Intuition

Der Bauch lügt nicht

Jobsuche: die Stelle wechseln oder nicht? Flirtchance: die Person ansprechen oder nicht? Im Alltag müssen wir oft Entscheidungen treffen, deren Folgen wir nicht genau abschätzen können. Unsere Intuition ist dann meist ein guter Ratgeber – und diese können wir trainieren.

«Der hat den sechsten Sinn.» Das sagen wir über Menschen, bei denen wir registrieren: Sie entscheiden und verhalten sich intuitiv meist richtig. Und das, obwohl in der jeweiligen Situation scheinbar noch nicht absehbar ist, was richtig oder falsch ist. Zum Beispiel wenn Gefahr droht. Oder wenn es gewisse Chancen zu nutzen gilt. Rational können wir es uns nicht erklären, warum manche Personen offensichtlich mit traumwandlerischer Sicherheit durchs Leben gehen, während andere in jedes Fettnäpfchen tappen. Und oft wünschen wir uns: Hätte ich doch auch so einen inneren Kompass, der mich zielsicher durchs Leben führt. Keine Angst! Sie haben ihn. Studien belegen: Jeder Mensch verfügt über die Fähigkeit, Menschen, Situationen und Konstellationen intuitiv richtig einzuschätzen. Sie ist nur verschieden stark ausgeprägt. Und: Diese Fähigkeit lässt sich trainieren. Denn ob sich bei uns das richtige Bauchgefühl einstellt, hängt auch von unserem Vorwissen und unserer Erfahrung ab.

Intuition basiert oft auf Erfahrung

So nimmt zum Beispiel eine Person, die schon jahrelang Auto fährt, meist brenzlige Verkehrssituationen eher wahr, als eine Person, die gerade den Führerschein machte. Ähnlich ist es in unserem Arbeitsbereich. Einem erfahrenen Personalmanager sagt häufig sein Bauchgefühl, welcher von zwei scheinbar gleichwertigen Job-Kandidaten letztlich der richtige ist. Und Techniker, die schon seit Jahren bestimmte Maschinen reparieren? Sie müssen zuweilen eine Maschine nur ansehen und schon wissen sie, warum diese nicht funktioniert. Doch wie können wir unsere Intuition trainieren? Eine Voraussetzung hierfür ist: Wir müssen zunächst akzeptieren, dass Emotionen sowie unser Unterbewusstsein viel stärker unser Verhalten bestimmen, als wir dies gemeinhin vermuten. Wir ticken nicht so rational, wie wir meist denken. Eine weitere Voraussetzung ist: Wir müssen bereit sein, auf unser Bauchgefühl zu hören. Ist dies der Fall, können Sie selbst zahllose Übungen zum Schulen Ihrer unbewussten Wahrnehmung entwerfen. Nehmen wir zum Beispiel an, Sie stehen mit einer Vielzahl von Menschen an einer Bushaltestelle. Dann können Sie sich, bevor der Bus ankommt und die Tür öffnet, fragen: Welche Personen werden wohl als erste den Bus besteigen? Oder Sie sitzen in einem Meeting. Dann können Sie sich fragen: Wann wird mein Kollege Mayer das Wort ergreifen und was wird er sagen? Wenn Sie sich solche Aufgaben regelmässig stellen, merken Sie nach einiger Zeit: Ihre Prognosen sind immer häufiger richtig.

Auf Körper-Signale hören

Wichtig für das Schulen Ihrer Intuition ist auch die Selbstreflexion. Fragen Sie sich zum Beispiel abends: Welche Entscheidungen traf ich heute weitgehend intuitiv? Sie werden merken: Es sind mehr als Sie vermuten. Fragen Sie sich dann, ob diese richtig oder falsch waren. Und überlegen Sie sich anschliessend, welches Gefühl Sie hatten, als Sie sich von Ihrer Intuition leiten liessen. Verspürten Sie ein Prickeln im Bauch als Aufforderung, etwas zu tun? Oder ein Gefühl der Verspannung im Nacken als Warnung, Ihrer Eingebung nicht zu folgen? Besonders gut können wir unsere Intuition in unserer Freizeit trainieren. Denn wer gestresst ist, arbeitet in der Regel Dinge nur noch mechanisch ab. Er ist nicht offen für Neues. Ebenso verhält es sich, wenn wir Angst haben. Dann verkrampfen wir und nehmen unsere Umwelt nur noch durch einen Filter wahr. Anders ist dies, wenn wir relaxt sind. Dann nehmen wir unsere Umwelt und unsere Empfindungen sensibler wahr. Deshalb sollten wir uns, wenn wir das Unterbewusstsein als Ideenquelle anzapfen möchten, zunächst in die richtige Stimmung versetzen. Zum Beispiel mit Entspannungsübungen oder -musik. Auch bei einem Waldspaziergang oder morgens in der Dusche fällt Menschen oft plötzlich die Lösung für ein Problem ein, über das sie schon wochenlang gegrübelt haben.

Das Problem als Musical betrachten

Wer entspannt ist, kann auch mal versuchen, sein Problem mit ganz anderen Augen als gewohnt zu sehen. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Ihr Problem sei eine Landschaft. Wie sähe diese aus? Dunkel und bedrohlich oder hell und sonnendurchflutet? Eher geordnet wie ein Park oder wie ein Urwald? Oder stellen Sie sich vor, die Herausforderung, vor der Sie stehen, sei ein Musical. Oder eine Maschine. Wenn Sie das tun, werden Sie feststellen: Sie gewinnen einen neuen Blick auf Ihr Problem und in Ihnen steigen ganz neue Gedanken und Ideen empor. Dabei sollten Sie jedoch stets bedenken: Nicht jeder Gedanke, der in uns aufkommt, ist eine «zündende Idee». Wer sich rein auf sein Bauchgefühl verlässt, war schon oft verlassen. Deshalb kann der Rat nur lauten: Hören Sie zwar auf Ihre innere Stimme und schulen Sie diese, damit Sie einen inneren Kompass für «richtig» und «falsch» haben. Vertrauen Sie Ihren Emotionen aber nicht blind. Denn gerade, wenn es um wegweisende Weichenstellungen in unserem Leben geht, ist oft auch unser Verstand gefragt.

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Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens Seminar Consult Prohaska in Wien, das unter anderem Trainer, Coaches und Konfliktberater ausbildet. 

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