Porträt

Ihre grösste Stärke: Ausdauer

Wenn Désirée Germann morgens um acht ins Büro kommt, ist sie bereits drei ­Kilometer geschwommen und hat die Trainingssachen dabei, um sich am Abend noch aufs ­Fahrrad zu schwingen oder 15 Kilometer zu laufen. Dazwischen erledigt sie alle Auf­gaben, die als Executive Assistant bei der Noser Management AG anfallen – mit einem beeindruckend ruhigen Puls.

Eine Minute hat gefehlt. Eine Minute, und Désirée Germann wäre in Hawaii am Triathlon-Wettkampf Ironman 2018 auf dem Podest gelandet. Wären nur die anfänglichen kleinen Rangeleien mit den Konkurrentinnen im Wasser nicht gewesen, hätte sie doch bei dem einen Hang noch stärker in die Pedale getreten und während der Laufkrise bei Kilometer 30 doch mehr Gas gegeben ... Sie weiss im Nachhinein, wo das Potenzial gewesen wäre. Sie erinnert sich an die Details. Aber sich deswegen zermürben? Nein. Eher denkt sie schon an die nächste Chance. «Wenn ich mich wieder qualifiziere, schaffe ich vielleicht mit 40 Jahren meine Bestzeit», sagt sie und strahlt. Sie ist zufrieden mit ihrer Leistung. Kein Wunder: Mit 10 Stunden, 3 Minuten und 47 Sekunden hat sie es in ihrer Alterskategorie auf den sechsten Platz geschafft (am Ironman gibt es fünf Podestplätze); von 600 Teilnehmerinnen kam sie als 35. ans Ziel.

«Crazy? Vielleicht ein bisschen.»

Nur wenige Wochen später sitzt die 37-Jährige völlig entspannt in einem Sitzungszimmer der Noser Management AG in Zürich-Altstetten, wo sie unter anderem als Executive Assistant von Ruedi Noser arbeitet. «Wir sind die Muttergesellschaft und das Dienstleistungsunternehmen für die sieben Firmen der Noser Group», erklärt sie die Unternehmensstruktur. «Zwar arbeiten alle Unternehmen sehr selbständig, aber wir haben hier eine Human-Resources-Abteilung sowie Rechtsexperten und machen beispielsweise das Controlling.» Die Noser Group zählt zu den führenden Anbietern von Informations- und Kommunika­tionstechnik sowie entsprechenden Dienst­leis­tungen in der Schweiz und beschäftigt insgesamt 500 Mitarbeitende. Ruedi Noser, Inhaber der Gruppe sowie Verwaltungsrat der Noser Management AG, ist vor allem auch durch sein politisches Engagement in der FDP bekannt. Seit 2015 vertritt er den Kanton Zürich als Ständerat. «Ich bin aber ausschliesslich in seiner Funktion für Noser Management und die Noser Group für ihn tätig», erklärt Germann. Eine ganz klassische Assistenzstelle sei das trotzdem nicht, meint sie lachend.

Arbeiten von überall aus

Désirée Germann ist zwar Assistentin von Ruedi Noser, gleichzeitig aber auch Ansprechperson und Verstärkung für Teams sowie einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. «Ich unterstütze zum Beispiel die Sekretärin des Verwaltungsrats der Gruppe, übernehme einzelne HR-Aufgaben und packe an, wo Hilfe nötig ist.» Das entspreche sicher ihrem Naturell, sie habe definitiv ein ausgeprägtes «Dienstleister-Gen», aber es liege auch an den flexiblen Strukturen des Unternehmens: «Ich habe vorher in einem Grossbetrieb gearbeitet und schätze es sehr, heute in einer Firma tätig zu sein, in der ein KMU-Geist weht. Wer kann, packt an, alle die wollen, können sich einbringen.»

 

Diese Flexibilität ermöglicht es der Sportlerin auch, ihre zehn bis zwanzig Trainingsstunden pro Woche unterzubringen, oder eben am Ironman Hawaii teilzunehmen. Mit Akklimatisierung und Ferien war sie insgesamt vier Wochen auf der Insel – ohne Stellvertretung im Büro. «Ich habe jeden Tag ein paar Stunden gearbeitet. Wichtige Dokumente, die per Post kamen, hat mir unsere Lernende eingescannt und per Mail geschickt.» Ihr Chef sei auch nicht oft an seinem Arbeitsplatz. «Wir arbeiten sehr ortsunabhängig. Wenn er unterwegs ist, machen wir Besprechungen auch einmal in einem Café am Bahnhof», erzählt Germann. Sie führt seine Agenda, zudem war sie bis vor kurzem stark mit dem Umzug der Noser Management AG beschäftigt. «Ich war schon bei der Suche nach den Räumlichkeiten involviert.» Am Umzug selbst hat sie Kisten geschleppt und als erstes dafür gesorgt, dass die Kaffeemaschine wieder läuft.

Ausser Dienst

Das würde ich gerne lernen: Besser zu schwimmen (lacht). Und Computerprogramme schreiben. 
Das kann ich nicht gut: Singen und Zeichnen.
Das bringt mich zum Lachen: Ich bin grundsätzlich ein fröhlicher Mensch und versuche, eine gute -Stimmung zu verbreiten.
Das bereitet mir Sorgen: Mit wie wenig Achtsamkeit viele Menschen mit der Umwelt umgehen. Ich hoffe und glaube, dass die junge Generation da sensibler ist.
Darüber ärgere ich mich: Wenn Menschen zu vieles als selbst-verständlich hinnehmen und über Leute, die ständig jammern. 
Diese Person würde ich gerne zu einem ein Nachtessen treffen: Einen erfolgreichen Triathleten wie Jan Frodeno.

 

Zum Jubiläum eine Kreuzfahrt

Ebenfalls sehr positiv in Erinnerung geblieben ist der Assistentin die Mitarbeit am Jubiläums­event vor einem Jahr. «Wir haben eine einwöchige Kreuzfahrt mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern inklusive Begleitung gemacht. Die Route führte von Italien über Kroatien nach Griechenland, wir waren rund 1000 Personen und hatten die Costa Neo Classica für uns alleine.» An Bord gab es Workshops und Seminare, der persönliche Austausch und Networking waren aber ebenso wichtig. Zweimal im Jahr organisiert Germann die sogenannten Management-Wochen mit allen CEOs und VRs der Noser-Unternehmen: «Ich bin überall dabei, schreibe die Protokolle und organisiere Rahmenprogramme. Der Einblick in unsere verschiedenen Firmen macht meine Arbeit spannend.» Auch Mitarbeiteranlässe stehen regelmässig auf ihrer Agenda. «Ich bin sehr kontaktfreudig, darum passen solche Aufgaben perfekt zu mir.» Zudem, ist sich Germann sicher, profitiert sie in ihrem Job vom Sport. «Zum einen, weil ich auch mein Privatleben sehr gut organisieren muss. Zum anderen lernt man im täglichen Training und bei Wettkämpfen, durchzubeissen, mentale Stärke aufzubauen und mit Druck umzugehen. Es braucht sehr viel, um mich aus der Ruhe zu bringen.»

Training mit dem Liebsten

Dabei ist Désirée Germann eher zufällig zum Triathlon gekommen. Sie habe sich schon immer sehr gerne und viel bewegt. Triathlon findet sie toll, weil es abwechslungsreich sei. 2010 startete sie an ihrem ersten Halbironman, heute hat sie einen eigenen Trainer. Der Sport sei mehr als ein Hobby. «Er gehört zu mir.» Auch mit ihrem Freund, einem ambitionierten Radfahrer, trainiert sie oft. «Es kommt vor, dass wir in den Ferien mit dem Rad drei Pässe an einem Tag fahren. Wir sind nicht die Typen für Strandferien.» Im Büro verfolgen die Kollegen ihre Sportkarriere. Über ihr gutes Ergebnis am Ironman Hawaii gibt es einen Artikel auf der Website der Noser Group. «Crazy Desi erzielt den 6. Platz am Ironman» heisst es dort. «Crazy? Vielleicht ein bisschen», lacht Désirée Germann. 

Zur Person

Désirée Germann ist in Aesch im Kanton Basel-Landschaft aufgewachsen. Nach der Matura reizte sie ein Sportstudium, sie entschied sich aber für die Hotelfachschule Luzern. Nach der Ausbildung arbeitete sie zuerst als Assistentin bei einer Firma für Gemeinschaftsgastronomie, danach wechselte sie als Management-Assistentin zur Firma Ricoh. Zwei Jahre lang war sie für Sulzer als Assistentin eines Divisionsleiters tätig, bevor sie im September 2016 zur Noser Management AG wechselte. Die 37-Jährige hat einen MAS in Kommunikation sowie einen CAS in Event Management und lebt mit ihrem Partner in Zürich.

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