Wein-Knigge

Ein guter Tropfen

Wein ist ein beliebtes Geschenk im Business. Doch nur die wenigsten kennen sich mit dem edlen Rebensaft aus. 
Der einzige Schweizer Master of Wine, Philipp Schwander, hat ein paar Tipps parat.

Zunächst vorweg: Wein ist, wie sollte es anders sein, Geschmackssache. Wenn man den Geschmack eines anderen nicht kennt, ist es unmöglich, einen ultimativen Tipp abzugeben. Wenn ein Weingeschenk ansteht, ist deshalb der erste Rat einfach: Nachfragen. Die Assistentin des zu Beschenkenden anrufen und sie fragen, was der Chef gerne trinkt. Dabei lässt sich zum Beispiel auch herausfinden, ob der Betreffende vielleicht gar keinen Alkohol trinkt und ein Weingeschenk unangebracht wäre. Wenn die Recherche aber nicht möglich ist oder die Antwort unkonkret ausfällt («Er trinkt gerne den Château»), gibt es ein paar Möglichkeiten, die gröbsten Fehler zu vermeiden.

Der Zürcher Weinhändler Philipp Schwander trägt als einziger Schweizer den Titel «Master of Wine», der als die anspruchsvollste Prüfung in der Weinwelt gilt. Wer ihn erlangen will, braucht Erfahrung – auch mit den Geschmäckern der Kunden. Deshalb beginnt Philipp Schwander auch mit ganz grundsätzlichen Beobachtungen: «Je seltener jemand Wein trinkt, desto empfindlicher reagiert er auf Säure und Gerbstoffe.» Wenn eine gute Flasche verschenkt werden soll und man einigermassen auf Nummer sicher gehen will, rät er daher tendenziell zu geschmeidigeren Rotweinen.

«Italienische Weine sind zwar sehr beliebt. Die sehr oft verwendeten Rebsorten Sangiovese und Nebbiolo sind aber sehr säure- und gerbstoffreich.» Aus Sangiovese werden zum Beispiel die Klassiker Chianti Classico und Brunello di Montalcino hergestellt. Als hochwertig bekannte Weine aus Nebbiolo sind beispielsweise Barolo und Barbaresco. Ein beliebter und hoch angesehener, wenngleich eher schwerer italienischer Wein ist der Amarone. Er wird aus getrockneten Trauben verschiedener Rebsorten gewonnen und ist deshalb sehr konzentriert. Bei diesen Namen schaut der Liebhaber italienischer Weine auf – aber auch Durchschnittskonsumenten finden grossen Gefallen an diesen wuchtigen, alkoholreichen Erzeugnissen. Ist das Budget kleiner, lautet Schwanders Alternativ-Tipp: «Gefällige, reichhaltige Weine gibt es aus Süditalien.» Also zum Beispiel aus Apulien, Sizilien oder Sardinien.

Berühmte Franzosen

Auf der Suche nach eleganten Roten bietet sich auch einiges aus Spanien an: «Man kommt schnell auf Tempranillo. Der spricht aufgrund seiner Geschmeidigkeit die verschiedensten Konsumenten an und ist nicht teuer.» Die rote Rebsorte ist eine der meistangebauten in Spanien, beispielsweise in den Anbaugebieten Rioja und Ribera del Duero. Aufgrund eines guten Preis-Leistungs-Verhältnisses empfiehlt sich Tempranillo auch zum Beispiel für grössere Betriebsfeiern. Doch auch aus diesen Gebieten kommen prestigeträchtige Weine: Bekannte Erzeuger hochwertiger Tropfen aus dem Ribera del Duero sind beispielweise Pesquera oder Vega Sicilia.

