Gestaltung von Korrespondenz

Farbdifferenzen zwischen Screen und Papier

Nicht selten sehen farbige Ausdrucke aus dem hauseigenen Laserdrucker anders aus als auf dem Bildschirm. Wenn Chefköpfe allzu rot oder das hellgrüne Logo grasgrün gedruckt wird, ist die ­Stimmung schnell im Keller. Es werden schnelle und plausible Erklärungen fällig. 

Farben werden auf dem Bildschirm mit den drei Grundfarben Rot, Blau und Grün dargestellt. Alle drei Grundfarben ergeben in der Mischung «Weiss». Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Bildschirm ein leeres Dokument zeigt. Je mehr Licht auf den Bildschirm trifft, desto heller wird es. Die Wiedergabe von Farben auf dem Screen erfolgt mit sogenannten Masken, die erst in der starken Vergrösserung sichtbar werden. Mit der Lupe erkennt man rote, grüne und blaue Streifen oder Punkte. Mit allen drei Grundfarben können je 256 Farbstufen, zusammen theoretisch 16,7 Mil­lionen Farben digital adressiert werden.
 
 
Die heute verfügbare Rechenleistung für die Bilddarstellung ist schon erstaunlich: Ein Handybild mit acht Megapixeln verfügt über acht Millionen Bildpunkte (Pixel). Jeder einzelne Pixel wird mit einer von insgesamt 16,7 Millionen digitalen Farbadressen versehen. Der Chip im Handy hat acht Millionen mal 16,7 Millionen Rechenoperationen auszuführen, um das Bild auf dem Screen darzustellen. Macht 128 Billionen! Wie leicht und schnell doch Selfies gemacht und versendet werden. Die digitale Adressierung geschieht durch Bits und Bytes sehr präzise. Wie viel das Auge des Betrachters von der Datenmenge dann auch unterscheiden kann, ist eine ganz andere Frage – mit Sicherheit sind es weit weniger als 16,7 Millionen. 
 
Im Druck verhält es sich etwas bescheidener. Die Abstufung der Farbtöne wird in Prozenten ausgedrückt. 0 % heisst nichts, 100 % heisst volle Farbdeckung. Wenn wir von 1%-Schritten ausgehen, die vom Auge kaum unterscheidbar sind, erhalten wir in jeder Farbe Cyan, Magenta und Gelb 100 Abstufungen. Nach diesem Modell sind etwa eine Million Farben darstellbar. Auch hier liegt die Unterscheidbarkeit von Farben im Auge des Betrachters. Die drei Grundfarben Cyan, Magenta und Gelb sorgen für den Farbeindruck, Schwarz wird zusätzlich eingebracht, damit satte Tiefen dargestellt werden können. Deshalb wird die Farbe Schwarz im Farbmodell CMYK als K (für Key) bezeichnet. Das Druckbild wird in Form von kleinsten Rasterpunkten, die  neben- und übereinanderliegen, aufgebaut. Je mehr Farbpunkte auf dem Papier liegen, desto dunkler wird die Farbe. 
 
Wie weiss nun der PC, welche Farben aufs Papier gebracht werden müssen, damit Bilder oder Logos in beiden Medien gleich aussehen? Die Aufgabe besteht darin, die Farben des grösseren RGB-Farbraumes in den kleineren Farbraum CMYK umzurechnen, sodass möglichst wenig sichtbare Verluste entstehen. Diese Umrechnung ist ohne geringe Farb­fehler nicht zu haben. Wie im Fernsehfachmarkt zu beobachten ist, gibt’s unterschiedliche Farben auf den Bildschirmen – Gleiches ist auch von Druckern zu berichten. Unterschiedliche Papiere, von glänzend bis matt, von hochweiss bis zu zeitungsweiss, von rau bis glatt, beeinflussen das Druckergebnis. Auch die Herkunft der Farbdaten ist wichtig: Schrift, Logos, Grafiken, Charts und Fotos können sehr unterschiedlich entstanden sein, sie alle be­sitzen eine Farbcharakteristik, die als Farb­profil in der Datei enthalten ist. Ein JPEG-Foto kann sowohl in eine Worddatei als auch in ein Fotobuch, in eine InDesign-Datei oder in eine Powerpoint-Präsentation eingebunden werden. Man bräuchte also für jedes Medium auf der Eingabeseite (Foto, Grafik oder Logo), bei der Transformation in eine Software und auf der Aus­gabeseite (Screen oder Print) eine eigene Umrechnungstabelle. Zudem enthalten viele Dokumente Daten, von denen man nicht weiss, wie sie entstanden sind. Ein Foto aus Japan sieht in einer «amerikanischen Powerpoint-Präsentation» auf einem «europäischen Beamer» anders aus, als wenn alles in Japan aufbereitet worden wäre. Aus naheliegenden Gründen ist eine konsistente Farbführung IT-technisch nicht machbar, und so beschränkt man sich auf gewisse Standards, die geringfügige Farbverfremdungen in Kauf nehmen. Dort, wo immer gleiche Prozesse zur Anwendung gelangen, zum Beispiel in der Hausdruckerei oder in einer Offsetdruckerei, wird mit exakten Farbprofilen (= Farbumrechnungs­tabellen) gearbeitet, dort ist Farbstabilität gewährleistet. In den anderen Fällen, wenn in der Office-Umgebung inhouse oder auf mehreren Druckern gedruckt wird, sind gegebenenfalls Farbdifferenzen hinzunehmen. Bei farb­sensiblen Druckaufträgen nehme man sich Zeit, um Probedrucke mit Originalpapier in der richtigen Produktionsumgebung zu bestellen. Farbsensibel sind Abbildungen mit Personen, Hauttönen, Gesichtern, Kleidungsstücken, Logos, Nahrungsmitteln und anderem. Nicht umsonst werden Druckdaten, die imagebildend sind, in professionelle Hände gegeben. Mit ein bisschen Umsicht und der richtigen Planung können rote Köpfe vermieden werden. 
 
 
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Ralf Turtschi ist gelernter Schriftsetzer, dipl. PR-Berater, Publizist und Fachbuchautor. Es ist als Inhaber der Agenturtschi, visuelle Kommunikation, freiberuflich tätig.
 
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