Special Kunst

Digitalisierte Kunstbranche

Reisen und persönliche Beziehungen sind wichtige Aspekt der Kunstwelt. Doch was passiert, wenn diese Aspekte durch die Corona-Pandemie beeinflusst werden oder gar wegfallen? Antworten hat Executive Assistant Cornelia Lutzmann von der Galerie – Hauser & Wirth in Zürich.

Online-Ausstellungen anstelle eines Besuchs vor Ort: Die grösste und bedeutendste Kunstmesse, die Art Basel in Basel, fand im letzten Juni Corona-bedingt erstmals ausschliesslich online statt. Ein Einschnitt für die Kunstwelt, für die persönliche Beziehungen zu den Künstlerinnen und Künstlern wichtig sind. «Kunst ist etwas sehr Haptisches und Emotionales», weiss Executive Assistant Cornelia Lutzmann von der internationalen Galerie Hauser & Wirth in Zürich. Trotz anfänglicher Skepsis sei die digitale Durchführung bei den Kunstinteressierten in ihrem Umfeld sehr gut angekommen: «Sie haben es geschätzt, die Kunstwelt ins eigene Wohnzimmer zu holen.» Vor allem da Kunst in diesen wenig optimistischen Zeiten etwas Positives ausstrahle.

Doch nicht nur die Art Basel war gezwungen, sich durch die Entfernung von kunstinteressierten Kundinnen und Kunden zu transformieren, auch die Galerien mussten weltweit ihr Geschäftsmodell erweitern. So auch Hauser & Wirth, die bereits in den Vorjahren das Potenzial der Digitalisierung erkannte und sich Gedanken dazu machte. Beschleunigt durch die Corona-Pandemie hat die Galerie dann 2020 den Technologiezweig «ArtLab» ausgearbeitet und lanciert. «Das erste Projekt war die Entwicklung eines Virtual-Reality-Tools namens HWVR, mit dem wir eine virtuelle Ausstellung in unserer Galerie der Zukunft, Hauser & Wirth Menorca, geschaffen haben», erzählt Cornelia Lutzmann begeistert. So konnten 2020 anstelle der Messen und Ausstellungen eine Reihe digitaler Initiativen gestartet und etwa 29 Online-Ausstellungen ins Leben gerufen werden.

Kontakte intensivieren

Durch die Corona-Pandemie und die Digitalisierung hat sich der Arbeitsalltag von Cornelia Lutzmann stark verändert. Organisierte sie früher für ihren Chef James Koch zahlreiche internationale Reisen, Diners und Treffen mit Kunden und Künstlern, «findet der grösste Teil dieses Austauschs heute via Zoom-Meetings statt». Der Aufwand bezüglich klassischer Organisation habe sich dadurch verringert. Trotz dieses Wegfalls ist die Arbeit für die engagierte Assistentin nicht weniger geworden, «sie hat sich einfach ­verlagert». So intensivierte sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit den internationalen Standorten per Zoom-Call. «Und auch mit unseren Kunden hatten wir per E-Mail und Telefon mehr Kontakt, um sie auf unsere virtuellen Ausstellungen aufmerksam zu machen», erzählt Lutzmann.

Unsere Kunden haben es geschätzt, die Kunstwelt ins Wohnzimmer zu holen.

Neben dem digitalen Ausbau ging die physische Planung von anstehenden Events und Ausstellungen stets weiter: «Immer wieder ergaben sich während der Pandemie durch unsere internationale Präsenz von Hongkong bis Los Angeles Zeitfenster, in denen wir die Werke unser Künstler physisch an einzelnen Standorten präsentieren konnten – auch in der Schweiz.» So plante Cornelia Lutzmann gemeinsam mit dem Hauser & Wirth-Team im Herbst die Louise-Bourgeois-Ausstellung in Gstaad, die kurz vor Weihnachten eröffnet wurde. «Mit dem Lockdown im Januar ist die Ausstellung nun temporär geschlossen, wird jedoch im März wieder­eröffnet werden, sofern es die Auflagen ­erlauben», sagt Lutzmann. Dank der Digitalisierung könne aber auch diese Ausstellung online besucht werden.

Die Organisation einer Ausstellung in der Pandemie erfordere noch mehr Planung und Flexibilität, insbesondere sei der Transport der Kunstwerke aus den verschiedenen Standorten eine grosse Herausforderung, erklärt Cornelia Lutzmann. «Was uns aber nicht daran hindert, weiterhin bedeutende internationale Ausstellungen mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern zu organisieren.» In dieser Situation helfen die Erfahrungen und Fähigkeiten einer Assistentin: «Ruhig bleiben, sich den Gegebenheiten anpassen, neu organisieren, strukturieren und vor allem: nie den Humor verlieren.»

Dynamische und bunte Welt

Als Assistentin in der Kunstwelt tätig zu sein, ist für Cornelia Lutzmann der Traumberuf schlechthin. «Kein Tag gleicht dem anderen. Es ist eine unglaublich interessante, dynamische und bunte Welt, die mich in ihren Bann zieht.» Zudem inspirierten sie die Kunst und der Kontakt zu den Künstlerinnen und Künstlern im Alltag. Mit Freude denkt sie so beispielsweise an persönliche Begegnungen mit der zeitgenössischen amerikanischen Künstlerin Roni Horn, dem afroamerikanischen Künstler Charles Gaines oder an einen Lunch im Studio von Pipilotti Rist zurück. Fragt man sie nach ihren momentanen Lieblingskünstlern, so schätzt sie die dunklen und ausdrucksstarken Bilder von Takesada Matsutani genauso wie die Werke von Louise Bourgeois und Philip Guston.

Cornelia Lutzmann ist zuversichtlich, die Künstler und Kunden schon bald real wiederzusehen. Bis es aber soweit ist, werden die Ausstellungen von Phyllida Barlow und Mary Heilmann zunächst online gezeigt. «Durch die Kombination von Online- und ‹real life›-Ausstellungen zusammen mit Filminhalten können unsere Künstlerinnen und Künstler weiterhin Freude in das Leben und die Häuser der Menschen bringen, bis wir uns dereinst wiedersehen», ist Cornelia Lutzmann überzeugt.

Hauser & Wirth

wurde 1992 in Zürich von Iwan Wirth, Manuela Wirth und Ursula Hauser ­gegründet, die im Jahr 2000 durch den Partner und Präsidenten Marc Payot ergänzt wurden. Als Familienunter­nehmen mit internationaler Ausrichtung hat die Galerie in den letzten 29 Jahren expandiert und verfügt ­heute über Aussenstellen in Hongkong, London, New York, Los Angeles, Somerset, Gstaad, St. Moritz und ­Menorca. Die Galerie vertritt über 75 Künstler und Nachlässe, die im ­letzten Vierteljahrhundert die Identität des Hauses geprägt haben. Dazu ­gehören Louise Bourgeois, The Estate of Philip Guston, The Estate of Eva Hesse, Allan Kaprow Estate, Mike Kelley ­Foundation for the Arts, The Estate of Jason Rhoades, Dieter Roth Estate und The Estate of David Smith.

Kommentieren 0 Kommentare

Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

Weitere Artikel von Christine Bachmann
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT