Interne Kommunikation

Im Zweifelsfall das Blackboard

In einem Unternehmen kann man nicht nicht kommunizieren. Assistentinnen tragen dabei in ihrer Rolle zwischen Chef und Mitarbeitenden wesentlich zur internen Kommunikation bei, auch wenn das nicht ihre offizielle Aufgabe ist, sagt Kommunikationsexperte Daniel Ambühl. Ein Gespräch über professionelles Reden und Schreiben.

Herr Ambühl, kennen Sie viele Assistentinnen, die auch für die interne Kommunikation zuständig sind?
Daniel Ambühl: Ja! Denn jede Assistentin macht aufgrund ihres Berufsprofils interne Kommunikation, auch wenn das nicht ihre offizielle Aufgabe ist. Unter interner Kommunikation ist jegliche Kommunikation innerhalb eines Unternehmens zu verstehen. Und da sind Assistentinnen in ihrer Vermittlerfunktion zwischen Chef und Team sowie als Ansprechperson für beide Seiten stark involviert.

Bräuchte es dafür eine Ausbildung?
Es schadet sicher nicht, die Grundlagen der internen Kommunikation zu kennen. Aber es erfordert vor allem auch eine gefestigte Persönlichkeit und Standhaftigkeit. 

Was würden Sie denn als die Grundlagen der internen Kommunikation bezeichnen?
Sehr wichtig ist das Know-how dafür, wie man betriebsjournalistische Texte schreibt. Dabei geht es vor allem darum, die Aufmerksamkeit des Lesers zu bekommen, indem man ihn abholt und in den Text hineinzieht. Für langweilige Artikel hat heute keiner mehr die Nerven und die Zeit. Neben diesem fachlichen Wissen geht es auch um das Verständnis der internen Kommunikation mit all ihren Facetten und  Möglichkeiten. Kommunikation ist nie nur eine Weitergabe von Informationen und sie erfolgt nie nur einseitig. Es geht darum, innerhalb einer Firma einen Gemeinschaftssinn herzustellen, zu motivieren, zu informieren, eine Anlaufstelle für Fragen und eine Plattform für Austausch zu sein, es geht um Wissensmanagement und schliesslich auch um Effizienz und Effektivität.

Welchen Fehlern begegnen Sie häufig in der internen Kommunikation?
Zu oft wird sehr einseitig einfach Information weitergegeben, anstatt einen Austausch entstehen zu lassen. Wir nennen das den Push&Pull-Effekt: Die Verantwortlichen für interne Kommunikation sollten nicht einfach Inhalte verbreiten, sondern auch Plattformen und Möglichkeiten für Feedback, Fragen und Anregungen schaffen. Nur so entsteht eine wirkliche Kommunikation. Das erfordert  aber nicht nur technische Möglichkeiten, sondern auch eine gewisse Kultur im Unternehmen. Und auch das kann die interne Kommunikation fördern. 

Wie fördert man denn eine Unternehmenskultur durch Kommunikation?
Indem man zum Beispiel in der Unternehmenssprache spricht, indem nicht immer nur die Chefs zu Wort kommen, indem ehrlich und offen kommuniziert wird, indem das Kader authentisch auftritt und nicht nur Raum für Mitsprache entsteht, sondern auch deutlich wird, dass Feedback und Kommentare ausdrücklich erwünscht sind.

Mit welchen Herausforderungen ist die interne Kommunikation sonst noch konfrontiert?
Wie in anderen Bereichen auch ist der Kostendruck zurzeit sehr hoch. Mit weniger Geld und weniger Mitarbeitern soll mehr geleistet werden. Dabei geht die Komplexität der Aufgabe oft etwas vergessen.

Wie steht es mit der Überbringung von negativen Nachrichten? Was gilt es da zu beachten?
Auch hier spielt es eine wesentliche Rolle, dass man klar, ehrlich und möglichst rasch kommuniziert. Zudem können Sie es vergessen, in Krisen auf Kanäle zurückzugreifen, die nicht etabliert sind. Notfallszenarien müssen also sehr gut durchdacht und im besten Fall erprobt sein.  Alles, was im Alltag nicht eingespielt und untypisch ist, funktioniert in Krisen sowieso nicht. Negative Nachrichten erfordern darum in diesem Sinne nicht spezielle Massnahmen, sondern ein gut funktionierendes Kommunikationssystem als Basis. 

Sie sprechen die verschiedenen Kommunikationskanäle an. Die Möglichkeiten, sich mitzuteilen, sind mit den elektronischen Medien stark gestiegen. Ist das ein Segen oder ein Fluch?
Es kann beides sein. Einerseits erwachsen aus den neuen Kommunikationsmitteln enorme Chancen. Ich denke dabei zum Bei-spiel an die Möglichkeiten, Mitarbeiter anhand von Kommentarspalten und Ähnlichem zu einem Diskurs und Feedback anzuregen. Firmen, die dieses Prinzip verstanden haben, gehen frei und offen mit solchen Rückmeldungen um. Hier haben Social Media in die interne Kommunikation Einzug gehalten. Wenn Verantwortungsträger aber denken, durch elektronische Kommunikation könnten auf der internen Kommunikation Mitarbeiter und Aufwand gespart werden, weil sie schnell und kurz ist, täuschen sie sich.

