Businss-Reisen

Fast wie zu Hause

Wer viel geschäftlich unterwegs ist, entwickelt oft über kurz oder lang einen «Hotelkoller». Business Apartments sind eine Alternative für Vielreisende. Gerade bei längeren Aufenthalten überzeugen ihre Vorteile.

Wenn Lorenz Fichter am Abend nach Hause kommt, macht er es sich gern gemütlich, kocht sich vielleicht noch etwas zu essen und geniesst dann seine freie Zeit. Für ein halbes Jahr ist der Manager der Swiss Re gerade in Zürich. Während seines Aufenthalts wohnt er in einem möblierten Apartment. «Es fühlt sich an wie ein home away from home», findet Fichter. Er schätzt die Atmosphäre und die hochwertige Einrichtung. «In einem Hotel hätte ich vermutlich weniger Platz und müsste jedesmal auschecken, wenn ich am Wochenende nach München heimfahre», so der 39-Jährige. Zudem gäbe es in einem Hotel viele Services, die er gar nicht nutzen würde.

Gerade diese Dienstleistungen sind es aber, die die Preise für Hotelübernachtungen in die Höhe treiben. Für Geschäftsreisende, die regelmässig an einem anderen Ort arbeiten oder für längere Zeit unterwegs sind, kommt schnell eine stattliche Summe für Hotelrechnungen zusammen. Und nicht jeder fühlt sich dauerhaft wohl in einem Hotel. Es fehlt der Freiraum, den eine eigene Wohnung bietet. Besonders für Mitarbeitende, die für ein Projekt vorübergehend eine Wohnung benötigen, bietet sich ein Apartment, wie Lorenz Fichter es gerade bewohnt, an.

Diese so genannten Serviced Apartements sind in der Schweiz ein noch relativ junges Business. Die Anzahl der Anbieter, die solche möblierten Wohnungen vermieten, ist schwer zu schätzen. Auf dem Markt tummeln sich auch viele kleine private Anbieter, die einzelne Wohnungen mieten, diese möblieren und dann wochen- oder monatsweise weitervermieten. Zunehmend etablieren sich jedoch auch grössere Anbieter auf dem Markt.

Weniger Service, tiefere Preise

Der Vorteil einer möblierten Wohnung gegenüber einem Hotel liegt auf der Hand: Die Wohnungen – ausser den ganz kleinen – haben zumeist einen getrennten Wohn- und Schlafbereich sowie eine Küchenzeile. Einige Apartments verfügen über mehrere Schlafzimmer und können so beispielsweise von Arbeitskollegen genutzt werden, die gemeinsam geschäftlich, zum Beispiel im Rahmen eines Projekts, unterwegs sind. Auch für neue Mitarbeitende und deren Familien, die noch auf Wohnungssuche sind, kann ein möbliertes Apartment eine gute Möglichkeit sein, erst einmal in Ruhe anzukommen.

Anbieter

In der Schweiz gibt es unzählige Anbieter. Einige grössere sind:

Visionapartments – Wohnungen in Zürich, Lausanne und (ab Frühjahr) in Genf. Mindestaufenthalt 30 Tage, nach Vereinbarung auch kürzer. ­Visionapartments hat auch Objekte in Wien, Berlin, München und Warschau. Wöchentliche Reinigung, Internet und TV sind inklusive. www.visionapartments.com
Glandon Appartments – Rund 300 Wohnungen in Baden, Basel, Bern, Luzern, Solothurn und Zürich. Kunden können zwischen verschiedenen Preis- und Serviceklassen wählen. TV und WLAN sind inklusive. www.glandon-apartments.ch
Adagio – Die Kette ist international aktiv und hat in der Schweiz Angebote in Basel und Genf. Der Name Aparthotel lässt zu Recht darauf schliessen, dass hier auch einzelne Nächte im Angebot sind. www.adagio-city.com

apartmentservice.de – Rund 11 000 Apartments weltweit können über die Plattform gebucht werden.

«Im Gegensatz zum klassischen Hotel liegt der Fokus auf dem Wohnen», sagt Anett Grego­rius. Die Berliner Unternehmerin betreibt mit Boardinghouse Consulting ein Unternehmen, das auf die Beratung von Anbietern und die Vermittlung von Serviced Apartments spezialisiert ist. Auch auf dem Schweizer Markt kennt sie sich gut aus.

