Premium Icon Empathie und Co.

In Konfliktsituationen souverän kommunizieren

Wer auf der Autobahn unterwegs ist, kennt das: unterschiedliche Menschen, unterschiedliche Fahrstile. Doch sobald der Druck steigt, wird jede Reibung zum Brennglas für Emotionen. Dann knallt es. Nicht nur auf der Strasse. Auch im Büro können Konflikte binnen Sekunden eskalieren. Besonders, wenn unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen und die Kommunikation kippt.

Die energiegeladene Kreativkraft prallt auf den pingeligen Mikromanager, die gewissenhafte Assistentin fühlt sich von der Chefin überfahren, die nur noch effizient sein will, ehe das nächste Meeting und die Familienzeit anstehen. Es kocht hoch, innerlich wie äusserlich. Doch keine Panik: Mit den richtigen Tools können wir solche Konfliktbomben entschärfen, und zwar souverän und effektiv.

Wir ticken alle anders, und das ist gut so 

Was wir oft vergessen: Nicht alle sehen die Welt durch unsere Brille. Herkunft, Erfahrungen, Alter, Geschlecht, Ausbildung, Charakter: All das färbt unsere Wahrnehmung und unser Verhalten. Vom realistisch-pessimistischen Zweifler bis zur idealistisch-utopischen Visionärin. Wir alle bringen unterschiedliche Anteile mit. Und diese Vielfalt spiegelt sich nicht nur in unserem Umfeld wider, sondern auch in uns selbst: Dein inneres Team aus Kritikerin, Faulpelz, Visionärin und Co. kommuniziert ständig miteinander und manchmal eben auch gegeneinander.

«Was mich trifft, das betrifft mich.» Dieses Zitat bringt es auf den Punkt. Der erste Schritt für gelingende Kommunikation ist nämlich Bewusstsein: Wer bin ich? Welche inneren Stimmen prägen mich? Und vor allem: Wie reagiere ich, wenn es emotional wird? Denn wir können andere nicht ändern, sehr wohl aber unsere eigene Reaktion.

Der Joystick liegt bei jedem und jeder einzelnen 

Wenn uns jemand beschimpft, muss man nicht zurückschimpfen. Jeder und jede hat die Wahl; wir sind die Pilotinnen und Piloten unseres eigenen Flugzeugs. Klar, das ist leichter gesagt als getan. Aber: Konflikte beginnen oft in uns selbst. Was genau trifft mich? Warum fühle ich mich unfair behandelt? Was löst das in mir aus? Wenn wir uns diese Fragen ehrlich stellen, verstehen wir unsere Gefühle besser und können sie in klare Bedürfnisse und Bitten übersetzen.

1. Emotion vor Problem 

Wer seine Emotionen nicht im Griff hat, wird von ihnen beherrscht. Ist das emotionale Fass voll, schaltet unser Stammhirn in den Überlebensmodus, und wir hören nur noch, was zu unserem Gefühl passt. Kommunikation? Fehlanzeige.

Der Trick: Erst die Emotion ansprechen, dann das Problem lösen. Wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen und benennen, schaffen wir die Basis für eine rationale Lösung.

2. Abstand schaffen, die kleine Pause mit grosser Wirkung 

Zwischen Reiz und Reaktion eine Pause einzulegen, ist Gold wert. Diese kurze Auszeit gibt unserem Verstand Raum, wieder klar zu denken. Wie das geht? 

  • Bewusst atmen (dreimal tief ein- und ausatmen)
  • Rückwärts zählen (10, 9, 8 ...)
  • Positive Selbstgespräche führen («Ich schaffe das!»)
  • An etwas Schönes denken • Eine Power-Pose einnehmen (sich stark fühlen!)
  • Lächeln, auch wenn es schwerfällt
  • Zehen hochziehen (klingt komisch, wirkt aber!) 

Auch eine kleine Unterbrechung im Gespräch hilft: ein Glas Wasser holen, kurz das Fenster öffnen oder eine Frage stellen wie «Darf ich kurz sicherstellen, dass ich dich richtig verstanden habe?» Das drosselt hitzige Emotionen und lässt uns wieder einen klaren Gedanken fassen.

3. Bedürfnisse erkennen, der Schlüssel zur Verbindung 

Jetzt geht es ans Eingemachte: Was steckt hinter dem Verhalten des Gegenübers? Jeder Konflikt hat seine Wurzeln in unerfüllten Bedürfnissen oder verletzten Gefühlen. Marshall Rosenberg, der Begründer der gewaltfreien Kommunikation, bringt es auf den Punkt: Menschen hungern nach Mitgefühl und Wertschätzung. 

Hindernisse in der Kommunikation sind oft: 

  • Analysieren («Hättest du das beachtet, wäre das nicht passiert.»)
  • Kritik («Das macht man so nicht.»)
  • Interpretationen («Du machst das nur, weil ...»)
  • Diagnosen («Du bist faul.»)
  • Bewertungen («Das hast du falsch gemacht.»)
  • Drohungen («Wenn du nicht ..., dann ...»)
  • Beschuldigungen («Wenn du nicht wärst ...»)
  • Und das Gefühl, immer Recht haben zu müssen

Diese Muster führen dazu, dass sich unser Gegenüber schlecht fühlt, sich wehrt oder ausweicht. Statt Verbindung entsteht Trennung.

Empathie, das Zauberwort für echte Kommunikation 

Empathisch zuzuhören bedeutet mehr als nur passiv zu hören. Es geht darum, wirklich verstehen zu wollen, was hinter den Worten steckt, die Gefühle, die Bedürfnisse und die Perspektive. Das schaff t Vertrauen und öff net Türen für konstruktiven Dialog.

So gelingt es: 

  • Präsent sein, dem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit schenken
  • Aktiv zuhören und wertschätzend, ohne zu widersprechen
  • Das Problem in eigenen Worten wiederholen
  • Paraphrasieren, um zu zeigen, dass man es verstehen will
  • Das Gegenüber ernst nehmen
  • Blickkontakt halten
  • «Soziales Grunzen», also Signale wie «mh», «ja» nutzen, um Verbundenheit zu zeigen

Wenn sich jemand gesehen und gehört fühlt, öffnet sich der Raum für echte Lösungen, statt für Streit. 

Fazit: Konflikte sind kein Drama, sondern eine Chance. Sie zeigen uns, wo wir wachsen können, in Selbstreflexion, Empathie und Kommunikation. Wenn wir lernen, unsere Emotionen zu steuern, Abstand zu gewinnen und die Bedürfnisse hinter dem Verhalten anderer zu erkennen, können wir auch in hitzigen Situationen souverän bleiben. Und das macht uns nicht nur zu besseren Kolleginnen und Kollegen, sondern auch zu starken, selbstbewussten Menschen, die ihr Leben und ihre Beziehungen aktiv gestalten.

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Als selbständige Unternehmerin und Mutter von drei Jungs hat Valerie Berchtold gelernt, mit Konflikten aller Art umzugehen. Sie bringt zudem viele Jahre Erfahrung in der Luxushotellerie und in leitenden Funktionen in der Finanzbranche mit.
valerieberchtold.com

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