Knigge bei Geschäftsessen

Es muss nicht immer Kaviar sein

Geschäftsessen sind für viele Unternehmen ein strategisch wichtiges Instrument. Gut, wenn sich die Repräsentanten der Firma dort zu benehmen wissen. Doch bereits bei der Auswahl des Restaurants und der Speisen lauern erste Fallstricke.

Gefragt ist das etwas bessere Restaurant, das aber nicht zu ambitioniert ist, denn ein Geschäftsessen ist in erster Linie dazu da sich mit dem Geschäftspartner gut zu unterhalten. Eine zu «abgehobene» Atmosphäre, die interessanter ist als die Gesprächsthemen, ist oft kontraproduktiv. Kurz gesagt: Ein gutes Gasthaus mit gehobener Küche ist oftmals besser geeignet, als das drei Sterne Feinschmecker-Restaurant. Der Ratschlag der Expertin lautet daher: «Verwöhnen Sie einen Gast ruhig, aber protzen Sie dabei nicht. Und erschlagen Sie ihn nicht mit einer Lokalität, in der er Gefahr läuft, sich überfordert zu fühlen.» Doch Achtung! Es gibt Lokale, die zwar ein angenehmes Ambiente bieten und deren Küche ausgezeichnet ist, die aber wegen ihrer räumlichen Aufteilung für ein geschäftliches Essen wiederum nicht infrage kommen. Personen am Nachbartisch sollten Ihre Tischgespräche nicht aufschnappen können. Wählen Sie für Geschäftsessen also ein Restaurant, dessen Tische weit genug auseinander stehen oder das einen Tisch anbietet, der sich etwas abseits der anderen befindet. In erster Linie kommt es jedoch darauf an, dass man sich in dem ausgewählten Restaurant wohlfühlt. 


«Es gibt niemanden, der nicht isst und trinkt, aber nur wenige, die den Geschmack zu schätzen wissen.»
Konfuzius
 

Kommt der Gast von ausserhalb, ist es in der Regel eine gute Idee, etwas Regionaltypisches zu essen. Bei Gästen aus dem Ausland sollten jedoch religiöse und kulturelle Gepflogenheiten berücksichtig werden. Elisabeth Bonneau weiss: «Gäste passen sich den im Gastland üblichen Sitten an. Sie können also erwarten, dass in Europa ein Inder oder Pakistaner mit Besteck und nicht mit den Fingern isst. Sie können aber nicht erwarten, dass ein streng gläubiger Moslem oder Jude hier Schweinefleisch isst. Genauso wenig sollte man als Besucher in Saudi-Arabien Wein zum Essen verlangen.» Andere Länder, andere Sitten: Wer sich keine Gedanken über Kultur oder Traditionen macht, kann beim Geschäftsessen schnell ins Fettnäpfchen treten und einen negativen Eindruck auf den möglichen Geschäftspartner machen. Ziehen Sie vorab also Erkundigungen ein. 

Wer die Wahl hat, hat die Qual…


Geht es an die Auswahl des Essens, bestellt jeder Gast für sich. Hierzu meint die Expertin: «Bestellen Sie nichts, was Sie nicht problemlos meistern können! Schwierigkeiten bergen Kurstentiere, Tagliatelle, Spaghetti und sogar Nüsslisalat. Und lassen Sie sich vom Gastgeber Empfehlungen geben.» So erfährt man das ungefähre Preisniveau und den Umfang des Essens. Um Verzögerungen zu vermeiden, sollten alle Gäste gleich viele Gänge bestellen. Wer nicht so viel Hunger hat muss nicht jeden Teller leer essen. Es ist keine Schande, einen Rest auf dem Teller liegen zu lassen. «Wenn der Gastgeber ein Mehrgänge Menü bestellt muss der Gast es ihm gleichtun, damit er nicht wie ein Mahnmal am Tisch sitzt und zusieht, während andere essen. Wenn Sie bei einem vorbestellten Essen entdecken, dass Sie einen Gang nicht essen dürfen, bitten Sie diskret um eine Alternative. Erst auf das Dessert darf verzichtet werden. In dieser Zeit kann das gegenüber einen Kaffee trinken», mahnt Elisabeth Bonneau weiter. 

