Porträt

Mehr als ein Spiel

Wenn Nadine Koller sagt, dass sie im Grand Casino Luzern arbeitet, startet beim Gegenüber das Kopfkino. Doch ihr Alltag ist viel mehr von Reglementen, Sitzungen und Projekten geprägt als von Glamour, Partys und reichen Menschen. Als Angestellte im Haus darf sie auch nicht selbst spielen – obwohl sie durchaus eine Spielernatur ist. 

Er hat lange Arme, einen grünen Kopf und läuft Spielern im Grand Casino Luzern aus einem Bildschirm entgegen: Zombie, die Hauptfigur eines der neusten Spielautomaten. Wer sich im Spielbereich mit den blinkenden, leuchtenden und klingelnden Kästen auf den rennfahrermäs­sigen Stuhl setzt, wird nicht nur von Lichtchen und lustigen Tönen angezogen, sondern nach wenigen Sekunden von Zombie selbst zum Spiel aufgefordert. «Die neusten Automaten haben oft eine 3D-Animation, die ohne 3D-Brille erkennbar ist», erklärt Nadine Koller, die durch das Casino führt. Nicht vergleichbar mit den klassischen einarmigen Banditen und ihrer flachen Kirschen-, Pflaumen- und Dollarzeichen-Grafik: Moderne Spielautomaten sind wuchtige Computer und tragen Namen wie King of Macedonia oder Aladin’s Fortune. Und sie haben Fans: Um zehn Uhr morgens sitzen bereits Gäste vor den flimmernden Kästen.
 
«Im Rahmen eines Pilotprojekts haben wir seit März 2017 bereits um neun Uhr morgens geöffnet, durchgehend bis um vier Uhr in der Früh, am Wochenende bis um fünf Uhr, 365 Tage im Jahr», sagt Nadine Koller. Sie ist die Assistentin des CEO sowie des Verwaltungsrats vom Grand Casino Luzern und gleichzeitig Beauftragte für das Qualitätsmanagement. «Vorher machten wir die Türen erst um zwölf Uhr auf. Aber die neuen Öffnungszeiten wurden gut aufgenommen.»
 

Zur Person

Nadine Koller kommt aus der Nähe von Tübingen in Baden-Württemberg und lebt seit 2010 mit ihrem Mann in Hergiswil NW. Sie hat BWL studiert und war 14 Jahre lang bei einem internationalen Automobil-Zulieferer tätig, wo sie durch eine neugeschaffene Stelle in die Assistenz rutschte. Die Drehscheiben-Funktion und die Vielseitigkeit des Jobs haben sie von Anfang an begeistert. Bevor sie 2012 ins Casino Luzern wechselte, wo sie als Assistentin des CEO und Verwaltungsrates das Sekretariatsteam leitet und zusätzlich Qualitätsmanagement-Beauftragte ist, war sie bei V-Zug tätig. Die 40-Jährige schätzt an ihrem Chef besonders, dass er offen für neue Ideen ist, sie als Sparring-Partnerin nutzt und «wir uns mit unseren unterschiedlichen Ansätzen gut ergänzen.» 

 
214 000 Besucher zählte das Grand Casino Luzern im vergangenen Jahr im Spielbereich, das sind im Schnitt 580 Besucher pro Tag. Der Bruttospiel­ertrag betrug 35,97 Millionen Franken. «Zum ersten Mal seit 2007 ist der Umsatz der Casinobranche in der Schweiz wieder leicht gestiegen», erzählt Koller und ist damit schon mitten im Thema. Der Druck auf die 21 Casinos in der Schweiz ist gross: Zum einen lockt die Konkurrenz im nahen Ausland, die von einer weniger starken Reglementierung profitiert, zum anderen spielen immer mehr Kunden in Online-Casinos. «Dieser Trend wird sich fortsetzen, aber wir sind überzeugt, dass die Spieler auch in Zukunft die Atmosphäre von Casinos suchen werden – wenn wir attraktiv und innovativ bleiben.» Innovation ist denn auch einer der Werte des Grand Casino Luzern und bedeutet vor allem eines: Das Spiel- und Unterhaltungsangebot muss den Gast überraschen und ansprechen.
 
