Gestaltung von Korrespondenz

Formvollendet auf Papier

In Zeiten von SMS und Mail haftet dem persönlich unterzeichneten Brief der Makel der Langsamkeit an. Bei genauerem Hinschauen ist der Brief jedoch ein Zeichen der Wertschätzung. Eine entsprechend sorgfältige Gestaltung ist keine Nebensache, sondern Pflicht. 

Briefe, Bestätigungen, Rechnungen, Lieferscheine, Einladungen – für all diese Korres-pondenz existiert oft eine vorgefertige Maske (Template), in die man Text einfüllt. Die Korres-pondenz soll wie aus einem Guss aussehen und sogleich auf den Absender hinweisen. Gleichheit ist jedoch keine Garantie für gutes Aussehen – man kann durchaus gleich schlecht aussehen. Auf vorgefertigte Templates hat man wenig Einfluss. Wer als Assis-tentin jedoch das Glück hat, über die Gestaltungshoheit zu verfügen, kann durch ein paar Kniffe die Korrespondenz so gestalten, dass sie auch optisch mit dem Inhalt mithalten kann. Die Positionierung, Grösse sowie Farbe des Logos und der Schrift für die Absenderangaben geben schon einiges vor. Wenn diese Dinge nicht im Lot sind, nützt auch die schönste Briefgestaltung nicht viel.

Deswegen zuerst zu den grossen Linien der Briefgestaltung. Die Stellung des Kuvertfensters erzwingt eine Tabuzone, in der kein Text stehen darf, soll er nicht im Kuvertfenster sichtbar sein. Wer im Kuvertfenster den Betreff «Letzte Mahnung» sieht, wird dabei nicht gerade besänftigt. Ort und Datum gehen keinen Unbefugten etwas an. Diese Tabuzone (siehe PDF) ist grösser als das eigentliche Fenster, weil sich der Brief innerhalb des etwas grösseren Kuverts verschieben kann. 

Kuvertfenster links oder rechts?

Früher stand das Fenster streng rechts, heute ist die Praxis liberaler. Die Briefgestaltung wirkt moderner und «gradliniger», wenn das Fenster auf der linken Seite steht. Im Briefkopf haben Logo und Absenderangaben einen direkten optischen Einfluss auf die Formatierung des Inhalts. Das heisst, man darf das eine nicht losgelöst vom anderen betrachten. Einen Briefkopf ohne geschriebenen Brief zu beurteilen, ist genau so hilflos, wie einen Brief zu beurteilen, der auf weissem Papier ohne Logo und Absender ausgedruckt ist. 

Welche Schrift?

Die heute von Microsoft portierten Schriften, die ich favorisiere, heissen Segoe UI, Calibri, Corbel oder Candara. Die Segoe UI ist die Nachfolgeschrift der etwas in die Jahre gekommenen Arial, die nicht mehr aktualisiert wird und die für neue Bildschirmtechnologien ungeeignet ist. Die Segoe ist zugleich die Hausschrift von Microsoft und die Schrift, auf der die Menüführung der Officeprogramme in Windows 7 oder 8 basiert. Bei der Segoe gibt’s auch die Segoe Script und die Segoe Print, beide gehören zu den Zierschriften mit einem handschriftlichen Charakter. Sie eignen sich für Einladungskarten oder andere Anlässe mit Casual-Charakter. Bei all diesen Schriften besteht eine grosse Sicherheit, dass Dokumente auf Rechner A und B gleich aussehen, weil sie mit Windows 7 oder 8 auf jedem Rechner vorhanden sind. In die gleiche Kategorie gehören Schriften, die Füsschen (Serifen) aufweisen: Calisto, Cambria, Constatia. Und schliesslich ist da noch die Consolas, eine Monospaced-Schrift, bei der jeder Buchstabe gleich breit ist, wie man es von der Courier her kennt. 

