Protokoll führen

Alles drin und gut zu lesen

Ein gut getextetes und vollständiges Protokoll ist kein Hexenwerk. Wer nach einer Sitzung möglichst schnell mit der Reinschrift beginnt, hat es leichter. Themen und Verlauf des Meetings sind noch präsent. Es gilt: Je komplexer das Thema, desto zügiger sollten Sie im Anschluss das Protokoll schreiben. 

Im ersten Teil ging es darum, wie sich Assistentinnen auf eine Sitzung vorbereiten können und wie sie so mitschreiben können, dass die Notizen später eine gute Grundlage für ein vollständiges und korrektes Protokoll sind. Im zweiten Teil unserer Mini-Serie über Protokolle geht es nun darum, wie sich ein gut lesbarer und vollständiger Text erstellen lässt. 

Sortieren Sie Ihre Unterlagen

Um die Niederschrift möglichst schnell und flüssig ausformulieren zu können, sollten Sie im ersten Schritt Ihre Unterlagen in die richtige Reihenfolge bringen. Hier macht es sich -bezahlt, wenn Sie Ihre Blätter während der Besprechung durchnummeriert haben. Aber möglicherweise wurden bei einzelnen Punkten noch Argumente und Fakten nachgeschoben, die Sie nun auf einem gesonderten Notizzettel oder einer anderen Seite stehen haben. 

Lesen Sie sich also noch einmal Ihre Mitschrift durch und bringen Sie alle thematisch zusammengehörenden Inhalte in die richtige Reihenfolge. Sinnvoll kann es bei sehr umfangreichen Notizen und nach chaotischen Sitzungen sein, mit farbigen Stiften und/oder Symbolen zu arbeiten, mit denen Sie am Rand markieren können, was wozu gehört. 

Bringen Sie Struktur in die Sache

Fassen Sie jene Abschnitte zusammen, die dasselbe Thema behandeln. Kontrollieren Sie, ob Sie Äusserungen von Personen bündeln können, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gefallen sind, aber inhaltlich zusammengehören.

Die inhaltliche Reihenfolge Ihrer Mitschrift ist in grossen Teilen bereits durch die Protokollart festgelegt:

  • Bei Wort- und Verlaufsprotokollen gibt der Ablauf der Besprechung die Struktur vor – hier übernehmen Sie die Äusserungen der Teilnehmer in der Reihenfolge in Ihre Niederschrift, in der sie getroffen wurden. 
  • Bei einem Ergebnisprotokoll ist die Einteilung des Protokolls nach Tagesordnungspunkten sinnvoll und üblich. Damit können Sie sich in der Regel an der Tagesordnung orientieren, es sei denn, der tatsächliche Ablauf des Meetings ist erheblich vom geplanten abgewichen. Im letzteren Fall werden Sie Ihre Mitschriften umsortieren, um sich am realen Verlauf zu orientieren.
  • Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, das Protokoll nach den wichtigsten Inhalten zu ordnen. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn das Protokoll an einen Entscheidungsträger geht, der nicht selbst am Meeting teilgenommen hat und sich schnell über die wesentlichen Inhalte informieren will. Dann gilt für die Struktur: das Wichtigste zuerst, das Nachrangige danach (auch wenn die tatsächliche Reihenfolge der TOPs eine andere war).

Machen Sie aus Ihren Notizen einen flüssig lesbaren und verständlichen Text

Das gesprochene Wort ist etwas völlig anderes als die geschriebene Sprache. Mündlich vernachlässigen wir die Grammatik, verwenden umgangssprachliche Begriffe, fügen «mhm», «ähs» und andere Füllsel ein («sag ich mal»). Wenn dann die Diskussion über ein umstrittenes Thema hochkocht, werden Satzbau und Grammatik schnell mal «zerkocht». So kann es passieren, dass Sie in Ihren Mitschriften verschachtelte Bandwurmsätze, unvollständige Sätze, solche ohne, mit einem falschen oder falsch gebeugten Verb finden, daneben umgangssprachliche Ausdrücke, sprachlich schiefe Bilder, falsche Vergleiche und so weiter. 