Im vergangenen Herbst hat das Casino den Spielbereich deshalb umgebaut und 19 neue Automaten vorgestellt, viele davon mit hochauflösenden Bildschirmen, interaktiven Inhalten und 3D-Animation. Aber auch Klassiker wie Roulette brauchen ab und zu eine Auffrischung. Das Hit & Win Roulette, bei dem die Gäste eine aktive Rolle übernehmen und zwei Kugeln im Spiel sind, feierte in Luzern Europapremiere. Und mit dem Casino-Jass «Jassino» hat Luzern sogar eine Weltneuheit eingeführt. «Das Spiel wurde in unserem Haus entwickelt und ist eine Mischung aus der für Poker typischen Spannung und der Geselligkeit des Jassens», beschreibt es Nadine Koller.
 
 

Spielernatur mit Spielverbot

Obwohl sie Jassino kennt, hat sie es noch nie selbst gespielt – sie darf nicht. Den Mitarbeitenden des Casinos ist es verboten zu spielen, je nach Tätigkeit gilt dieses Verbot sogar für die gesamte Schweiz. «Ein Nachteil dieses Jobs», lacht die Assistentin, denn sie sei schon eine Spielernatur. «Wir haben zu Hause oft Karten gespielt, als ich ein Kind war. Es reizt mich, und vor allem Black Jack und Roulette würde ich gerne spielen.»
 
 
Nadine Koller arbeitet seit fünf Jahren im Grand Casino Luzern. «Es ist eine andere Welt», sagt sie, «aber nicht ganz so exotisch, wie es sich die meisten vorstellen. Casinos werden mit Glitzer und Glamour in Verbindung gebracht, mit Las Vegas und Geldwäscherei – so wie es in Filmen oft dargestellt wird.» Diese Vorstellungen seien insofern Teil des Zaubers, weil ein Casino mit vielen Emotionen verbunden werde. «Das ist auch für mich so.» Sie weiss, dass wenn sie abends nach Büroschluss aus dem schönen Kursaal-Gebäude direkt am See tritt, für viele im Haus der Arbeitstag gerade erst beginnt. «Wir haben die unterschiedlichsten Berufsgattungen im Haus und Mitarbeitende aus 22 Nationen. In meiner Drehscheibenfunktion habe ich zu vielen meiner Kolleginnen und Kollegen Kontakt, das gefällt mir sehr.» Vom Croupier, dem Pit Boss und dem Gaming Shift Manager über Sicherheitsleute bis zum Housekeeping, Chef de Service und Verantwortlichen für das Sozialkonzept arbeiten alle in einem Casino. «Casinos haben in der Schweiz sehr strenge Auflagen, was den Sozialschutz betrifft. Die Mitarbeitenden werden darauf geschult, Gäste mit auffälligem Spielverhalten zu erkennen, das Gespräch zu suchen und Vereinbarungen mit ihnen zu treffen, die bis zu einer Spielsperre reichen können.» 
 
 

Spielen fürs Gemeinwohl

Reglemente und Gesetze sind denn auch ein grosser Teil des täglichen Geschäfts. «Zurzeit beschäftigt uns das neue Geldspielgesetz sehr. Es ist äusserst wichtig für uns, weil es unter anderem festlegen wird, ob konzessionierte, landbasierte Casinos in der Schweiz in Zukunft auch Onlinespiele anbieten dürfen. Zudem könnten neu auch Geschicklichkeitsspiele und Sportwetten im Angebot stehen.» Im Grand Casino Luzern arbeitet man schon intensiv an einem Online-Angebot, obwohl der Entscheid noch nicht gefallen ist und das Gesetz frühestens 2019 in Kraft tritt. «Wir möchten vorbereitet sein, um uns zu gegebner Zeit für eine Online-Konzession bewerben zu können», sagt Koller. Das Interesse an den Casinos ist auch von politischer Seite nicht zu unterschätzen. A-Casinos steuern jährlich einen wesentlichen Beitrag zur AHV bei – eine Besonderheit der Schweiz. Seit der Eröffnung des ersten Casinos bis heute wurden rund 5,7 Milliarden Franken an die AHV und die Kantone bezahlt. «Diese Leistung der Casinos für das Gemeinwohl ist den meisten nicht bekannt», sagt Nadine Koller. 
 

