Sitzordnung

Wer speist neben wem?

Das Restaurant ist erstklassig, das Essen hervorragend, doch hinter dem eingeladenen Gast laufen die Kellner hektisch auf und ab und er schaut gegen eine Wand. Keine guten Voraussetzungen, um als gastgebender Geschäftspartner positiv in Erinnerung zu bleiben. Dabei lassen sich solche Probleme mit guter Vorbereitung vermeiden. 

Die Platzierung von Gästen an einem Tisch hat immer zwei Ziele: Wertschätzung und Kommunikation. Wer einen schlechten Platz zugewiesen bekommt, fühlt sich nicht so willkommen, wie jemand mit einem besseren Platz. Auf der anderen Seite bringt es auch nichts, Menschen nebeneinander zu platzieren, die kein Interesse aneinander haben oder sich selbst weit weg von demjenigen zu setzen, mit dem man eigentlich ins Gespräch kommen möchte. Auch wenn es einige Regeln für die richtige Platzierung gibt: «Es muss immer gut für die Gäste und gut für die Gastgeber passen», rät die Beraterin Elisabeth Bonneau. Insofern sind die folgenden Tipps nicht als Korsett, sondern als Hilfestellung zu betrachten. 

Die Tischauswahl

Das Wichtigste bei einem Geschäftsessen ist nicht das, was auf den Tisch kommt, sondern die entspannte Stimmung. Und die kann kaum aufkommen, wenn man zum Beispiel an einem Tisch mitten im Durchgangsverkehr sitzt oder keinen guten Blick ins Lokal oder nach draussen hat. Denn Sicherheit ist ein urmenschlicher Instinkt. «Wenn irgendwo ein Tiger lauern könnte, fühlen wir uns nicht wohl», sagt Elisabeth Bonneau. Sie empfiehlt deshalb, keine falsche Scheu bei der Tischauswahl zu haben. «Reservieren Sie immer einen Tisch weit weg von der Tür und in einer geschützten Ecke, am besten mit Blick in den Raum oder nach draussen», erklärt sie. 

Die besten Plätze

«Es gibt an jedem Tisch gute und schlechte Plätze», weiss die Expertin. Um die zu finden, braucht man drei Regeln: 

  • Regel 1: Der beste Platz ist geschützt mit guter Aussicht. 

Dort sollte der Gastgeber den wichtigsten Gast platzieren. Wenn man keinen Tisch in einer Ecke ergattert hat, kann das allerdings durchaus auch mal der Platz am Kopfende sein. «Wenn man die örtlichen Gegebenheiten kennt, kann man das gut einschätzen und entsprechend vorher schon festlegen», sagt Bonneau. 

  • Regel 2: Nah ist besser als fern

Das kommt vor allem bei grösseren Runden zum Tragen, wer näher beim Chef sitzt, fühlt sich wichtiger als der, der weiter weg sitzt. 

  • Regel 3: Rechts ist besser als links

«Wer eine Person beschützen und wertschätzen möchte, setzt diese an seine rechte Seite», erklärt Bonneau. Das ziehe sich – wie die traditionelle Verteilung " Tischherr sitzt links von seiner Tischdame" zeigt - durch unsere gesamte Kultur. Und einen praktischen Zusatz-Nutzen hat es auch: seinem rechten Tischnachbarn kann man einfacher etwas anreichen als dem linken, vorausgesetzt man ist Rechtshänder. 

Reise nach Jerusalem

Wenn man die Plätze am Tisch entsprechend der Regeln in gute und weniger gute eingeteilt hat, fehlt nur noch die Zuordnung der Gäste. Doch auch die geht ganz leicht, wenn man sich an ein paar Regeln hält: 

Ziel der Veranstaltung: Das Ziel hat Vorrang vor allem anderen. «Wenn Ihr Chef mit dem Controller reden möchte, ist es nicht sinnvoll, beide weit voneinander entfernt zu platzieren», sagt Bonneau. Auch dann nicht, wenn es der Hierarchie entspräche. 

Hierarchie: Sind die eingeladenen Person nicht gleichrangig, ist es recht einfach. Chef sticht Mitarbeiter, fertig. Sind sie gleichrangig, sollte man die anderen Kriterien mit einbeziehen. 

Geschlecht: Hierarchie geht vor Geschlecht, ein Chef bekommt also einen besseren Platz als seine Mitarbeiterin, ebenso bekommt die Chefin einen besseren, als ihr Mitarbeiter. Sind die Gäste aber untereinander gleichrangig, ist ein Platzieren der Frau an einem besseren und sichereren Platz durchaus geboten.  

Sonderfall Fremdsprachen: Sitzen an einem Tisch Menschen, die nicht alle dieselbe Sprache sprechen, sollten die Regeln zugunsten der Verständigung aufgeweicht werden. «Ziel ist ja, dass jeder jemanden zum Reden hat», sagt Bonneau. Ein fremdsprachiger Gast sollte immer mitten im Geschehen sitzen und jemanden als Nachbarn haben, der sich um ihn kümmert.    

Als Faustregel gilt: Ziel sticht Sicherheit sticht Ehre 

Natürlich gelten all diese Regeln nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Gastgeber. Der wichtigste Gast bekommt den besten Platz, der wichtigste Gastgeber den daneben. Und so weiter....

Grosse Veranstaltungen – grosser Schlachtplan

Was bei kleinen Runden noch schnell geplant ist, wird bei grossen Veranstaltungen mit vielen Gästen und vielleicht sogar mehreren Tischen zur grossen Herausforderung. 

Grosse Tafel mit vielen Gästen: Der Gastgeber sitzt mittig mit geschütztem Rücken, der beste Platz ist der an seiner rechten Seite, der zweitbeste Platz links von ihm. Danach lässt sich die Zuordnung einfach fortsetzen. 

Grosse Veranstaltung mit mehreren Tischen: Jeder Tisch erhält einen Gastgeber, die Platzierung funktioniert dann wie gehabt. Gut ist es, wenn der Chef nicht an seinem Tisch festklebt, sondern die Tische wechselt. Der jeweilige Gastgeber muss dann kurz seinen Platz räumen. 

Veranstaltungen mit Tischen und Bühne oder Pult: Hier sind die besten Tische die mit der besten Sicht auf die Redner. Der Rest funktioniert wie oben beschrieben. 

Tischkarten ja oder nein? 

«Von Tischkarten rate ich ab», sagt Bonneau. Wenn jemand nicht kommt entstünden dann nur peinliche Lücken und es sei ausserdem schon vorgekommen, dass Gäste die Karten einfach getauscht hätten. «Besser ist es, nur Tische zuzuteilen und die Platzierung dann vor Ort dem jeweiligen Gastgeber zu überlassen», rät die Expertin. 

Charmant Durchsetzen ist erlaubt
Nicht immer ist das Durchsetzen der Platzierung so leicht, wie es aussieht. Vielleicht verspätet sich jemand, oder man lässt dem Gast den Vortritt und der sucht sich sofort den  Platz selbst aus. «Hier hilft immer ein Apéro im Stehen und danach das charmante, aber bestimmte Anbieten des passenden Platzes», weiss Bonneau. Das könne man sich ruhig trauen, weil es allen gut tue.  

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