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Echte Begegnungen und Beziehungen sind unersetzbar

Virtuelle Treffen erfüllen ihren Zweck, wenn Menschen einfache Fragen klären müssen. Um Lösungen für umfassendere Problemstellungen zu finden, braucht es den persönlichen Austausch auf Augenhöhe. Die Assistenz spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, gelungene Begegnungen bei Meetings zu organisieren, aus denen Beziehungen hervorgehen.

Kongresse waren laut dem deutschen Soziologen Gerhard Schulze ursprünglich Orte des gemeinsamen Denkens, Kommentierens und Diskutierens. Diese Aussage bei einer Veranstaltung der ­Forschungsplattform «micelab:bodensee» im Jahr 2013 hat mich tief geprägt – und in meiner Beobachtung bestätigt: Es werden nur Formate überleben, die sinnstiftende Begegnungen mit einem klaren Mehrwert für die Teilnehmenden, die Veranstaltenden und die Region schaffen.

Menschliche Intuition ist unersetzbar

Die Rückbesinnung auf den Wert echter menschlicher Begegnungen und der Einfluss der künstlichen Intelligenz (KI) auf die MICE-Branche (Meeting, Incentive, Congress, Events) bieten jedoch grosse Chancen. Wolf Lotter, Autor mit den Schwerpunkten ­Transformation und Innovation, betont in seinem Buch «Echt. Der Wert der Einzigartigkeit in einer Welt der Kopien», wie unersetzbar echte, spürbare Begegnungen sind. Die digitale Transformation und der Einsatz von KI bieten zwar umfangreiche Möglichkeiten, Informationen zu sammeln und zu analysieren, doch die Interpretation dieser Daten und gewonnenen Erkenntnisse in einem lokalen, unternehmerischen oder persönlichen Kontext erfordert menschliche Intuition und Erfahrung. Sie sind unverzichtbar.

Künstliche Intelligenz schürt bei vielen Menschen Ängste. Dabei erleichtert sie unsere Arbeit nicht nur, sie wertet sie auf, indem sie uns für andere Aufgaben freispielt. Beispielsweise für die Organisation gelungener lebendiger Seminare, Klausuren, Tagungen, Kongresse, Messen oder Kundenveranstaltungen. Es braucht nur etwas Mut, die gewohnte, meist zeitraubende und ergebnislose Meetingkultur zu überwinden und persönliche Treffen schrittweise anders zu gestalten. Assistenzen sitzen hier am Hebel, denn sie sind es, die Empathie und Intuition täglich praktizieren.

Kleine Schritte mit grosser Wirkung

Ein Veranstaltungsprogramm ist dank KI rasch erledigt. Mit ein paar Stichwörtern gefüttert, schreibt ChatGPT innert Sekunden den Ablauf für ein vierstündiges Meeting zur Kreislaufwirtschaft. Die Assistenz hat Wichtigeres zu tun: konkrete Bedürfnisse von Kundinnen und Kunden, Stakeholdern, Partnerinnen und Partnern oder Mitarbeitenden abzufragen. Und das Wissen, wie diese «ticken», an Moderatorinnen und Moderatoren sowie Chefinnen und Chefs weiterzugeben. Assistenzen sind Gastgebende, kuratieren eine Veranstaltung und übernehmen Verantwortung für das, was im Meeting passiert. Sie sorgen dafür, dass sich Menschen wohlfühlen, ein angenehmes Raumklima herrscht und es ausreichend Pausen, leichtes Essen und – ernsthaft – guten Kaffee gibt. Sie sind Gastgeberinnen und Gastgeber durch und durch. 

Assistenzen müssen nicht alles Bisherige über Bord werfen. Ein anderer Raum, ein kreativer Icebreaker, ein neues Catering und eine frische Moderation reichen für den Anfang. Der Assistenzjob ist ein verantwortungsvoller und kreativer, wenn man etwas bewegen will – und er hat Zukunft. Assistentinnen und Assistenten planen ein hochwertiges Meeting mit Mehrwert für alle Teilnehmenden und streichen die restlichen aus dem Kalender. Ihre Aufgabe ist nicht, grosse Themen zu führen, sondern sie in Treffen erfahrbar zu machen. Sie schaffen die passende Atmosphäre für gute Begegnungen, indem sie auf menschliche Stärken setzen und auf ein interdisziplinäres Netzwerk zurückgreifen. Es gibt viele gute Eventplaner, Moderatorinnen, Innenausstatter und Caterer – Assistenzen müssen nicht alles selbst können.

Auf Erfahrungen aufbauen

Assistenzen können das Bewusstsein für echte Begegnungen bei Entscheidungstragenden fördern. Sie sollten deshalb die Zeit nutzen, die Ihnen mithilfe von KI-Tools zunehmend zur Verfügung steht, um eine Atmosphäre für gute Gespräche zu schaffen. Das beginnt beim Bewusstsein der eigenen Rolle als Gastgebende bis hin zur Ansprechperson auf Augenhöhe gegenüber den Partnerinnen und Partnern von Locations. Sie können die Partner fordern und fördern, um gemeinsam eine gelungene Veranstaltung abzuhalten. Dabei kann man klein anfangen und die Entscheidungstragenden spüren lassen, was man selbst unter einer guten Begegnung versteht. Es ist ratsam, auf gewonnenen Erfahrungen aufzubauen und Verantwortung dafür zu übernehmen, dass aus Begegnungen echte Beziehungen werden. 

Kongresse und Meetings sollen nicht nur Wissen vermitteln, sondern zum Handeln anregen. Sie sollten sich auf die komplexen Fragestellungen konzentrieren. Bei gelungenen Formaten konsumieren Teilnehmende nicht nur Informationen, sie gestalten sie aktiv. Veranstaltungen bieten eine Plattform für echten Austausch, kollaborative Problemlösung und echte Veränderung. Wir brauchen keine weiteren Meetings oder Kongresse, weil wir sie so gerne organisieren, sondern, um reale Probleme zu lösen.

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Urs Treuthardt ist Gründer und Inhaber der Agentur «occursus», welche auf die Projektentwicklung sinnstiftender Begegnungen spezialisiert ist. Er arbeitet zudem mit einem internationalen, interdisziplinären Partnernetzwerk zusammen.
occursus.eu 

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