Kein Kummer mit Hummer

Als schwieriges Essen gelten gemeinhin Fisch, Geflügel und Meeresfrüchte.  Zudem sollte man, um einen grösseren Fauxpass zu umschiffen, «alles was spritzt und man nicht kennt» vermeiden. Wenn jeder sein Essen selbst bestellt, ist dies leicht zu umgehen. Was aber, wenn am Tisch alle das Gleiche bekommen, da der Gastgeber ein Menü vorbestellt hat? Dann ist es durchaus legitim die Bedienung zu bitten, den Fisch zu filetieren oder die Hummerscheren zu knacken. Wird der Fisch im Ganzen serviert, werden zuerst die Flossen entfernt, dann mit dem Fischmesser von Kopf bis Schwanz die Filets geteilt, der Fisch aufgeklappt und die Gräten in einem gelöst. Diese kommen auf einen Extrateller. Sollten man eine Gräte übersehen und diese im Mund landen, so gilt die Regel: «raus wie rein». Da sie mit der Gabel in den Mund gelangt ist, wird sie auch auf diesem Weg diskret wieder entnommen und am Tellerrand platziert. 

Schneiden oder brechen?

Dass Hummer ein Klassiker beim Geschäftsessen sei, ist ein Märchen. Gefahren lauern bei ganz anderen Gerichten. Selbst beim Essen von Kartoffeln kann man etwas falsch machen. «Traditionell geschulte Esser brechen die Kartoffeln mit der Gabel auseinander. Pragmatische schneiden sie, können dann aber damit nicht die Sauce aufnehmen. Nicht gern gesehen ist das «Zermantschen» der gesamten Kartoffel – wie überhaupt jegliches Zusammenrühren von Speisen zu einem Brei», erklärt die Expertin und meint weiter: «Es gibt heutzutage jedoch keinen Grund, etwas nicht zu schneiden. Verboten war sowieso nie etwas. Elegant ist es jedoch, Kartoffeln, Knödel, Nudeln, Eierspeisen und Gemüse nicht zu schneiden. Am elegantesten ist es, das Messer überhaupt so wenig wie möglich zu benutzen. Das ist auf der ganzen Welt so.» Auch zu grosse Salatblätter darf man schneiden oder man lässt sie einfach liegen. Entgegen vielverbreiteter Meinung sollte man sie nicht falten, da dies unter Umständen zu unerwünschtem Spritzen führt.

Vor dem Essen wird häufig Brot als Beilage zur Vorspeise gereicht. Dazu stehen ein kleiner Teller und ein kleines Messer auf dem Tisch bereit. Das sogenannte Couvert-Brot wird in mundgerechte Happen gebrochen und jedes Stück wird einzeln mit Butter bestrichen. Achtung: Niemals die ganze Scheibe bestreichen und wie eine «Stulle» verzehren. 

Fingerfood & Co


«Alles was fliegen kann, darf mit den Fingern gegessen werden», so der Volksmund. Das ist falsch warnt der grosse Knigge! Geflügel wie Hähnchen, Gans oder Ente isst man bei Geschäftsessen mit Messer und Gabel, dabei empfiehlt es sich, zuerst die Extremitäten und dann den Körper zu verzehren. Einzige Ausnahme: «Wird ein trockener Hähnchenschenkel (ohne Sosse) mit einem Wasserschälchen zum Reinigen der Finger gereicht, darf er mit den Fingern gegessen werden.»  Und auch andere Gerichte wie Artischocken, kleine Krustentiere und Muscheln dürfen mit Fingern gegessen werden. «Wichtig, die Finger nach dem Essen mit Zitronenwasser oder –tüchlein gründlich reinigen», so Elisabeth Bonneau. Auch Muscheln werden nicht mit Besteck gegessen, vielmehr «benutzt man eine leere Muschel als Zange, um das Muskelfleisch aus der anderen Muschel zu ziehen.» Experten raten jedoch stets Gerichte zu bevorzugen, die sich so diskret wie möglich essen lassen. Spareribs & Co sollte man besser auf das nächste Familienessen verschieben.

