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Ein Job macht Karriere

Chefentlasterin, Vorausdenkerin und Umsetzerin – so kann man Assistentinnen von heute auch nennen. Sie sind Allrounderinnen, müssen vieles können und noch mehr improvisieren. Aber eines entscheidet über den Erfolg: die richtige Persönlichkeit. 

Wer ein wenig in der Geschichte des Assistenzjobs herumstöbert, findet sowohl amüsante als auch weniger erheiternde Trouvaillen. Da ist von «Töchtern aus gutem Hause» und «Bürofräuleins» die Rede, von Frauen, die Männern zu einem «Spottgeld» die Arbeitsplätze wegnahmen, von Löhnen, die einem «Taschengeld» entsprachen und nicht dazu gedacht waren, dass jemand davon lebt: Vielmehr gingen jene «Töchter» nur arbeiten, um eine Beschäftigung zu haben, bis sie in den Stand der Ehe eintraten. Finanzielle Selbständigkeit? Fehlanzeige. Noch 1950 verdienten die Frauen im Büro 42 Prozent weniger als ihre männlichen Berufskollegen.

Die Gehaltsschere ist zwar auch heute noch immer ein Thema und bei Weitem nicht überwunden, doch der Beruf der Assistentin hat nichtsdestotrotz eine gewaltige Entwicklung durchlaufen. Mehrere Jahrzehnte lang war die Sekretärin vor allem mit Schreibarbeiten beschäftigt. Durch die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre sind diese jetzt aber deutlich schneller erledigt, einen Teil erledigt der Chef obendrein gleich selbst. So ist Zeit frei geworden und der Beruf konnte sich zu dem entwickeln, was er heute ist: Chefentlasterin, Vorausdenkerin und Umsetzerin. 

Können vor Wissen

Das spiegelt sich auch in der Ausbildung wider. Annette Köchli-Stoffel kennt den Assistenzberuf aus eigener Erfahrung. Von 1998 bis 2006 war sie selbst Direktionsassistentin. Heute leitet sie den Bildungsgang Direktionsassistentin mit eidg. Fachausweis an der WKS KV Bildung in Bern und ist Mitglied der Prüfungskommission. «Früher wurden in der Weiterbildung vor allem Fakten vermittelt. Heute setzen sich die Absolventinnen und Absolventen vermehrt mit der Wissensanwendung und mit Selbstmanagementthemen auseinander. Gerade der kons-truktive Umgang mit Konflikten und Stress hätte mir damals auch geholfen», sagt Köchli-Stoffel. 

Noch zu ihrer Zeit vor 15 Jahren hiess es:  Auswendiglernen vor vernetztem Denken. «Wir haben Informatiktheorie gepaukt bis zum Umfallen. Man ging davon aus, dass eine Assistentin viel technisches Hintergrundwissen benö-tigt. Das hat sich zum Glück geändert. Heute sind die Prüfungen open-book. Es geht nicht mehr darum, alles zu wissen, sondern das verfügbare Wissen für die entsprechende Arbeitssituation wirkungsvoll einzusetzen», erklärt Köchli-Stoffel. Das leuchtet ein: Auf dem Schreibtisch einer Assistentin landen oft Auf-gaben, die sie noch nie zuvor ausgeübt hat. Es geht vor allem darum, sich zu helfen zu wissen. Wie das geht, kann man nicht auswendig lernen. Das braucht Erfahrung, vor allem aber auch eine gewisse Persönlichkeit. 

Und die bringt man am besten von vornherein mit: «Viele, die diesen Job ausüben, müssen damit zufrieden sein, dass sie in der zweiten Reihe stehen und oft keine messbaren Resultate produzieren. Wer jedoch daraus Befriedung ziehen kann, Dienstleistungen zu erbringen, anderen die Steine aus dem Weg zu räumen und Entwicklungen zu antizipieren, ist an der richtigen Stelle.» 

Wer sich auf Dauer zur Assistenz berufen fühlt, dem rät Annette Köchli-Stoffel dazu, sich neben der eher generalistischen Funktion ein Steckenpferd zu suchen: Das könne zum Beispiel Projektmanagement, Kommunikation oder Eventmanagement sein. «Es gibt viele spannende Aufgaben, die gut zum Assistenzjob passen und diesen bereichern.» 

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