Wie steht es mit der klassischen Mitarbeiterzeitung und Printprodukten? Verschwinden die in der Online-Wolke?
Auf keinen Fall. Gedrucktes ist nach wie vor am effektivsten. Eine gut gemachte Mitarbeiterzeitung hat über 100 Prozent Reichweite, weil sie aus dem Unternehmen herausgetragen wird. Sie ist physisch fassbar, fällt einem im Stapel auf dem Tisch immer wieder einmal in die Hände. Vor der Tiefe von elektronischer Kommunikation graut es einem doch. Die Fülle ist enorm und schnell verschwindet eine Nachricht im grossen Ganzen. Im Zweifelsfall funktionieren Klassiker wie Blackboards immer noch am besten. Prominent platziert, erreichen sie auf sehr unkomplizierte Weise die meisten Mitarbeiter.

Push&Pull-Kommunikation: Suchen statt warten

Push & Pull steht in der Kommunikation vereinfacht gesagt für das Bring- und Holprinzip und die Richtung des Kommunikationsflusses. Wenn Informationen vom Sender verschickt werden, spricht man vom Push-Prinzip. Sucht sich ein Empfänger seine Informationen selbst, entspricht das dem Pull-Prinzip. Typische Push-Medien sind gedruckte Zeitungen, Radio und auch das klassische Fernsehen. Pull-Medien hingegen funktionieren wesentlich interaktiver, das beste Beispiel ist das Internet mit Google und Co. Nutzer suchen sich dort ihre Informationen selbst zusammen oder fordern sie an. Auch die Sozialen Medien ermöglichen eine viel stärkere Pull-Kommunikation. Via Twitter und Facebook beispielsweise stellen sich Nutzer ihr persönliches News-Netz zusammen. Sie wählen aus, welchen Freunden oder Experten sie folgen, um an Informationen zu gelangen. 

Betriebsjournalistische Texte: Schreiben für den Leser

Das betriebsjournalistische Texten bezeichnet in der internen Kommunikation den journalistischen Anspruch, echte Daten und Informationen weiterzugeben. Das Gegenteil davon wäre PR-Arbeit, die versucht, etwas gut darzustellen, vom Kern eines Problems abzulenken, Verschleierungstaktiken anwendet, sich hinter einer unpräzisen Sprache versteckt und auch intern vor allem Werbung für die eigene Sache macht, ohne auf die negativen Seiten einzugehen. Die Sprache ist dabei zentral, lässt sich aber nicht verallgemeinernd erklären. Vielmehr muss sie zielgruppengerecht sein. In einem Pharma-Unternehmen beispielsweise, wo interne Publikationen vor allem von Wissenschaftlern gelesen werden, muss auch ein gewisses inhaltliches und sprachliches Niveau geboten werden. Gute Texte sind vom Thema her nahe beim Leser, holen ihn ab, ziehen ihn in den Artikel hinein. Gute interne Kommunikation überzeugt inhaltlich, sprachlich und durch ausgewählte Dokumentation, beispielsweise mit passendem Bildmaterial. Zudem wird sie crossmedial, also über verschiedene papierene und elektronische, ja sogar persönliche Kanäle, verbreitet.

Schlechte Nachrichten überbringen: Klug vorausdenken

Das Wichtigste beim Überbringen von schlechten Nachrichten ist es, sorgfältig und sauber Klartext zu sprechen. Sprechen im Besonderen, weil negative Botschaften immer besser mündlich überbracht werden sollten. Ökonomische und juristische Überlegungen können noch so einleuchtend sein, wenn die Konsequenzen für Menschen (und das können ja wiederum Ökonomen und Juristen sein) ungute Gefühle erzeugen, dann ist Widerstand vorprogrammiert. Auch hier haben rhetorische und «reinwaschende» Aussagen nichts verloren. Gute Führung in solchen Situationen verlangt, dass Fakten kurz, klar und der Situation angepasst vermittelt werden. Wahrhaftigkeit und Authentizität sind die Eckwerte. Das schliesst mit ein, dass eigene Fehler zugegeben werden, nichts beschönigt wird, der Respekt nicht verloren geht, auch wenn die Diskussion hektisch wird. Auch in solchen Situationen handelt es sich immer um ein Geben und Nehmen. Das heisst: Wer eine schlechte Nachricht überbringt, muss auf die Gegenseite eingehen und ihr zuhören. Zudem sollte sich der Übermittler von schlechten Nachrichten bewusst sein, was im Kopf seines Gegenübers passiert, und Vorschläge vorbringen, die dieser mit seinem Selbstverständnis verkraften kann.

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