Wenn Sie die Reinschrift anfertigen, müssen Sie also sprachliche Fehler ausmerzen. Das ist eine Gratwanderung, denn zum einen müssen Sie so nah wie möglich an dem bleiben, was tatsächlich gesagt wurde, zum anderen müssen Sie dafür sorgen, dass der Leser Ihres Protokolls den Sinn des Gesagten nachvollziehen kann und Ihren Text nach Möglichkeit auch noch gern liest. 

Am häufigsten werden Sie vermutlich verschachtelte Sätze entwirren müssen. 

Beispiel:

Der Sprecher sagte: «Der Messestand, den – äh – also am Mittwoch haben wir den aufgebaut und am Donnerstag schon war die Trennwand, die Trennwand rechts schon beschädigt, ganz unten, da hatte sich schon der Rahmen gelöst – das konnten wir dann auch nicht mehr vor Messebeginn reparieren. Das sollten wir schon reklamieren, finde ich.» 

So könnten Sie diese Aussage im Protokoll wiedergeben:

  • Im Wortprotokoll: Herr Schmid: «Am Mittwoch haben wir den Messestand aufgebaut und schon am Donnerstag war die rechte Trennwand unten beschädigt, da hatte sich der Rahmen gelöst. Das konnten wir dann auch nicht mehr vor Messebeginn reparieren. Das sollten wir schon reklamieren, finde ich.»
  • Im Verlaufsprotokoll: «Herr Schmid erinnert daran, dass die Trennwand des Messestands bereits einen Tag nach dem Aufbau beschädigt gewesen sei. Dies habe das Messeteam vor Messebeginn nicht mehr reparieren können. Deswegen spricht er sich für eine Reklamation aus.»
  • Im Ergebnisprotokoll (falls entsprechend entschieden wurde): «Reklamation des Messestandes wegen Beschädigung der Trennwand. Zuständig: Herr Schmid.»

Daneben sollten Sie darauf achten, vorzugsweise aktiv statt passiv zu formulieren, unschöne Häufungen von Substantivierungen zu vermeiden und Satzanfänge sowie den Satzbau zu variieren. Dabei hilft zum Beispiel eine Liste von möglichen Satzeinleitungen («Frau Meier sagte / erklärte / wandte ein / warf ein / kritisierte …»), aber auch die Thesaurus-Funktion von Microsoft Word kann nützlich sein, um Synonyme zu finden und so für mehr sprachliche Abwechslung zu sorgen. Nicht zuletzt sollten Sie darauf achten, die indirekte Rede (im Verlaufsprotokoll) korrekt zu verwenden und vor der Abgabe eine sorgfältige Prüfung von Rechtschreibung und Zeichensetzung vorzunehmen – ein Protokoll ist schliesslich jedes Mal eine Arbeitsprobe, die Sie für viele Leser sichtbar abgeben. 

Prüfen Sie Ihre Niederschrift vor der Abgabe nach diesen Kriterien

  • Alles Wichtige enthalten?
  • Alles zusammensortiert, was zusammengehört?
  • Alles inhaltlich richtig wiedergegeben?
  • Die richtige Reihenfolge gewählt?
  • Neutralität gewahrt?
  • Material angefügt?
  • Freigaben vorhanden?
  • Rechtschreibung und grammatikalische Korrektheit kontrolliert?
  • Indirekte Rede richtig eingesetzt?
  • Auf sprachliche Abwechslung geachtet? 
  • Text stilistisch überarbeitet?
  • Auf gute Lesbarkeit und leichte Verständlichkeit geprüft?

 

Kommentieren 0 Kommentare

Barbara Kettl-Römer ist Mitautorin des Buches «Protokolle schreiben». 

Weitere Artikel von Barbara Kettl-Römer
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT