Porträt

Doppelfunktion bereichert

Für Powerfrau und Multitaskerin Katrin Roth ist die Doppelfunktion als Assistentin der Geschäftsführung und HR-Generalistin bei der Orell Füssli Thalia AG in Zürich ­geradezu ideal. Wie es zu dieser Kombination kam und was sie an beiden Funktionen schätzt, erzählt sie uns beim Treffen in einer Filiale und am Unternehmenshauptsitz.

«Können wir die Rolltreppe anhalten?», fragt Miss Moneypenny-Fotografin Aniela Lea Schafroth in der Orell Füssli Thalia-Filiale Kramhof. «Können wir, aber nur kurz», antwortet die Filialleiterin und Katrin Roth, unsere Cover-Kandidatin, positioniert sich fürs Bild. Kurz ist das Stichwort an diesem Donnerstagnachmittag, denn in der Filiale herrscht Hochbetrieb. Immer wieder wuselt jemand durchs Bild. Zum Glück ist Geschäftsleitungsassistenz und HR-Generalistin Katrin Roth so eine flexible und ausdauernde Porträtkandidatin. «Es ist schön, dass wir hier shooten. Ich lese selbst sehr gerne und mag die Atmosphäre in unseren Filialen einfach, da fühlt man sich so richtig wohl», betont sie.

Zum grössten Buchhandlungsunternehmen der Schweiz mit rund 800 Mitarbeitenden kam die heute 39-Jährige im Dezember 2019. Anfänglich mit einem 50-Prozent-Pensum als Assistenz der Geschäftsführung. «Für mich war das ein Glücksfall, da die meisten Stellen dieser Art fast immer nur mit 80 bis 100 Prozent ausgeschrieben waren – und das war mir aufgrund meiner beiden noch kleineren Kinder und der Distanz zu meinem Wohnort Niederlenz zu viel.»

Roth bekommt die Stelle und wird die rechte Hand des CEO. «Zu meinen Hauptaufgaben zählen sein Terminmanagement, die Organisation und die Vorbereitung von Anlässen und Reisen sowie das Führen der Protokolle. Ich erstelle und überarbeite aber auch Präsentationen und kümmere mich um die Korrespondenz sowie das Vertragsablagemanagement.»

Da Roths Chef viel unterwegs ist – «er ist mindestens einmal im Jahr in allen 58 Filialen vor Ort» –, sehen sich die beiden physisch nur etwa dreimal im Monat. Die Kommunikation läuft deshalb meist über Telefon, E-Mail oder SMS. «Unsere Zusammenarbeit beruht auf gegenseitigem Vertrauen und ich bin sehr selbstständig unterwegs.» Die Assistentin schätzt das. «Er weiss, dass er sich auf mich verlassen kann, und umgekehrt.» Damit sie dennoch jemanden vor Ort hat, mit dem sie sich bei Bedarf austauschen kann, wurde sie bei der Einstellung organisatorisch der HR-Leitung unterstellt.

Quereinstieg ins HR

Die Nähe zum HR brachte Katrin Roth im Coronajahr 2020 dazu, ihre Stelle um 20 Prozent aufzustocken und das Team bei Orell Füssli Thalia noch einen weiteren Tag zu unterstützen, und zwar als HR-Generalistin. «Aufgrund der Situation hatte das HR einen enormen Workload zu bewältigen und stiess an seine Kapazitätengrenze. So rutschte ich nebenbei hinein.»

Eine Chance für die damals 35-Jährige, die sich seit ihrer Ausbildung schon immer für diesen Bereich interessiert hatte. Als HR-Generalistin agiere sie heute als Berufsbildungsverantwortliche für die rund 70 Lernenden in der Schweiz – «dank des Social-Media-Phänomens ‹Booktok› steigt auch bei uns das Interesse an Buchhändlerlehren wieder massiv an», freut sie sich.

Nebst den Lernenden ist Katrin Roth auch für die Schulung und die Einführung neuer Berufsbildnerinnen und -bildner sowie die Betreuung und die Qualitätssicherung der Lerninhalte zuständig. «Zudem unterstütze ich bei der Personalentwicklung und betreue sowohl Führungskräfte wie auch Mitarbeitende.» So ist sie unter anderem  für die rund 100 Springerinnen und Springer im Pool verantwortlich. Dahinter verbergen sich beispielsweise Studentinnen und Studenten sowie pensionierte Buchhändlerinnen und -händler, die bei Bedarf in die Bresche springen können. Um im HR noch mehr anzukommen, absolvierte die passionierte Geschäftsleitungsassistenz 2023 die Ausbildung zur HR-Assistentin mit Zertifikat HRSE. «Und zurzeit bin ich auch am Abschluss ‹HR Fachfrau mit eidgenössischem Fachausweis› dran.»

