Porträt

Die Co-Pilotin

Sarah Salini wollte unbedingt Flight Attendant werden – heute ist sie Co-Pilotin. Aber nicht bei einer Airline, sondern beim Schweizer Milchriesen Emmi, als rechte Hand von CEO Urs Riedener.

«Was willst du werden, wenn du einmal gross bist?» Auf diese Frage lautet die Antwort der kleinen Sarah Salini immer wieder: «Ich werde Flight Attendant und bereise die Welt.» Ihr Berufswunsch ­ändert sich auch nicht während des ­Berufswahljahrs. Im Gegenteil. Die Solothurnerin will mit der KV-Lehre bei Mövenpick den Weg dazu ebnen. «Es war mir wichtig, in einem internationalen Umfeld zu arbeiten, wo ich auch meine Sprachkenntnisse einsetzen konnte», erklärt die ambitionierte Sarah Salini. Salinis Plan geht auf. Nach der Lehre folgt sogleich die Anstellung als Flight Attendant bei Swiss. Sie erinnert sich an die ersten Wochen bei der Fluggesellschaft. «Ich war überglücklich.» Doch nach knapp einem Jahr macht sich bei der Flight Attendant Enttäuschung breit: «Es war einfach nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.» Fliegen auf Kurzstrecken hat wenig mit Reisen gemein. Und eigentlich ging es ihr um Letzteres. «Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich nur diesen Weg verfolgt – jetzt wollte ich mich neu orientieren.»

Wie der Zufall es will, ruft eines Tages der Direktor ihres Lehrbetriebs an und bietet ihr einen Job als Salesmanagerin an. Ein Glücksfall für Sarah, die über diesen Umweg zu ihrer wahren Passion findet. In ihrer Rolle als Salesmanagerin lernt sie bei einem Besuch bei PricewaterhouseCoopers (PwC) die Direktionsassistentinnen kennen und ist fasziniert von den Möglichkeiten und dem Tätigkeitsgebiet, die diese Position mit sich bringt. «Meine Erfahrung mit Hotels und dem Reisen, meine Sprachkenntnisse – das sind genau die Skills, die es als Assistentin braucht.» Sarah Salini verfolgt von da an ein neues Berufsziel. Sie heuert als Assis­tentin an absolviert die Ausbildung zur Direktionsassistentin.

Persönlich

Das wollte ich als Kind werden

Flight Attendant

Das hat mich geprägt

Sprachaufenthalt in den USA und die Zeit bei Swiss als Flight Attendant

Da muss ich lachen

Bei schönen Momenten im Alltag

Darüber ärgere ich mich

Ungerechtigkeit

Dafür habe ich einmal viel Mut gebraucht

Einen Job in der Probezeit zu kündigen

Das möchte ich gerne lernen

Aktuell bin ich daran, die Motorradprüfung zu machen

Diese Person würde ich gerne kennenlernen

Zelda La Grange, die ehemalige ­Assistentin von Nelson Mandela

Ein Match: Assistentin und CEO

In ihrer neuen Karriere blüht Sarah auf. «Während meiner Zeit bei Stryker habe ich den Beruf so richtig zu leben angefangen», sagt sie. Denn sie unterstützt ihren Chef, ein Expat aus New Jersey, nicht nur in der Firma, sondern auch in privaten Belangen – sie kommuniziert mit der Gemeinde für ihn, meldet seine Kinder in der Schule an. Der Assistenzberuf wird zur Passion. Als ihr Chef nach sechs Jahren zurück in die USA geht, sieht auch Sarah sich nach einem neuen Job um. Auf der Suche nach einer neuen spannenden Stelle sticht ihr eine Stellenanzeige besonders ins Auge: «Urs Riedener, CEO von Emmi, sucht eine Direktionsassistentin.» Sarahs Herz macht einen Luftsprung. Denn von Urs Riedener, den sie aus den Medien kennt, ist sie sehr beeindruckt. Entsprechend nervös ist sie, als sie am Hauptsitz von Emmi, einem auffälligen Gebäude mit Blick auf den Vierwaldstättersee, darauf wartet, sich ihm als Bewerberin vorzustellen.

Noch während des Gesprächs spürt die Direktionsassistentin, dass ihr potenzieller Chef und sie zusammen einen Match ergeben. Urs Riedener ist menschlich, begegnet ihr auf Augenhöhe und sie teilen die gleichen Werte. «Diese Komponenten gepaart mit gegenseitigem Vertrauen sind sehr wichtig, um als CEO-Assistentin gut mit dem Chef zusammenzuarbeiten», ist Sarah Salini überzeugt. Die 35-Jährige managt vom Kalender ihres Chefs bis zu eigenständigen Projekten wie die General­überholung des firmeninternen Travel­tools eine breite Palette an Aufgaben. Sie sorgt auch dafür, dass der Group-CEO gut vorbereitet in seine Sitzungen geht. «Ich kenne seinen Arbeitsstil, weiss, wie er tickt und ich kann ihn sehr gut einschätzen. Das ist nicht nur für ihn, sondern auch für mich wichtig.» Normalerweise dauert es eine Weile, bis man gut eingespielt ist. «Doch bei uns war von Anfang an eine gewisse Leichtigkeit drin.»

Seit über zwei Jahren arbeitet Sarah für Emmi, den grössten Milchverarbeiter der Schweiz mit Hauptsitz in Luzern. Das Traditionsunternehmen, das 1907 gegründet wurde, beschäftigt 8700 Mitarbeitende in 15 Ländern. Insgesamt 60 Nationen sind beim Grossunternehmen vertreten. Diese Diversität und Internationalität waren nebst ihrem Vorgesetzten die ausschlaggebenden Gründe für Sarah, sich als CEO-Assistentin zu bewerben. Mit ihren Sprachkenntnissen und der Erfahrung mit verschiedenen Kulturen ist sie bei Emmi am richtigen Ort. Sarahs offizieller Titel lautet «Executive Assistant to the CEO» – intern werden die Assistentinnen aber auch als «Co-Pilotinnen der Führungskräfte» bezeichnet. Wieso dieser Begriff aus der Luftfahrt? Hat sie ihn als ehemalige Flight Attendant geprägt? Sarah lacht: «Nein, das war schon vor meiner Zeit so. Der Begriff stammt von unserer CFO. Uns Assistentinnen hat dieser Vergleich sehr gefallen, denn wir führen nicht nur aus, sondern denken mit und übernehmen Verantwortung.»

Starke Crew

Bei Emmi gibt es acht Konzernleitungsmitglieder und alle haben eine eigene Assistenz. «Vor Corona hatten wir Assistentinnen eher selten Berührungspunkte miteinander», sagt Sarah Salini. «Jede hat sich unabhängig um ihre eigene Division gekümmert.» Als jedoch Corona ausbricht und die Arbeitswelt auf den Kopf stellt, müssen die Emmi-Assistentinnen zusammenspannen. Denn die Zusammenarbeit vor Ort, aber auch mit den ausländischen Tochtergesellschaften muss digitalisiert, Zoom muss eingeführt, Termine müssen umorganisiert, Corona-Regeln aufgestellt und Reiserichtlinien verfolgt werden. «Ich habe gespürt: Jetzt müssen wir unsere Kräfte bündeln», erzählt Sarah. «Hätte jede alles alleine für ihre Division organisieren müssen, wäre es nicht machbar gewesen.» Und so trommelt sie die Crew zusammen: «Wir haben einen wöchentlichen Call eingeführt, um uns auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Jede von uns hat ihre speziellen Stärken, von denen wir als Team profitieren konnten.»

Wir haben einen wöchentlichen Call eingeführt, um uns auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Jede von uns hat ihre speziellen Stärken, von denen wir als Team profitieren konnten.

Die Pandemie schweisste die Assistentinnen zu einer Einheit zusammen – die Co-Pilotinnen der Konzernleitung transformieren sich zur schlagkräftigen Cabin Crew. «Nachdem die erste Welle abgeflacht war, fragte ich: Braucht es unseren Call noch? Alle wollten ihn beibehalten.» Darüber hinaus erweitern die Assistentinnen sogar ihre Zusammenarbeit. Heute findet zweimal jährlich ein Workshop statt, wo man sich um gemeinsame Themen kümmert, Wissen teilt und Aufgaben verteilt. So hat zum Beispiel eine Kollegin ihre besondere Stärke in IT-Themen, eine andere kennt die Reiserichtlinien aus dem Effeff und kann die anderen schulen. «Während Corona haben wir gemerkt, dass wir gemeinsam sehr stark sein können.»

Sarah Salini hat ihren wahren Traumberuf gefunden – von der Flight Attendant in luftigen Höhen zur Co-Pilotin im CEO-Cockpit bei Emmi, als Mitglied einer eingespielten Crew.

Sarah Salini

stammt aus dem Kanton Solothurn. Nach ihrer KV-Lehre im Mövenpick-Hotel Egerkingen bewirbt sie sich bei Swiss als Flight Attendant und geht für einen zweimonatigen Sprachaufenthalt nach San Diego. Zurück aus den USA arbeitet sie ein Jahr lang für Swiss; danach wird sie Sales Managerin bei Mövenpick. 2011 folgt die erste Anstellung als Assistentin bei PwC, 2013 wechselt sie zu Stryker als ­Senior Assistant to Global Director R&D. In dieser Zeit schliesst sie ihre Ausbildung zur Direktionsassistentin ab. Seit 2019 ist die 35-Jährige CEO-Assistentin bei Emmi und hat ein Junior Leadership Programm der Boston Business School absolviert. Sarah Salini lebt mit ihrem Partner in Oftringen.

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Jelena Martinelli ist selbstständige Texterin bei martinellitext. Sie schreibt leidenschaftlich gerne Blogs und Publireportagen und auch sonst alles, was mit Online-Marketing zu tun hat.

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