premium Porträt: Irene Rilko

Engagements mit Herz

Irene Rilko ist hauptberuflich Direktionsassistentin und Personalverant­wortliche am Institut für Implementation Science in Health Care (IfIS) der Universität Zürich. Nebenberuflich ist sie im Care Team und ehrenamtlich im Patientenbegleitdienst des Universitätsspitals Zürich tätig. Für ihre ­Engagements setzt sie sich mit Herzblut ein.

Treffpunkt Universitätsspital Zürich: So könnte ein Artikel über den akuten Fachkräftemangel im Spitalwesen beginnen. Doch darum geht es heute nicht. Vielmehr erzählen wir die Geschichte einer lebensbejahenden Frau, die sich nebst ihrem anspruchsvollen Beruf ehrenamtlich um das Wohl von Patientinnen und Patienten kümmert. Irene Rilko ist seit vier Jahren im Patientenbegleitdienst des Universitätsspital Zürich tätig. An einigen Sonntagen im Jahr begleitet sie pflegebedürftige Menschen in den Spitalgottesdienst. Sie holt diese in ihren Zimmern ab, bringt sie in die Spitalkapelle, bleibt während der Messe bei ihnen und führt sie im Anschluss wieder zurück auf ihre Zimmer. «Ich habe keine Berührungsängste und es erfüllt mich mit Freude, Menschen, denen es nicht gut geht, etwas Liebes zu tun.» So erklärt Rilko die Beweggründe für ihr Engagement.

Auf die sinnstiftende Aufgabe aufmerksam geworden ist sie über eine Ausschreibung im Intranet des Universitätsspitals. Damals war sie noch Direktions- ­­assistentin in der Klinik für Medizinische Onkologie und Hämatologie. Mittlerweile ist aus diesem ehrenamtlichen Einsatz der Wunsch entsprungen, sich zum Care Giver weiterzubilden. Eine anspruchsvolle Aufgabe, denn diese Personen sind dafür da, Angehörige in Krisensituationen zu unterstützen. «Ich leiste praktische Hilfe vor Ort, wie die Organisation eines Transportmittels oder das Aufbieten eines Bestatters. Ich spreche mit den Angehörigen, spende Trost und versuche, ihre Ressourcen zu aktivieren, damit sie in einer schwierigen Situation handlungsfähig bleiben können.» Einfach sei es nicht, mit diesen Schicksalsschlägen umzugehen. «Ich habe aber gelernt loszulassen.» Wenn sie von einem Care-Einsatz nach Hause kommt, trinkt sie einen Orangenblütentee und spült die Arme mit eiskaltem Wasser ab. Dieses Ritual helfe, um wieder zu sich zu finden.

Ansteckender Enthusiasmus

Irene Rilko ist ein Mensch, der gerne gibt. Auch in ihrem Hauptberuf als Direk­tionsassistentin und Personalverantwortliche am Institut für Implementation Science in Health Care der Universität Zürich sorgt sie sich um die Mitarbeitenden. Während des Fotoshootings auf dem Dach des Universitätsspitals Zürich zeigt sie auf ein Hochhaus, das sich nur einen Katzensprung entfernt befindet. Begeistert erzählt die Direktionsassistentin von der Geschichte dieses Gebäudes, das ursprünglich als Schwesternhaus diente. «Bald werden Institute und Kompetenzzentren aus dem Gesundheits- und Pflegebereich dort untergebracht.» Auch die Büroräumlichkeiten ihres Instituts werden dorthin verlagert. «Das ergibt nicht nur von den Fachgebieten und Abläufen her Sinn», meint Rilko. Sie ist überzeugt, dass durch die kurzen Wege wertvolle Kontakte geknüpft und mehr Synergien genutzt werden können. Ihr Enthusiasmus ist ansteckend. Aus diesem Grund hat sie während der Institutsversammlung die Belegschaft über den Umzug informiert. «Nicht alle kommen gut mit Veränderungen klar, deshalb ist es wichtig, alle im Team anzusprechen, sie zu informieren und aufzuzeigen, was sich verbessern wird», sagt die Personalverantwortliche.

Das IfIS befindet sich zwei Haltestellen vom Hauptgebäude der Universität Zürich entfernt. Als Irene Rilko im Herbst 2020 ihre Stelle antrat, war das Institut ein Start-up und sie die vierte ­Angestellte. Heute forschen fünf Professorinnen und Professoren und über 30 wissenschaftliche Mitarbeitende und Doktorierende, um die Gesundheitsversorgung in der Schweiz zu verbessern. «Bis medizinische Forschungsergebnisse flächendeckend angewendet werden können, vergehen im Schnitt zwischen 14 und 17 Jahre. Die Implementation Science beschleunigt die Entwicklung und Einführung wissenschaftlicher Ergebnisse, indem sie beispielsweise in Spitälern Prozesse neu definiert oder anpasst», fasst Rilko die Mission des Instituts zusammen. Geforscht wird interdisziplinär in den Wissensbereichen Infektiologie, Psychologie, Pflege- und Computerwissenschaften. Die Patientinnen und Patienten sowie deren Familien werden in die Prozesse miteinbezogen. «Unsere Forscherinnen und Forscher beschäftigen sich auch mit der Frage, wie Angehörige gestärkt werden können, damit Genesungsprozesse besser voranschreiten oder Trauer besser verarbeitet werden kann», erzählt sie.

