Pausenverpflegung

Frisch gemacht

Darf es einmal eine Abwechslung zur Kantine oder zum Snack aus dem Automaten sein? Kleine Anbieter liefern Leckereien für das Znüni oder die Mittagspause direkt vors Büro – und manchmal bis an den Schreibtisch.

Um 8 Uhr morgens beginnt der Tag für Karin Lerchi und Oliver Fakler in der Küche einer Metzgerei in Zürich. Ihre Mission: die frisches-ten Sandwiches der Stadt. Ihr Name: «Home – Zürichs kleinster Sandwichladen». Wobei «Laden» im übertragenen Sinne zu verstehen ist: Bisher haben die beiden je einen Bauchladen. Die werden jeden Morgen mit den frisch belegten Sandwiches gefüllt und um spätestens 10.45 Uhr fahren sie los. «Wir sind jeden Tag in einem anderen Stadtteil. Bisher haben wir etwa 30 Büro-Stammkunden», berichtet Karin Lerchi. Gekleidet in 50er-Jahre-Klamotten, gehen sie in die Unternehmen und klappern dort die einzelnen Büros ab.  

Die hausgemachten Sandwiches nach eigenem Rezept kann man auch für das Catering bestellen. «Wenn wir in Büros auf Tour sind, kommen die Leute auch schon mal auf uns zu und buchen uns, damit wir Sitzungen oder Apéros beliefern. Demnächst eröffnen wir zusätzlich ein Bistro.» Das Unternehmen ist ein Start-up auf ganz kleiner Basis: «Wir wollten am Anfang nicht zu hohe Kredite aufnehmen, daher entstand die Idee, zunächst mobil zu bleiben.»  

Arbeitskollegen waren die beiden schon einmal, bevor sie sich im vergangenen Jahr selbstständig machten: Beide arbeiteten im Büro einer Entwicklungshilfe-Organisation. «Damals mussten wir jeden Mittag überlegen: Wo gehen wir heute zum Essen hin? Dabei ging oft eine Viertelstunde hops», erinnert sich Karin Lerchi. «Manche greifen dann zu einem Mikrowellen-Essen, das dann aber auch zehn Franken kostet und nicht gut ist.» Mit diesen Erfahrungen im Kopf entwickelten die beiden ihre Geschäftsidee: «Wir wollen etwas Gutes, Saisonales, Frisches machen, das schnell beim Kunden und auch erschwinglich ist.» 

«Früher kam alle sechs Monate etwas Neues, heute muss es alle drei Monate sein.»

Das Sandwichangebot wechselt regelmässig – jede Woche wird ein neues Sandwich eingeführt. Neue Rezepte bringen die beiden Sandwich-Maker auch schon einmal von Reisen mit. «Manchmal nehmen wir auch Wünsche von unseren Kunden auf, zum Beispiel ‹Macht doch mal was mit Avocado› oder ‹Wie wär’s mal mit einem Wrap?›» Eigentlich wollten sie zuerst nur vegetarische Sandwiches anbieten, «weil das ja ein Trend ist», sagt Karin Lerchi. «Dann hat sich aber schnell herausgestellt, dass die Sandwiches mit Fleisch viel gefragter sind.» Fleisch und Schinken holen sie sich von einem Zürcher Qualitätsmetzger und auch die anderen Zutaten kommen – wenn möglich – aus der Region. Was nach einer Tagestour übrig bleibt, wird direkt an karitative Einrichtungen gespendet. «Uns geht es nicht um den grossen Profit, sondern darum, dass es uns Spass macht», betont Karin Lerchi.

Fertig in 30 Sekunden

Einen Trend für die Mittagspause aus den USA sieht man auch immer häufiger in Schweizer Städten: den Foodtruck. Die Geschichte von «Kitchenette» begann mit Hollywood im Flugzeug. Rebekka Stutz und Lukas Fempel waren 2014 auf einem Ferientrip nach New York, als sie an Bord den Film «Kiss the Cook» sahen, in dem ein Starkoch mit einem Foodtruck ein neues Leben beginnt. «In New York haben wir uns dann auch die reichhaltige Foodtruck-Szene näher angesehen», erinnert sich Rebekka. Zurück zu Hause, waren sie von der Idee noch immer begeistert – und beschlossen, sie selbst umzusetzen, zusammen mit Reto Eberle, der mit Rebekka die Hotelfachschule besuchte und gelernter Koch ist. Aus einem umgestylten Citroën HY Bétaillère, Erstzulassung 1979, verkaufen sie seit Juni 2015 in Zürich – und neu auch in Bern – selbst kreierte Burger und Pommes Frites. 