Einer der grösseren Anbieter hierzulande mit rund 700 Wohnungen in der Schweiz ist Vision­apartments. Gerade hat das Unternehmen sein neues Apartmenthaus am Bahnhof Gieshübel mit rund 200 Wohnungen eröffnet. Bei Visionapartments wird vor allem viel Wert auf Design gelegt, wie Alain Gozzer, Medienverantwortlicher bei Visonapartments, betont. Fünf unterschiedliche Design-Stile wurden im neuen Haus umgesetzt: «So findet sich wirklich für jeden Geschmack das Richtige», so Gozzer. Für ihn hält sich auch der Abstand zum Hotelkomfort in Grenzen. «Von einem Vier- bis Fünf-Sterne-Komfort darf man bei unseren Woh­nungen schon sprechen», sagt er. «In einem erstklassigen Hotel kostet die Übernachtung in einem kleinen Zimmer schnell mal 300 Franken pro Nacht. Im neuen Haus zahlen Kunden in der kleinsten Einheit 1900 Franken pro Monat.» Den ganzen Service, den ein Hotel bietet, habe man in einem Apartementhaus natürlich nicht. «Doch nur so können wir auch die entsprechenden Preise bieten.»

Lohnend ab vier Nächten

Mit rund 300 Wohnungen in Zürich, Luzern, Bern und Basel ist auch Glandon Apartments ein grösserer Player im Markt. «Wir haben mindestens 20 Einheiten pro Haus und können so auch für mehrere Mitarbeitende eines Unternehmens das gleiche Angebot unterbreiten», sagt Severin Glanzmann, CEO von Glandon. Im Gegensatz zu Vision können Kunden hier aus drei verschiedenen Standards auswählen: Basic, Business und Residence. Der Unterschied liegt vor allem in der Ausstattung der Wohnungen und der Häufigkeit der Reinigung. Bei Glandon Apartments können Kunden heute schon den ganze Mietprozess online abwickeln und mit Kreditkarte bezahlen.

Bevorzugt werden bei den meisten Anbietern im Moment Kunden, die langfristig bleiben. Einen Monat beträgt die gewünschte Mindest­aufenthaltszeit in der Regel. «Wenn wir nicht ausgebucht sind, vermieten wir aber auch wochenweise», so Alain Gozzer. «Nachfragen lohnt sich.» Im Schnitt bleiben seine Kunden drei Monate lang, zu 70 Prozent handelt es sich um Firmenkunden.

Für Anett Gegorius ist dieser lange fixe Mindestaufenthalt schweiztypisch: «Vor fünf Jahren war es in Deutschland noch genauso. Dann kam die Wirtschaftskrise und die Nachfrage brach ein. Jetzt vermieten die meisten Anbieter auch für kürzere Intervalle». Sie rechnet damit, dass auch in der Schweiz künftig lockerer mit der Mindestaufenthaltsdauer umgegangen wird. «Man sagt, dass es sich ab vier Nächten lohnt, ein Apartment anstelle eines Hotels zu buchen», weiss Gregorius. Bei kürzeren Aufenthalten könne man kaum von den Vorzügen eines Apartments profitieren.

Vergleiche noch schwierig

Für die Kunden ist es momentan schwer, die Qualität der Angebote zu vergleichen. Während es in Deutschland bereits eine Kategorisierung gibt, steckt die Schweiz hier noch in den Kinderschuhen. Das wird vor allem dann schwierig, wenn die Firmenpolicy vorgibt, dass ausschliesslich Vier-Sterne-Häuser gebucht werden. «Die Sterne-Kategorisierung eines Hotels lässt sich nicht ohne weiteres auf ein Apartmenthaus übertragen», sagt Anett Gregorius. Bei den Apartments wird auf ganz andere Dinge Wert gelegt: «Da geht es um die Raumgrösse, Staumöglichkeiten, einen  funktionalen Arbeitsplatz oder die Ausstattung der Küche.»

Im Moment hilft es hierzulande nur, bei der Buchung genau nachzufragen, welche Leistungen und welcher Ausstattungsstandard im Preis enthalten sind. Auch Empfehlungen auf den entsprechenden Bewertungsportalen können Aufschluss über die Qualität geben und die Entscheidung erleichtern.

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