Ausser Dienst

Dafür habe ich einmal viel Mut gebraucht: Mein Umzug in die Schweiz und mein erster Auftritt vor der Generalversammlung mit rund 600 Personen.  
Das bringt mich zum Lachen: Situationskomik und ich mich selbst. Ich mag humorvolle Menschen – privat, aber auch im Beruf. 
Das bereitet mir Sorgen: Erstens die Schnelllebigkeit, unser Hetzen von A nach B, ohne sich Zeit für die wirklich wichtigen Dinge zu lassen. Vor allem persönliche Beziehungen leiden darunter. Zweitens frage ich mich, mit welchen Anforderungen wir und vor allem die nächste Generation im beruflichen Umfeld konfrontiert werden. Die Spirale scheint sich nur nach oben zu drehen.
Das möchte ich gerne lernen: Poker. 
Das kann ich nicht gut: Mit Menschen umgehen, die Probleme und Themen nicht offen an- und besprechen. Wenn sich jemand einer Diskussion entzieht, nervt mich das richtig. 
Diesen Wunsch habe ich: Manchmal wünsche ich mir mehr Gelassenheit. Ich bin sehr strukturiert und pflichtbewusst. Für mich bedeutet es einen grossen Luxus, ohne Plan in den Tag hinein zu leben.
 
 
Auch die landbasierten Konzessionen, die in ein paar Jahren neu vergeben werden, sind für die Assistentin ein wichtiges Thema. Für das Casino Luzern, mehrfach als bestes Casino der Schweiz ausgezeichnet, erwartet Nadine Koller beim nächsten Entscheid aber keine allzu grossen Schwierigkeiten. Sie ist die Verbindungsstelle zur eidgenössischen Spielbankenkommission und kontrolliert die Erfüllung der Melde- und Informationspflichten. «Als Ansprechpartnerin für die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat bin ich zudem bei vielen wichtigen Sitzungen dabei und in strategische Projekte eingebunden.» Im Vergleich zu ihren vorherigen Arbeitgebern gefällt Koller im Casino Luzern vor allem die Emotionalität des Produkts, die Arbeit für einen Dienstleistungsbetrieb sowie die nationale statt internationale Ausrichtung. «Spannend an dieser Stelle war für mich persönlich auch, dass ich eine leitende Funktion mit Führungsaufgaben innehabe. Ich führe das vierköpfige Empfangs- und Sekretariatsteam.» Auch für das Qualitätsmanagement im Haus ist sie zuständig und somit auch für die Umsetzung der internen Audits, die ISO-Zertifikate sowie die Schulung von neuen Mitarbeitenden. Durch ihr abgeschlossenes BWL-Studium habe sie bisher in jeder Assis­tenz-Stelle solche Zusatzaufgaben oder eigene Verantwortungsbereiche innegehabt. 
 
Das Mehrspartenhaus mache diese Aufgabe besonders interessant. Neben dem Spielbereich gibt es das Res­taurant Olivo mit 15 Gault-Millau-Punkten und das Seecafé direkt am Wasser, zudem einen Bankett- und Seminarbereich sowie das Casineum, wo am Wochenende das junge Publikum tanzt und feiert. «Unser Angebot macht es möglich, einen schönen Abend mit feinem Essen, Spielvergnügen und Party im gleichen Haus zu verbringen.» 
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