Meine Wahl

Bild
Kathrin Roth Orell Füssli

Foto: Aniela Lea Schafroth

Buch oder E-Reader?
Ich besitze keinen E-Reader. Ich bin untertags so viel an digitalen Geräten, dass ich, wenn ich mal lese, ein Buch in den Händen halten möchte.

Romane oder Krimis?
Eher Romane, und da mag ich am liebsten autobiografische Geschichten von starken Frauen, beispielsweise Bücher von Laetitia Colombani oder Hera Lind. Letztere schafft es, normale Alltagsgeschichten fesselnd zu erzählen.

Kultur oder Sport?
Kultur hören in Form von Festivals, Pop- oder Rockkonzerten. Oder Ausdauersport betreiben – angefangen bei Joggen und Biken über Skifahren und Schwimmen bis hin zu Krafttraining. Ich bewege mich sehr gerne und brauche das als Ausgleich.

Prüfen oder geprüft werden?
Beides ist nicht einfach. Das Prüfen nicht, weil ich mit den Kandidatinnen und Kandidaten mitfiebere und weiss, wie es sich anfühlt. Das Geprüftwerden nicht, weil ich meist selbst nervös und dann froh bin, wenn es danach vorbei und das Resultat gut ist.

Assistenz oder HR?
Beides. Ich finde die Kombination toll.

Von den Anfängen im kaufmännischen Bereich

Apropos Schule: Aufgewachsen ist die Powerfrau in einem Lehrerhaushalt mit drei jüngeren Schwestern in Schwarzenberg am Fusse des Pilatus. «Eine idyllische Kindheit, aber als Teenager wusste ich schon bald, dass ich lieber in die ‹grosse› Stadt, nach Luzern, möchte.» Um möglichst früh selbstständig zu werden, entscheidet sich Roth für eine Berufslehre. 2001 beginnt sie bei Winterthur Versicherungen auf der Regionaldirektion ihre Lehre zur Kauffrau. «Eine coole Zeit. Ich konnte alle vier bis sechs Monate in eine andere Abteilung reinschauen – von Schaden zur Spedition, dann in die Direktion bis hin zur Buchhaltung.»

2004 nach der Lehre arbeitet Katrin Roth bei Winterthur Versicherungen weiter, allerdings in Aarau. «Wir waren einige Absolventinnen und Absolventen, die nach der Lehre im Unternehmen bleiben wollten, und da in Aarau ein Schadenservice-Center neu eröffnete und es offene Stellen gab, wechselten wir zusammen dorthin und bildeten Fahrgemeinschaften.» Ihre Aufgaben dort reichten von der Entgegennahme von Schadensmeldungen über die Meldungserfassung im System bis hin zur telefonischen Kontaktaufnahme mit Versicherten, Geschädigten sowie weiteren Anspruchsgruppen.

Im Kanton Aargau lernt die damals 20-jährige ­Katrin Roth auch ihren Mann kennen. «Bei einem Schleuderkurs», lacht sie. Was? «Ja, er war der In­­struktor.» Sie verlieben sich. Ein eher ungünstiger Zeitpunkt, da sich die junge Frau 2005 bereits für einen sechsmonatigen Sprachaufenthalt auf dem Sprung nach Australien befand. «Ich sagte mir, wenn er nach meiner Rückkehr noch da ist, dann passt es.»

Das tut es und die junge Beziehung hält die lange Trennung aus. 2008 bekommt sie die erste, 2009 die zweite Tochter und heiratet. «Ich war definitiv immer die jüngste Mutter, aber das hat auch seine Vorteile, weil man den Kindern näher ist und sich vielleicht nicht immer so viele Gedanken über alles Mögliche macht.» Klar, es sei auch eine anspruchsvolle Zeit gewesen, zumal sie immer mit relativ hohem Pensum weitergearbeitet habe: «Einerseits, um den Anschluss nicht zu verlieren und andererseits, weil wir die finanziellen Mittel auch brauchten.»

Zurück in der Schweiz

Nach ihrer Rückkehr aus Australien startet Katrin Roth 2006 zuerst befristet auf sechs Monate als Projektassistenz bei der Coperion K-Tron (Schweiz) GmbH in Niederlenz. Während dieser Zeit wurde ihr eine Festanstellung als Sales Administration Assistant EMEA  angeboten – es sollten zwölf Jahre daraus werden.

