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Kündigungsschutz älterer Mitarbeitender

Ältere Mitarbeitende sind im Arbeitsrecht kaum geschützt. Zwar darf keine ­Kündigung aus unzulässigen Gründen wie etwa dem Alter ausgesprochen werden, aber die Realität sieht oft anders aus.

In Schweizer Unternehmen besteht eine Kündigungsfreiheit. Das heisst: Grundsätzlich kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis von jeder Partei – Arbeitgebende oder Arbeitnehmende – gekündigt werden, ohne dass besondere Gründe vorliegen müssen (Art. 335 Abs. 1 OR). Dennoch kann es vorkommen, dass eine Kündigung aus unzulässigen Gründen ausgesprochen wird und somit missbräuchlich ist. Das können, wie in Art. 336 OR beschrieben, mitunter folgende Gründe sein:

  • Persönliche Eigenschaft der von der Kündigung betroffenen Partei, ohne Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und ohne bedeutende Beeinträchtigung des Arbeitsklimas, beispielsweise aufgrund des Alters oder von Krankheit – aber auch des Geschlechts.
  • Wenn die von der Kündigung betroffene Partei Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend machen möchte. Beispielsweise wäre eine Kündigung missbräuchlich, wenn der Arbeitgebende verhindern will, dass gewisse Leistungen erbracht werden müssen – wie beispielsweise Bonuszahlungen, auf die der Arbeitnehmende aufgrund des Dienstalters Anspruch hätte.

Daraus ergibt sich für das Arbeitsverhältnis: Das Alter oder die Dienstzugehörigkeit von Arbeitnehmenden darf nicht zu deren Nachteil werden.

Dennoch: In den letzten Jahren erachteten das Bundesgericht sowie vermehrt kantonale Gerichte Kündigungen von älteren Arbeitnehmenden mit langer Dienstzeit als missbräuchlich. Dabei geht es um ältere Arbeitnehmende mit langer Dienstzeit, wobei das Bundesgericht bis heute offenliess, wann ein Arbeitnehmender als älter (ab ca. 58 bis 60 Jahren) und wann eine ­Dienstzeit als lang betrachtet werden darf (ab 12 bis 15 Dienstjahren).

Lösungssuche notwendig

In einem Entscheid aus dem Jahr 2014 hielt das Bundesgericht fest, dass für die Pflichten des Arbeitgebenden im Zusammenhang mit einer Kündigung das fortgeschrittene Alter eines Arbeitnehmenden mit langer Dienstzeit eine massgebliche Rolle spiele. Für diese Arbeitnehmerkategorie gelte eine erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden.

Daraus sei zu schliessen, dass bei älteren Arbeitnehmenden der Art und Weise der Kündigung besondere Beachtung zu schenken sei. Diese hätten namentlich Anspruch darauf, rechtzeitig über die beabsichtigte Kündigung informiert und angehört zu werden. Zudem sei der Arbeitgebende verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, die eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen. Ein absoluter Kündigungsschutz für diese Kategorie von Arbeitnehmenden indes besteht nicht.

Höchstrichterlich sei dann auch schon eingeräumt worden, dass sich eine Kündigung unter Umständen, selbst kurz vor der Pensionierung, als unumgänglich erweisen könne. In diesem Fall würde aber ein in erhöhtem Masse schonendes Vorgehen verlangt.

Einzelfallbetrachtung notwendig

In neuster Zeit hielt das Bundesgericht jedoch vermehrt fest, man könne nicht ­allgemeine Regeln aufstellen und es sei im Einzelfall zu prüfen, ob die zusätzlichen Pflichten tatsächlich zur Anwendung gelangten. Hier zwei exemplarische Beispiele:

Das Bundesgericht hielt bei der Kündigung eines Geschäftsführers fest, dass sich bei einem Vorsitzenden der Geschäftsleitung eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen in einer anderen Form, zum Beispiel in einer Unterabteilung, eher schwierig gestalten dürfte. Bei einem Geschäftsführer, der erhebliche Entscheidungskompetenzen und grosse Verantwortung habe, sei das Inte­resse der Arbeitgeberin an der Kündigungsfreiheit entsprechend hoch zu gewichten. Bei der Abwägung sei sodann (zumindest ergänzend) auch der relativ hohe Lohn des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Aus diesem Grund sei nicht von einer missbräuchlichen Alterskündigung auszugehen.

Bei einem anderen Fall hielt das Bundes­gericht fest, dass wenn eine Arbeitnehmerin zum Kündigungszeitpunkt zwar nur noch zehn Monate vom gesetzlichen Rentenalter entfernt gewesen sei, es für die beklagte Arbeitgeberin nicht missbräuchlich gewesen sei, sie zu entlassen, wenn diese insbesondere nicht gewusst habe, wann die Arbeitnehmerin nach mehr als sechs Monaten krankheitsbedingter Abwesenheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnte.

Schutz älterer Arbeitsloser

Seit dem 1. Juli 2021 erhalten sodann Personen, die nach dem 60. Altersjahr von der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert werden, bis zum Bezug einer Altersrente Überbrückungsleistungen (ÜL), wenn sie vorher genügend lang in der Schweiz erwerbstätig waren und nur wenig Vermögen besitzen. Das neue Gesetz (Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose – ÜLG) wurde am 19. Juni 2020 vom Parlament verabschiedet.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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