Bei der Schriftwahl ist vielleicht die Zahlendarstellung für Rechnungen und tabellarische Auflistungen wichtig. Bei der Segoe sind die Zahlen bei der Regular und der Bold nicht gleich breit, dies führt dazu, dass die Zahlen bei einer Rechnung nicht untereinander stehen. Bei der Calibri sind die Zahlen in Regular und Bold gleich breit.

Blocksatz oder Flattersatz?

Texte können grundsätzlich im Block- oder im Flattersatz dargestellt werden. Bei ersterem haben alle Zeilen die gleiche Breite, man sieht das vor allem in Büchern oder Magazinen. Beim Flattersatz sind die Zeilen hingegen ungleichmässig lang. 

Für den Blocksatz gibt es viele Nachteile und keinen einzigen Vorteil gegenüber dem linksbündigen Flattersatz. Bei beiden Satzarten ist das eingeschaltete Trennprogramm Bedingung. Beim Blocksatz sehen weisse Löcher bei übergrossen Wortzwischenräumen wegen fehlender Trennungen unprofessionell aus. Bei Flattersatz kommt das nicht vor. Blocksatz wirkt steif und «überformatiert», derart wird man von AGB, Kleingedrucktem oder von etwas «Juristischem» angesprochen. Flattersatz wirkt dagegen lebendig und dynamisch. 

Die Ränder

Ränder sind wichtige Elemente bei der Gestaltung von Briefen. Der Rand links beträgt 25 bis 40 mm, im Normalfall sind es 30 mm. Bei 25  mm hat es mehr Platz für die Adressangaben im Kuvertfenster als bei einem Rand von 40  mm. Oben ist der Rand durch den Briefkopf und das Fensterkuvert vorgegeben: 90 mm von oben ist die Tabuzone gross. Rechts ist der Rand am wenigsten von etwas abhängig. Hier gilt die Ökonomie: Je mehr Text, desto breiter soll er gehalten werden. Ein kurzer Brief mit wenig Zeilen sieht bei kurzen Zeilen, das heisst einem grösseren Rand rechts, besser aus. Unten sollte der Rand nicht zu knapp bemessen sein. Die Regel: unten mindestens so viel Raum wie links, eher etwas mehr.

Zeilenabstand

Der Zeilenabstand «Einfach» beträgt 120 Prozent der Schriftgrösse. Wer eine 10-Punkt-Grösse einsetzt, erhält einen Zeilenabstand von 12 Punkt. Der Zeilenabstand ist relativ zur Satzbreite festzulegen. Bei einem Normalbrief mit je 30 mm Rand links und rechts ist die Satzbreite 150 mm. Bei solchen Breiten empfehle ich, den Zeilenabstand in Word von «Einfach» auf «1,5 Zeilen» zu vergrössern. Wer «Genau» einstellt, kann daneben die Punktgrösse direkt angeben. Bei der Schriftgrösse 10 Punkt empfehle ich einen Zeilenabstand von 15 bis 17 Punkt. Ein grosser Zeilenabstand wirkt grosszügig und edel, ein zu klein bemessener wirkt kleinkrämerisch. Deshalb: den Zeilenabstand eher vergrössern, auf keinen Fall verkleinern.

Schriftgrösse

Die normale Lesegrösse bei Büchern, Magazinen und Zeitungen beträgt 8 bis 9 Punkt. In der Korrespondenz kann man etwas grösser gehen: 9 bis 10 Punkt. Die Schriftgrösse ist nicht genormt, das heisst, Arial, Segoe oder Calibri sind in der gleichen Schriftgrösse nicht gleich gross. Entscheidend für die Leserlichkeit ist neben der Grösse auch die Strichstärke einer Schrift sowie der Abstand zwischen den Zeichen – die Laufweite – und die Farbe. Die Schrift sollte immer Schwarz angelegt werden, Schwarz ist am besten lesbar. 

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Ralf Turtschi ist gelernter Schriftsetzer, dipl. PR-Berater, Publizist und Fachbuchautor. Es ist als Inhaber der Agenturtschi, visuelle Kommunikation, freiberuflich tätig.
 
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