Beim weltweit tätigen Dosier- und Förderlösungshersteller war sie unter anderem zuständig für allgemeine Sekretariatsaufgaben, die Ausbildung und die Betreuung der Lernenden, die Organisation und die Vorbereitung von Kundenseminaren, aber auch die Unterstützung und die Organisation der Geschäftsreisen des Verkaufspersonals. 2008 bei der Geburt der ersten Tochter reduziert die junge Mutter bei Coperion K-Tron ihr Pensum auf 60 Prozent.

2010 stockt sie dieses aber wieder auf 80 Prozent auf, weil sie parallel dazu die Leitung Administration bei einem Malereibetrieb übernimmt. Der grosse Vorteil an dieser Stelle: «Ich konnte die 20 Prozent aus dem Homeoffice erledigen.» Eine strenge Zeit nichtsdestotrotz. «Weil ich jung war, konnte ich das aber irgendwie bewältigen», ist sie überzeugt.

Da sie 2015 bis 2017 die Ausbildung zur Direktionsassistentin mit eidgenössischem Fachausweis absolviert, wechselt sie 2018 ihre Stelle und geht zur Grundmann Bau AG in Suhr als Leiterin Sekretariat. «Ich wollte weiterkommen und wagte deshalb den Wechsel. Allerdings merkte Roth schon bald, dass sie nicht in der richtigen Branche gelandet ist. «Das Unternehmen war für mich als digital versierte Person zu analog unterwegs.» Also sieht sie sich nach etwas anderem um und wird bei Orell Füssli Thalia fündig.

Multitasking unterwegs

Inzwischen ist sie beim Buchhandelsunternehmen angekommen. Sie schätzt die flache Hierarchie, dass Mitarbeitende Ideen einbringen sowie Dinge ausprobieren können und den angenehmen, familiären Umgang untereinander – und «dass ich diese tolle Doppelfunktion für mich schaffen konnte, die mir die Möglichkeit gibt, 1000 Dinge gleichzeitig zu tun. Multitasking, ich liebe es», schmunzelt sie.

Und weil die quirlige 39-Jährige damit noch nicht ganz ausgelastet ist, ist sie seit 2022 zusätzlich als Delegierte der Genossenschaft KPT und als Prüfungsexpertin Direktionsassistentinnen und -assistenten mit Fachausweis tätig. Der Reiz von beiden: «Dass ich am Puls der Zeit bleibe und mein Wissen immer wieder erweitern kann. Deshalb möchte ich diese Nebentätigkeiten, aber auch meine Doppelfunktion hier nicht missen.»

Bild
Kathrin Roth Orell Füssli

Foto: Aniela Lea Schafroth

Katrin Roth

Katrin Roth kam 1985 auf die Welt und wuchs mit drei jüngeren Schwestern im luzernischen Schwarzenberg auf. Sie absolvierte von 2001 bis 2004 eine kaufmännische Lehre bei Winterthur Versicherungen in Luzern und Kriens. Danach folgte ein Jahr beim gleichen Unternehmen in Aarau. Ende 2005 bis Anfang 2006 folgte ein halbjähriger Sprachaufenthalt in Australien. Nach ihrer Rückkehr begann Roth 2006 zuerst in Voll- und (ab ihrer Mutterschaft 2008) dann in Teilzeit für die Coperion K-Tron (Schweiz) GmbH in Niederlenz als Sales Administration Assistant EMEA zu arbeiten, der sie bis 2018 treu blieb.

2010 bis 2015 war sie zudem in Teilzeit (20 Prozent) für einen Malereibetrieb tätig und erledigte die ganze Administration. Von 2015 bis 2017 absolvierte sie die Ausbildung zur Direktionsassistentin mit eidg. FA, 2023 folgte zudem die Ausbildung zur HR-Assistentin mit Zertifikat HRSE sowie aktuell jene zur HR-Fachfrau mit eidg. FA. 2018 wechselt sie zur Grundmann Bau AG nach Suhr als Leitung Sekretariat, merkt aber bald, dass es nicht ihre Branche ist. Seit 2019 ist sie Assistentin der Geschäftsleitung und HR-Generalistin bei der Orell Füssli Thalia AG in Zürich. Katrin Roth ist verheiratet und Mutter von zwei Töchtern.

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Christine Bachmann ist die Chefredaktorin von Miss Moneypenny.

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