Suppe und Teigwaren als Stolperstein


Auch Jochen Mai, Autor der «Karrierebibel», weiss, dass es wichtige Grundregeln zu beachten gibt, will man sich beim Auslöffeln der Suppe nicht zum Kasper machen: «Nicht pusten, nicht schlürfen und den Löffel nur mit der Spitze zum Mund führen.» Cremesuppen sowie Suppen mit Einlagen werden stets gelöffelt, klare Brühen ohne Einlagen dürfen auch getrunken werden. Allerdings nur, wie Elisabeth Bonneau erklärt, wenn die Suppe in einer Tasse und nicht in einem Teller serviert wird. «Dazu nehmen Sie die Tasse mit der linken Hand am linken Henkel hoch. Kommen Sie jedoch nicht auf die Idee Brot in Suppe zu tunken oder Suppenteller anzukippen, um besser an den Rest der Suppe zu gelangen.» Schaffen Sie es nicht, die Suppe ganz auszulöffeln, dann lassen Sie einen kleinen Rest übrig. 

Auch Teigwaren beinhalten so manche Tücke. So kommen Spaghetti niemals mit dem Messer in Berührung - auch wenn es deutlich einfacher wäre. Gerollt statt geschnitten lautet die oberste Pasta-Devise. Nach Meinung der Stil-Expertin werden Spaghetti nur mit der Gabel gegessen. Zwar benutzen in der Schweiz und in Deutschland viele Menschen einen Löffel als Hilfsmittel, korrekt ist es jedoch die Spaghetti an der Kante des Tellers nur mit der Gabel aufzurollen. Die anschliessend noch herunterhängenden Fäden dürfen nicht abgebissen oder «eingesogen» werden. Keine leichte Übung, daher sollte beim Geschäftsessen lieber Risotto statt Spaghetti bestellt werden.

«Schlürfen erlaubt!» heisst es hingegen bei Austern. «Aber bitte lautlos!», wie die Expertin betont! Mit einer speziellen Austerngabel wird das Fleisch vorsichtig von der Schale gelöst und nach Belieben mit Zitrone, Pfeffer oder Salz gewürzt. Dann die Austernschale an den Mund setzen - und schlürfen. Mitsamt dem Meerwasser. Ob man die Auster im Ganzen schluckt oder kaut, ist reine Geschmackssache.

Der Preis ist heiss

Viele Gäste sind sich oft unsicher, was sie bestellen dürfen. Dabei kommt es darauf an, wer die Rechnung bezahlt. Wählen Sie niemals das teuerste Gericht, wenn Sie nicht für die Rechnung aufkommen! Orientieren Sie sich am Gastgeber und bestellen gegebenenfalls das gleiche Gericht. Gastgeber sollten Empfehlungen aussprechen. So geben Sie einen Preisrahmen vor, ohne ihn konkret aussprechen zu müssen. Darüber hinaus zeigt es den Gästen, dass man die Speisen des Restaurants kennt. Der Gast muss sich natürlich nicht daran halten. Wenn man etwas anderes möchte, sucht man sich in dem entsprechenden Preisniveau ein Gericht aus. Für Gastgeber ist es jedoch wichtig folgendes zu beachten: «Wenn Sie ein Menü vorbestellen, müssen Sie sich vorab über Unverträglichkeiten, Allergien und Vorlieben Ihrer Gäste erkundigen. Bei à la carte Essen ist dies nicht notwendig». 

In diesem Sinne wünschen wir einen «Guten Appetit», wobei man auf diese Floskel beim Geschäftsessen auch verzichten sollte, Dieser Wunsch wird heutzutage als unhöflich angesehen. Es reicht ein freundliches Nicken oder Lächeln vom Gastgeber, um den Gästen zu signalisieren, dass mit dem Essen begonnen werden darf. 



 

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