Weinempfehlungen

Schweiz
• Malcantone DOC Rosso dei Ronchi 2008, Cantina Monti, Tessin (52 CHF)
• Cayas Syrah du Valais AOC 2010, Jean-René Germanier, Wallis (42 CHF)
• Petite Arvine 2012, Simon Maye & Fils, Wallis (32 CHF)

Frankreich
• Château Lynch-Bages 2010, Bordeaux (95 CHF)
• Château Malescot St.-Exupéry 2009, Bordeaux (120 CHF)
• Châteauneuf-du-Pape Télégramme AOC 2009, Domaine du Vieux Télégraphe, Rhone (37 CHF)

Italien
• Badia a Passignano Chianti Classico DOCG Riserva 2008, Marchesi Antinori, Toskana (33 CHF)
• Brunello di Montalcino DOC 2008, Campogiovanni, Toskana (52 CHF)
• Turriga 20 anni Isola dei Nuraghi IGT 2008, Argiolas, Sardinien (48 CHF)

Spanien
• Tinto Cosecha Ribera del Duero DO 2011, Aalto (42.50 CHF)
• Tinto Cosecha Ribera del Duero DO 2009, Hacienda Monasterio (44 CHF)
• Rioja Contino Reserva DO «CVNE» 2007, Contino (38 CHF)

Aus Frankreich kommen die berühmtesten und gefragtesten Weine der Welt. Allen voran steht das Anbaugebiet Bordeaux mit berühmten Weingütern wie Château Latour, Château Mouton-Rothschild oder Château Lafite-Rothschild. Im Bordeaux werden die Traditionsweingüter in Klassen (Premier Cru, Deuxième Cru usw.) eingeteilt – was vor allem etwas über das Prestige des Hauses sagt. Doch im grössten Anbaugebiet der Welt wachsen nicht nur Edelweine, sondern vor allem auch viele einfache Qualitäten. «Bordeaux ist zwar prestigeträchtig, aber heikel», warnt Schwander. Und das nicht nur in den unteren Preiskategorien: «Bordeaux besitzt von Natur aus viel Gerbstoff und Tannin, das ist nicht jedermanns Sache. Man kann auch viel Geld ausgeben und Pech haben. Die berühmten Premier Crus sind unglaublich teuer, weil alle Reichen der Welt diese Weine nachfragen. Ähnlich hohe Qualität findet man häufig bei den Deuxième Crus wie beispielsweise Cos d’Estournel, den beiden Pichons oder den Léoville-Gütern. Auch andere gut gewählte Crus wie beispielsweise Lynch-Bages oder Pontet-Canet sind sichere Werte. Sie sind massiv preiswerter als die Premier Crus.»

Phillipp Schwander selbst schätzt besonders die guten Weine aus dem Burgund. «Aber das ist ein Minenfeld.» Das Problem sei, dass sich dort viele Erzeuger die Lagen teilten. «Deshalb kann beispielsweise ein Wein der Premiumlage Clos de Vougeot fantastisch sein, aber auch grauenhaft.»

Es hat sich eingebürgert, zum Verschenken überwiegend Rotweine auszuwählen. Das ist zwar kein Muss, aber: «Rotweine wirken hochwertiger», sagt Philipp Schwander. «Natürlich gibt es auch hochwertige Weissweine, aber sie wirken meist weniger wertig.» Er rät deshalb eher zu den Roten – es sei denn, vom Beschenkten ist bekannt, dass er ein ausgewiesener Weisswein-Fan ist. Und wenn es ein Schaumwein sein soll, dann aber ein sehr guter. «Ein gewöhnlicher Marken-Champagner ohne Jahrgang geht gar nicht.» Was Bioweine betrifft, ist Philipp Schwander skeptisch: «Das Problem ist zum einen, dass es für Bioweine keine einheitlichen Kontrollen gibt. Vor allem im Mittelmeerraum ist die Prüfung oft sehr lasch. Man weiss nie, wie viel Bio wirklich drin steckt.» Zum anderen macht das Biosiegel auch keine Aussage über die geschmacklichen Qualitäten eines Weines.

Und wo bekommt man die guten Tropfen her? Wein aus dem Supermarkt ist natürlich keine Option. Auch wenn es dort durchaus auch passable Qualitäten für den Eigengebrauch gibt – als wertiges Geschenk eignet sich die Massenware nicht. Weinfachgeschäfte bieten immer auch einen Service für Geschäftspräsente an – eine schöne Verpackung inklusive. Wenn die eigene Firma in einem Weinanbaugebiet angesiedelt ist, kann es eine gute Idee sein, regionale Weine direkt vom Winzer zu bestellen.

Schweizer Weine sind ausserhalb des Landes kaum zu haben. Lange Zeit genossen sie auch keinen besonders guten Ruf. Aber: «Die Qualität der Schweizer Weine hat sich in den letzten Jahren stark verbessert», weiss Philipp Schwander. Warum also nicht ein Geschenk mit Bezug zur Heimat mitbringen? «Es gibt beispielsweise einige sehr schöne Weissweine von der Rebsorte Petite Arvine aus dem Wallis.» Diese schätzt er als die hochwertigste weisse Sorte im Schweizer Weinbau ein. Aber auch die meistangebaute Sorte Chasselas gebe mittlerweile gute Qualitäten her: «Weine der Appellation Dézaley im Waadtland zählen zu den renommiertesten Chasselas.» Von den Roten aus der Eidgenossenschaft empfiehlt er beispielsweise Pinot Noirs aus dem Anbaugebiet Bündner Herrschaft. Hier wird zwischen den traditionellen Pinots und den im Burgunderstil gekelterten unterschieden. Die letzteren können preislich ohne Weiteres 40 Franken kosten. Sehr hochwertige Rotweine stammen auch aus dem Tessin, meist aus der Traubensorte Merlot. Die Weine können ähnlich wie Bordeaux schmecken, meist sind sie aber geschmeidiger und schneller reifend.

Ein Geschenk ist natürlich auch immer eine Frage des Budgets. Natürlich gibt man auch für Präsente nicht täglich 800 Franken aus – so viel und mehr können nämlich zum Beispiel die Premier Crus aus dem Bordeaux kosten. Die unterste Grenze für eine gewisse Qualität sieht Philipp Schwander für Rotwein bei 12 bis 13 Franken pro Flasche, bei Weisswein etwas darunter. Doch noch einmal: Der Preis allein garantiert noch keine Qualität. Man kann lediglich davon ausgehen, dass man, wenn man billiger kauft, eher nichts Hochwertiges bekommt.

Links:

