Porträt

Kompetent im Wandel

Anja Wright hat mehr als einen Neuanfang gewagt. Beruflich war sie in fünf Ländern tätig, jobmässig hat sie sich zweimal umorientiert. Heute, als Executive Assistant mit Projektverantwortung bei Olympus Schweiz, begleitet sie das Team im digitalen Wandel.

Anja Wright macht nicht den Eindruck einer Person, die pessimistisch in die Zukunft blickt. Ein gewinnendes Lächeln, eine herzliche Begrüssung, eine offene, interessierte Art. Und doch sagt sie das Ende der klassischen Assistenz voraus. «So wie wir den Beruf kennen, wird es ihn in Zukunft nicht mehr geben», ist sie sich sicher. Sie, die sich erst mit 40 Jahren bewusst für diesen Job entschieden hat und an diesem Tag als Geschäftsleitungsassistentin durch die modernen Büros von Olympus in Wallisellen führt, weiht ihn dem Untergang? «Das Jobprofil verändert sich stark. Vielleicht ist eine neue Berufsbezeichnung nötig.» Denn auch wenn es die klassischen Aufgabenbereiche nicht mehr gibt, braucht es jemanden, der die Rolle einer Assistentin übernimmt, ist Anja Wright überzeugt. «Und damit meine ich vor allem eine Person, die dem Chef den Rücken für strategische Themen freihält, die Prozesse im Unternehmen versteht und dafür sorgt, dass sie im Fluss sind, und die einen guten Draht zum Team und zur Chefetage hat.»

Die Transformation sieht Wright darin, wie eine Assistentin diese Aufgaben in Zukunft löst. «Vieles nimmt uns die Technologie ab oder macht es wesentlich einfacher. Mit dem grossen Vorteil, dass Assistentinnen mehr Zeit für andere, spannendere Aufgaben bleibt. Das bereichert unser Jobprofil und bietet eine grosse Chance!» Nichts von Pessimismus also.

Persönlich

Das wollte ich als Kind werden

Balletttänzerin

Das hat mich geprägt

Meine Auslandaufenthalte in Asien und Neuseeland

Da muss ich lachen

Wenn etwas aus der Situation heraus einfach komisch ist. Und ich liebe ­trockenen Humor.

Darüber ärgere ich mich

Engstirnigkeit und ein respektloser ­Umgang mit Mitmenschen

Dafür habe ich einmal viel Mut gebraucht

Mit Anfang 20 gegen den Willen meiner Eltern und den Rat von Freunden nach Peking zu ziehen

Das möchte ich gerne lernen

Aquarell-Malerei

Diese Person würde ich gerne kennenlernen

Sir Richard Branson. Er hat einen faszinierenden Lebensweg, ist bei allem ­Erfolg gefühlt nahbar und bescheiden geblieben. Seine Zitate sind inspirierend.

Digitalisierungsprojekte

Ihre Stelle bei Olympus Schweiz hat Anja Wright im März 2019 angetreten. Als Executive Assistant des Country-Managers mit Projektverantwortung ist sie für die interne Kommunikation verantwortlich, führt das Front-Office-Team und übernimmt leitende Funktionen in IT- und Digitalisierungsprojekten. «Aktuell geht es vor allem um die Umstellung auf Microsoft 365 und das cloudbasierte Arbeiten», fasst sie zusammen. Wright gibt Schulungen und Workshops im DACH-Raum und ist eine Ansprechperson bei Problemen und Sorgen rund um die Digitalisierung im Unternehmen. «Meine Bereiche sind vor allem die Kommunikation, die Koordination von Trainings und der Knowledge-Transfer.» Themen, die Anja Wright liegen. Es geht neben der Vermittlung von technischem Wissen um Fragen wie: Wie nehmen wir alle mit? Wie können wir Unmut auflösen? Wo können wir unterstützen? «Es hilft zum Beispiel sehr, wenn die nächsten Projektschritte jeweils angekündigt werden, Neues in kleine, gut verdaubare Einheiten gegliedert wird und man Ängste und Sorgen wahrnimmt und nicht verneint», sagt Wright. Und doch beschönigt sie nicht: «Change ist zuerst einmal vor allem eines: unglaublich anstrengend.»

«Change ist zuerst einmal vor allem eines: unglaublich anstrengend.»

Vom Bodensee nach Peking

Veränderung, Wandel und Neuanfänge begleiten Wright schon ihr Leben lang. Man könnte sagen, sie ist eine Art Change-Expertin. Mit Anfang zwanzig, damals in der Reisebranche tätig, hat sie ihre Koffer gepackt und ist von ihrer idyllischen Heimat am Bodensee nach Peking gezogen, um dort für DER Touristik als Reiseleiterin zu arbeiten. «Das war Anfang der 1990er-Jahre und China war zu jener Zeit noch sehr geschlossen und stark kommunistisch geprägt. «Es war faszinierend für mich, in eine so komplett fremde Kultur einzutauchen und ein ganz anderes Leben kennenzulernen.» In Peking traf sie auch ihren zukünftigen Mann, mit dem sie drei Jahre später nach Jakarta weiterzog. Danach lebten und arbeiteten die beiden mehr als vier Jahre in Seoul, Südkorea. Mit der Geburt ihres Sohnes siedelte die junge Familie nach Neuseeland um. «Der Wechsel von der 9-Millionen-Metropole Seoul in ein 3000-Seelen-Dorf auf der Nordinsel Neuseelands war ein richtiger Kulturschock», erinnert sich Wright. Aber auch dort lebte sie sich schnell ein und liess sich von Land und Leuten inspirieren. «Die Neuseeländer waren uns Europäern in Sachen Sport, Gesundheit und Wohlbefinden weit voraus. Das hat mich begeistert und ich habe eine Ausbildung zur Fitnesstrainerin und zum Coach absolviert und als Personal Trainer gearbeitet.» Dieser Schritt habe ihr Zeit für die Familie eingeräumt und viel Lebensfreude geschenkt. «Was ich damals gelernt habe, hilft mir heute noch dabei, gesund zu bleiben.»

Nach insgesamt 15 Jahren im Ausland zog es Anja Wright 2007 zurück an den Bodensee, nach Kreuzlingen. Sie gab ihre Selbstständigkeit auf und stieg bei Tamedia ein – als Assistentin. «Der Beruf hat mich schon immer gereizt. Ich mag es, zu strukturieren, unternehmerisch zu denken und trotzdem aus dem Hintergrund zu agieren.» Bei Tamedia kam sie zum ersten Mal mit den Themen digitaler Wandel am Arbeitsplatz und Change Management in Kontakt. «Das Thema Digitalisierung hat mich sofort gepackt und seither nicht mehr losgelassen.» Es liege in ihrem Naturell, sagt sie, sich ständig Neuem anzunehmen und mit einer für Veränderung offenen Haltung durchs Leben zu gehen.

Change als persönliche Chance

Trotzdem versteht Anja Wright, dass die Digitalisierung und das enorme Tempo von Veränderungen Angst machen können. «Das muss man sich unbedingt auch eingestehen. Dass es einem manchmal zu schnell geht, dass man zeitweise nicht an eine Verbesserung glaubt und sich fühlt, als würde man von all den neuen Tools und Programmen überrollt.» Ihr Tipp für den Umgang mit solchen Situationen: «Ich hole mir immer die Tools zuerst, die mir im Alltag konkret helfen. Nicht alle auf einmal.» Falls Fragen auftauchen würden, helfe oft schon Youtube weiter.

Noch mehr Unsicherheit als die Technik selbst löst manchmal die neue Art der Zusammenarbeit aus. «Es entspricht zum Beispiel nicht unserer Berufskultur oder Mentalität, ein halbfertiges Dokument für die gemeinsame Bearbeitung freizugeben. Obwohl es viel effizienter ist.» Ein weiteres Beispiel ist das Teilen von Wissen. Assistentinnen komme hier in der Kommunikation eine wichtige Rolle zu. «Heute stellt sich vermehrt die Frage, was ich über welchen Kanal wann und mit wem schnellstmöglich teile. Assistentinnen wissen gut, welche Themen vertraulich sind oder besser noch nicht kommuniziert werden. Sie schaffen Struktur und Leitplanken.» Wright sieht die Zukunft der Assistentinnen als Sparringpartner mit Businessverständnis für den Chef.

Ihr Credo: «Ich finde es wichtig, offen zu bleiben und sich auch persönlich zu fragen, wie man den Change nutzen kann, um sein eigenes Dossier zu erweitern. Wir können Einfluss darauf nehmen, wie wir Veränderung leben.» Es sei ein sehr guter Zeitpunkt, um ein Standbein für die Zukunft aufzubauen, findet Anja Wright. «Jeder hat sein Alleinstellungsmerkmal. Dieses gilt es zu kennen und zu stärken, dann ist man auch für die Assistenz der Zukunft gerüstet.»

Anja Wright

ist 1970 in Deutschland geboren und in Überlingen am Bodensee aufgewachsen. Nach einer Lehre zur Reisekauffrau ging sie mit 22 Jahren für das Reiseunternehmen DER Touris­tik nach Peking, ins damals noch sehr geschlossene China. Es folgten verschiedene Aufenthalte in Asien und Neuseeland, insgesamt lebte Wright 15 Jahre im Ausland. Nach der Geburt ihres Sohnes sattelte sie um und wurde selbständige Personal-Trainerin und Gesundheits-Coach. 2007 zog sie nach Kreuzlingen und bildete sich bald als Direktionsassistentin weiter. Seit März 2019 ist sie in dieser Funktion mit Projektverantwortung für Olympus Schweiz in Wallisellen tätig. Anja Wright hat 2020 einen CAS in Digital Marketing absolviert.

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