Meine Wahl

Start-up oder Grosskonzern?
Ganz klar Start-up. Es ist grossartig, etwas von null aufzubauen, Strukturen zu schaffen und ein stimmiges Umfeld für die Mitarbeitenden zu generieren.
Film oder Buch?
Alles zu seiner Zeit.
Weiterbildung oder Learning on the Job?
Als Wissensjunkie bin ich für ­«learning in general».
Sport oder Couch?
Sport und danach Couch.
Spontan oder geplant?
Am liebsten plane ich alles. Jedoch kann ich auch in letzter Minute auf spontan und flexibel umstellen.
Einzelgängerin oder Teamplayer?
Ich bin eine soziale Einzelgängerin und brauche viel Zeit für mich alleine.

Eine Frau, drei Funktionen

Irene Rilko identifiziert sich mit ihren Aufgaben und ihrem Arbeitgeber. Sie erinnert sich an eine Zeit, als ihr der Schwung für die Arbeit fehlte. Es waren ihre erwachsenen Söhne, die sie beim Familien-Znacht herausforderten: «Mach etwas, beweg dich!», sagten sie. «Sie hielten mir den Spiegel vor, so wie ich es früher bei ihnen tat.» Das gab ihr den Ruck, sich mit 55 Jahren nach einer neuen Stelle umzusehen. Es war ihr Chef, Institutsdirektor Peter Brauchli, der sie damals rekrutierte. Von Anfang an sei der Draht gut gewesen. «Zwischen uns ist es wie bei einem Pingpong-Spiel. Wir hinterfragen uns gegenseitig kritisch und geben einander ehrliches Feedback. Das schätze ich sehr», meint Rilko.

Als Direktionsassistentin hält sie ihrem Vorgesetzten und dem Team den Rücken frei, damit diese sich auf ihre Forschungen konzentrieren können. Als Personalverantwortliche muss sie zudem manchmal Coach und Mediatorin sein und teilweise auch unangenehme Entscheide mitteilen. Und dann gibt es auch noch eine dritte Rolle, die sie verkörpert: Für die jungen Doktorierenden ist sie auch das Gotti, das ein offenes Ohr für deren Anliegen hat und Ratschläge gibt. «Meine Arbeit macht mir einfach Freude», sagt die 58-Jährige. Sie bekomme so viele positive und motivierende Rückmeldungen wie nie zuvor in ihrem Arbeitsleben. Das gebe ihr die Energie, um sich in ihrem Job zu engagieren.

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Irene Rilko, Direktionsassistentin und Personalverant­wortliche am Institut für Implementation Science in Health Care (IfIS) der Universität Zürich, ehrenamtlich im Patientenbegleitdienst des Universitätsspitals Zürich

Der Enthusiasmus der Direktionsassistentin ist ansteckend. (Foto: Raja Läubli)

«Meine Söhne hatten recht, als sie mir damals ins Gewissen redeten», sagt die stolze Mutter und merkt einmal mehr, wie das passende Umfeld sich auf die Arbeitsmotivation überträgt. Ihr Engagement für die Care-Arbeit schärfte zudem ihre Sinne für Menschen in besonders schwierigen Situationen. «Als Personalverantwortliche besitze ich Mitgefühl für die Mitarbeitenden. Als Care Giver öffne ich mein Herz ausserhalb von geschäftlichen Konventionen und ohne Agenda», sagt Irene Rilko. Der Einsatz ist für sie mehr als nur ein Dienst an der Gesellschaft. «Diese sinnvollen Aufgaben machen mich glücklich und meine Zeit ist wertvoll investiert.»

Irene Rilko

Irene Rilko wuchs in den Zürcher Stadtquartieren Seebach und Affoltern auf und absolvierte eine Grundausbildung zur Detailhandelsfachfrau Bijouterie. Nach der Geburt ­ihrer beiden Söhne widmete sie sich mehrere Jahre der Familie und legte eine Berufspause ein. Für den Job ihres Ex-Mannes zog die ­Familie zuerst für ein Jahr nach New York City, später dann fünf Jahre auf die Kanalinsel Jersey, wo Irene Rilko das Certificate of Proficiency mit Grade A abschloss. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz arbeitete Irene Rilko erst in Anwaltskanzleien in Luzern und Zug und leitete später eine Ballettschule in ­Luzern. Während dieser Zeit absolvierte sie die Berufsprüfung zur Direktionsassistentin.

Seit 2017 lebt sie wieder in der Stadt Zürich und arbeitet als Direktionsassistentin zuerst im Universitätsspital und dann für die Universität Zürich. Ab Herbst 2023 ist sie zudem Prüfungsexpertin für Direktionsassistentinnen und -assistenten beim KV Schweiz. Die 58-Jährige arbeitet nebenberuflich als Care Giver und ehrenamtlich im Patientenbegleitdienst des Universitätsspitals Zürich.

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