Kleines Weinlexikon

AOC: Abkürzung für «Appellation d›Origine Contrôlée», kennzeichnet in Frankreich und der Schweiz die Region, in der ein Wein angebaut und abgefüllt wurde.
Barrique: Kleine Eichenholzfässer, in denen überwiegend Rotweine gereift werden. Das Fass gibt Aromen und Gerbstoffe an den Wein ab, die aber nicht zu dominant werden dürfen.
Blanc de Noirs: Weisswein, der aus roten Trauben hergestellt wird, meist aus Pinot Noir. Der Most bleibt hell, weil die Schalen der Trauben, die den roten Farbstoff enthalten, nicht mitvergoren werden.
Bordeaux: Das grösste Weinanbaugebiet der Welt liegt im Südwesten Frankreichs. Bekannte Unterregionen sind z.B. Médoc, Saint-Emilion und Pomerol.
Burgund: Französisches Anbaugebiet mit vielen Spitzen-Lagen und -Erzeugern – aber auch, wie bei den grossen Weinregionen unvermeidbar, mit sehr vielen mittelmässigen Weinen. Bekannte Unterregionen sind z.B. Beaujolais und Chablis.
Brunello di Montalcino: Gehaltvoller Rotwein aus der Toskana, der mindestens fünf Jahre lang reift. Ein gefragter und teurer Tropfen.
Brut: Sekt mit geringer Restsüsse. Noch trockener ist der Extra Brut. Mehr Restsüsse haben Sekte mit der Bezeichnung «Dry» und «Extra Dry».
Champagner: Schaumwein aus dem französischen Anbaugebiet Champagne, der in Flaschengärung («Champagner-Methode») hergestellt wird. Diese Methode verwenden aber auch Sekthersteller in vielen anderen Regionen weltweit. «Champagner» wird oft als höchste Qualitätsbezeichnung für Sekt missinterpretiert. Tatsächlich ist es die Herkunft, und obwohl oft sehr hochwertig, finden sich viele Sekte aus anderen internationalen Weinregionen, die dem Champagner allemal ebenbürtig sind.
Château: Bezeichnung für Weingüter im Bordeaux. Hat ein Bordeaux-Wein eine Château-Bezeichnung, ist er nur aus den eigenen Trauben dieses Weingutes hergestellt. Hat er die Bezeichnung «mise en bouteille au château», ist er auch dort abgefüllt.
Châteauneuf-du-Pape: Anbauregion im unteren Rhonetal. Die Weine sind für französische Verhältnisse meist recht alkoholhaltig. Kann in guten Jahrgängen einer der grossen Rotweine Frankreichs sein.
Chianti Classico: Eine der bekanntesten DOCG-Herkünfte der Welt. Das Anbaugebiet liegt zwischen Florenz und Siena. Echte Chianti Classicos tragen, im Gegensatz zu anderen Chianti-Weinen, ein Schutzsiegel am Flaschenhals, das einen schwarzen Hahn («Gallo Nero») zeigt.
Cuvée: Wein aus mehreren Rebsorten oder Jahrgängen. Ob ein Wein ein Reinsortenwein oder ein Cuvée ist, macht allein keinerlei Aussage über seine Qualität.
DOC/DOCG: Herkunftsbezeichnung italienischer und spanischer Weine; Abkürzung für «Denominazione di Origine Controllata (Garantita)» bzw. «Denominación de Origen Calificada».
Grand Cru: Spitzenlage eines Anbaugebietes
Premier Cru: Im Bordeaux Bezeichnung für Lagen und Weine von bestimmten Spitzenweingütern. Auch Weine von Deuxième Cru-Weingütern sind meist von hoher Qualität. Im Burgund zweite Stufe bei den Spitzenlagen nach Grand Cru.
Ribera del Duero: Anbaugebiet in Nordspanien am Fluss Duero. Die am meisten angebaute Rebsorte Tempranillo wird hier auch Tinta del País genannt. Die Herkunft hat seit den 1980er-Jahren stark an Qualität und damit an Prestige gewonnen.
Rioja: Das Anbaugebiet in Nordspanien ist eines der grössten Europas. Der klassische Rioja wird aus der Rebsorte Tempranillo hergestellt. Überdurchschnittlich viele Weine werden hier im Barrique gereift.
Riserva/Reserva: Italienische/spanische Weine, die je nach Anbaugebiet mindestens zwei bis vier Jahre lang gereift sind. Eine Gran Riserva/Reserva reift fünf Jahre, davon mindestens zwei im Holzfass. Für Riservas werden die besseren Jahrgänge benutzt.
Schweiz: Das grösste Schweizer Anbaugebiet befindet sich im Kanton Wallis, gefolgt von Waadt, Genf und Tessin. Weitere Weinregionen sind das Drei-Seen-Land, Zürich, Schaffhausen, Aargau, Luzern, Thunersee und Bündner Herrschaft.
Tannine: Gerbstoffe, die zu einem kräftigen Geschmack führen. Bei Rotweinen oft erwünscht, da sie die Qualität und Lagerfähigkeit verbessern können. Viele Weintrinker bevorzugen heute jedoch eher weiche Rotweine. Tanninreiche Rebsorten sind z.B. Cabernet Sauvignon und Syrah, gerbstoffarme Sorten sind z.B. Grenache, Merlot und Pinot Noir.

 

Kommentieren 0 Kommentare
Weitere Artikel von Alice Gundlach
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT