeln: Der ist entspannt und locker. Sehr sympathisch!
Stirnrunzeln: Was guckt die denn so kritisch?
Lachen: Das war jetzt aber laut! Und völlig daneben. Ausser wenn mein Witz gut war, dann hat sie den passenden Humor. 

Fragen, die man nicht recherchieren kann, sollte man notieren. Denn im Gespräch wird man garantiert aufgefordert, eigene Fragen zu stellen, und nichts ist peinlicher, als dann nur welche parat zu haben, die man sich mit ein wenig Recherche selbst hätte beantworten können. «Gut sind da Fragen nach dem konkreten Arbeitsumfeld», sagt Nedoklan. Wie ist die Abteilung strukturiert, welche Feedback-Regelungen gibt es, wie sieht eine typische Arbeitswoche im Job aus? – All das kann nur das Unternehmen selbst beantworten. Und die Fragen zeigen, dass man ernsthaftes Interesse hat. Von einer Frage rät Nedoklan jedoch dringend ab. «Wenn der potenzielle Arbeitgeber nicht danach fragt, sollte man die Höhe des Gehalts nicht ansprechen», sagt er. Schwierig ist auch die Frage nach dem Grund des Jobwechsels. «Personaler kennen sich und Illoyalität ist ein K.-o.-Kriterium», warnt der Experte. Einen Wechselgrund müsse man zwar nennen, aber schmutzige Wäsche zu waschen solle man dabei unbedingt vermeiden. 

Wer noch nicht viele Vorstellungsgespräche oder lange keins mehr hatte, der kann sich auch mit Hilfe des Freundeskreises vorbereiten und das alles mal mit einem Partner durchspielen. «Das ist gar nicht so blöd, wie es sich anhört», sagt Nedoklan. Man wisse hinterher, wie sich die Antworten anhören, und bekäme auf jeden Fall Feedback zum eigenen Auftritt. Und Übung mache schliesslich den Meister. 

Kleine Höflichkeiten mit grossem Effekt

Namen und Titel aussprechen
Jeder wird gern mit seinem Namen angesprochen, auch zukünftige Chefs oder Personaler. Deshalb sollte man das unbedingt tun. Natürlich inklusive Titel, man wird Sie wissen lassen, wenn darauf verzichtet werden kann. Peinlich wird es, wenn man einen Namen falsch ausspricht. Dann lieber am Anfang nachfragen, das zeugt auch von Interesse. 

Distanz wahren 
Auch wenn man sich gegenüber sitzt, sollte man Distanz wahren. Stift, Notizblock, Glas oder Tasse gehören ebenso wenig in den Tischbereich des Gegenübers wie Hände oder gar Arme. 

Respekt zeigen
Respektvoll begrüsst man sich im Stehen. Und auch, wenn alle den Namen bereits kennen, sollte man ihn nochmal nennen. Ebenso sollte man sich formvollendet verabschieden: Mit einem Dankeschön im Stehen und einem Händeschütteln.

Wer aber gut vorbereitet ist, selbstbewusst auftritt und dabei immer freundlich und höflich bleibt, der macht schon alles richtig. «Das ist ja immer ein Prozess, der unter Menschen abläuft», sagt Nedoklan. Und wenn es bei dem einen Job nicht klappt, dann klappt es vielleicht beim nächsten. «Der passt dann auch vermutlich viel besser», weiss der Experte. 

 

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