Auch alle Saucen, bis hin zum Ketchup, sind selbst gemacht. Zwei bis drei verschiedene Burger stehen jeden Tag auf der Karte, der Topseller ist der Angus Burger. Ebenfalls beliebt ist der Pulled Chicken Burger. Für ihn werden geröstete Freiland-Poulets komplett in kleine Stücke gezupft, «damit die Poulets nicht nur für die Brüstchen geschlachtet werden». Überhaupt sind sämtliche Zutaten aus der Region – das Fleisch und die vom Bäcker handgeformten Brötchen überdies bio.

 

Die meisten Kantone vergeben keine öffentlichen Stellplätze an Foodtrucks, daher müssen sie Partner finden, auf deren Gelände sie parkieren dürfen. Kitchenette hat einen Vertrag mit SV Restaurant und fährt Plätze vor Unternehmen an, die SV-Kunden sind. «Anfangs haben wir viele Unternehmen angeschrieben, die uns alle abgesagt haben. Aber durch die vielen Streetfood-Festivals erfuhren Foodtrucks einen Popularitätsschub – jetzt bekommen auf einmal wir die Anfragen», schmunzelt Rebekka. Auch Kitchenette ist regelmässig bei Food-Events dabei. Und nicht nur das: Anfang August haben die Food-Trucker in Wettingen erstmals ihr eigenes Streetfood-Festival «eat urban» ausgerichtet.

Klassiker laufen gut

Im Gegensatz den vielen neuen Anbietern ist der «Znüni-Express» schon eine alteingesessene Institution. Mit 13 Verkaufswagen beliefert das Unternehmen mit Sitz in Dietikon täglich bis zu 2500 Hungrige im Grossraum Zürich und in Teilen des Aargaus. Geleitet wird das Unternehmen von Harriet und Dominik Leisibach. «Als wir den Znüni-Express vor 13 Jahren übernommen haben, haben wir das Angebot stark ausgeweitet», berichtet Harriet Leisibach. Neben Sandwiches, Salaten und Getränken machen sie den grössten Umsatz mit Backwaren wie Gipfeli, Schoggibrötli und Kuchen. 

Das Angebot wechselt regelmässig, aber mittlerweile muss es schneller gehen, hat sie beobachtet: «Früher kam alle sechs Monate etwas Neues, heute muss es alle drei Monate sein. Manche Klassiker gehen immer, zum Beispiel Schinken-Käse-Sandwiches, Buttergipfeli oder Apfel-Vanille-Kuchen. Cookies wiederum sind saisonal angelegt. Oder Muffins im Becher mit Deckel haben wir gerade wieder herausgenommen.» Die Sandwiches und Salate werden von der eigenen Produktionsfirma frisch in der Nacht vor der Auslieferung zubereitet, ausgefahren wird von 6.30 bis 10.30 Uhr. «Wir haben auch mal Mittagsfahrten ausprobiert, aber das lief nicht. Dafür decken sich viele bei uns auch gleich mit einem Mittagessen ein, zum Beispiel Hotdog oder Fleischkäse, und vielleicht noch einen Salat dazu.» 

Ob der Trend Richtung gesündere Ernährung geht? «Davon merken wir nichts», meint Harriet Leisibach. «Für ein Urdinkel-Vollkornbrötchen hätten wir vielleicht zwei Kunden. Auch wegen Lebensmittelunverträglichkeiten werden wir kaum angesprochen. Aber wer so etwas hat, wird sich vermutlich bei Spezialanbietern eindecken.» Das könne aber auch daran liegen, dass die Mehrzahl ihrer Kunden eher nicht Büroangestellte, sondern Industriearbeiter und Handwerker seien. Auf der anderen Seite fahre man aber auch zum Beispiel Werbeagenturen an. «Die sind sehr speziell: Da geht die Nachfrage von Salat ohne Dressing bis zu Schoggistängeli mit Red Bull dazu.» Allein unter den weiblichen Kunden könne man eine Tendenz zu gesünderem Essen ausmachen: «Bei ihnen sind auch die dunkleren Brotsorten und kleinere Sandwiches gefragt. Oder zwei teilen sich ein grosses.» 

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