Alles rechtens?

Ein Einkauf ist ein Vertragsabschluss – und nicht immer kann oder will man vorher einen Juristen zurate ziehen. Doch Fehler können teuer werden und manchmal ist der Fachmann unerlässlich. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen des Einkaufs im Überblick. 

Die gute Nachricht zuerst: Grundsätzlich gilt in der Schweiz absolute Vertragsfreiheit. Das Obligationenrecht schreibt niemandem vor, wie ein Kaufvertrag auszusehen hat oder was drinstehen soll. Und noch nicht einmal, dass es überhaupt einen geben muss. Und es gibt noch einen weiteren Pluspunkt: «Es gibt im Schweizer Recht so gut wie keinen Unterschied zwischen Klein- und Grossgeschäften», sagt Anwalt Daniel Wyss. Einkaufen für die Firma funktioniert rechtlich nicht anders als ein privater Einkauf. «Wenn ich ein Brot kaufen möchte, dann gehe ich in den Laden, suche es aus, bezahle und nehme es mit», sagt Wyss. Genauso funktioniert es auch mit Büromaterial, technischen Maschinen und Produktionsgütern. Der Nachteil: Es gibt keine Hintertür. Wenn der Verkäufer ein mangelhaftes Produkt liefert, kommt man aus einem einmal abgeschlossenen Vertrag oder getätigten Kauf nicht mehr heraus, sofern man sich nicht vorher abgesichert hat. Wenn das Brot nicht schmeckt oder die Stifte nicht funktionieren, ist das nicht so tragisch, aber wenn der Beamer nicht läuft oder der Drucker nicht funktioniert, ist es schon ein teurer Fehlkauf. Dagegen hilft nur, beim Vertragsabschluss gut hinzuschauen und einige rechtliche Fallen rund um die Gewährleistung zu vermeiden. 

Gewährleistungsansprüche

Der Verkäufer ist verpflichtet, Ware ohne Mängel zu liefern. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder im individuellen Kaufvertrag sollten mindestens folgende Möglichkeiten der Gewährleistung festgehalten sein: 
Wandelung: Bei mangelhafter Lieferung erfolgt eine Rückabwicklung des Vertrags. 
Ersatzlieferung: Fehlerhafte Teile werden nachgeliefert. 
Preisminderung: Bei mangelhafter Ware wird nicht der volle Preis bezahlt.

Achtung beim Online-Einkauf

Gerade wer online bestellt, sollte auf die AGBs achten. «Es gibt kein Gesetz, das sie explizit regelt und sie sind heute nicht mehr leicht anfechtbar, da die meisten im Rahmen des geltenden Rechts sind», warnt Wyss. Wenn darin Käuferrechte wie ein Rücktritt vom Kauf oder ein Umtausch beschnitten sind, kann man sich dagegen nicht wehren. «Wer die AGBs akzeptiert, kommt nicht mehr raus», sagt der Experte.

Ein guter Vertrag minimiert das Risiko

Wer kann, sollte vor allem bei grösseren Bestellungen immer einen individuellen Kaufvertrag abschliessen. Dann kann man eine Anzahlung oder eine Konventionalstrafe vereinbaren und das Risiko weiter minimieren.
Anzahlung: Eine Anzahlung erfolgt sofort, die restliche Kaufsumme wird erst komplett nach Annahme und Prüfung bezahlt. 
Konventionalstrafe: Bei Nicht- oder Falschlieferung wird eine vertragliche Strafe vereinbart. In der Praxis kommt das häufig bei Verzögerungen zum Tragen. Kommt die Lieferung einen Tag zu spät, können dann beispielsweise 0,5 Prozent der Kaufsumme abgezogen werden.

Internationaler Einkauf

Spätestens hier ist fachmännischer Rat sinnvoll, denn die Hürden vervielfältigen sich. «Das beginnt schon mit der Frage, welches Recht eigentlich zur Anwendung kommt», erklärt Wyss. Da es kein internationales Handelsrecht gibt, gilt entweder das Schweizer oder das jeweilige Landesrecht. Und die sind sehr unterschiedlich. Im  EU-Recht ist beispielsweise der Konsumentenschutz stärker ausgeprägt und der Käufer besser abgesichert. Im US-amerikanischen Recht ist dagegen die Produkthaftung ein grosses Thema und in Asien gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher  Rechtsauffassungen. «Da muss man sich schon auskennen», warnt Wyss. Ebenso gilt es, rechtliche Fallen beim Zollrecht zu vermeiden. «Da sind unbedingt Experten gefragt», sagt Wyss.

Sofortige Sichtkontrolle

Im Geschäftsbereich ist man verpflichtet, sofort nach Lieferung eine Sichtkontrolle durchzuführen. Die bestellte Ware ungeöffnet in den Keller zu räumen, ist also ein grober Fehler. «Wer Ware annimmt, muss als Erstes kontrollieren, ob die Anzahl stimmt, die Verpackung Schäden aufweist und der Inhalt mit dem Lieferschein übereinstimmt», sagt Wyss. Etwaige Mängel müssen sofort dokumentiert und gemeldet werden. «Wenn das nicht passiert, ist alles zu spät», warnt Wyss.

Dienstleistung: Auftrag oder Werkvertrag?

Auftrag: Der Auftragnehmer verpflichtet sich, eine Tätigkeit für den Auftraggeber auszuführen, wobei ein Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Vertragsparteien besteht. Ein Resultat wird nicht versprochen, gezahlt wird ein Honorar.
Nachteil: Der Auftraggeber hat keine Gewährleistungsrechte und muss auch bei Unzufriedenheit zahlen, ausser, der Auftragnehmer hat seine Sorgfaltspflicht nicht erfüllt. 

Werkvertrag: Der Unternehmer verpflichtet sich zur Herstellung eines Werkes und schuldet somit ein messbares Ergebnis. Der Besteller verpflichtet zur Bezahlung einer Vergütung.
Vorteil: Es besteht ein Gewährleistungsrecht ähnlich wie beim Kaufvertrag mit  Möglichkeiten für Preisnachlass, Nachbesserung oder Rückabwicklung. 

Wer Dienstleistungen einkauft, ist mit einem Werkvertrag besser abgesichert!

Mängel rechtzeitig rügen

Grundsätzlich haftet der Verkäufer bei Lieferung mangelhafter Ware. Das kommt allerdings nur zum Tragen, wenn der Käufer den Mangel auch rügt. Und das schnell. Prinzipiell hat man zwar 24 Monate Zeit, um einen Mangel festzustellen, doch wenn der entdeckt ist, läuft die Zeit. Spätestens sieben Tage später muss die Mängelrüge erfolgt sein, sonst haftet der Verkäufer nicht mehr und der Käufer hat den Schaden.

Sonderfall Rechtsmängel

Ein rechtlicher Mangel liegt vor, wenn man getäuscht oder betrogen wurde. Das ist der Fall, wenn der Verkäufer zum Beispiel gar nicht Eigentümer der Ware ist und sie deshalb nicht hätte verkaufen dürfen oder der Gebrauch dadurch eingeschränkt ist. Bei Rechtsmängeln kann ein Vertrag grundsätzlich angefochten werden oder ist nichtig. 

 

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