Bürokultur

Sag's unverblümt

Blumen sind ein immer gerne gesehenes Geschenk und vor allem auch im Geschäftsalltag als kleine Aufmerksamkeit beliebt. Dass sie lange Zeit Übermittler von Botschaften waren, ist fast in Vergessenheit geraten. Das kann zum Tritt ins Fettnäpfchen führen.

Hat Ihr Chef Ihnen schon einmal einen Bund rote Rosen geschenkt? Dann hat er entweder ernsthaftes Interesse an Ihnen, oder er versteht die Blumensprache nicht. Denn rote Rosen symbolisieren seit Jahrhunderten Liebe und Leidenschaft – und sind damit klar Liebenden vorbehalten. «Im geschäftlichen Umfeld sind rote Rosen sehr heikel», sagt Mirjam Fitzi, Leiterin Innendienst beim Fleurop Firmenservice und ausgebildete Floristin.

Rote Rosen: Nur für Liebende!

Rosen sind der Klassiker für Sträusse im beruflichen Umfeld. Besonders beliebt sind die Farben zartrosa oder weiss. Ein Bund rote Rosen aber, oder eine einzelne rote Rose, hat eine eindeutige Botschaft, und die ist im Büro meist unangebracht: Liebe und Leidenschaft.
 

Den meisten ist das bekannt. Die rote Rose ist eine der symbolträchtigsten Blumen. Dabei hatten auch andere Blumen einmal ihre ganz klare Botschaft. Aber diese «Sprache der Blumen» hat ihre Blütezeit hinter sich. Es gab Zeiten, da wurde in gewissen Kreisen vor allem durch die Blume gesprochen: In den Harems der Sultanspaläste beispielsweise, setzten die Damen die Symbolik der Blumen geschickt ein, um dem Herrn ihre Unmut, Freude oder ihre Anliegen kundzutun. Die Männer verstanden damals, was es bedeutete, wenn die Blumen umarrangiert wurden.

Nelken: Friedhofsblume?

Nelken werden auch heute noch von einigen als Friedhofsblume oder Ansteck-Blume für Beerdigungen betrachtet.

In Europa setzte sich die blumige Kommunikation durch, nachdem die Französin Char-lotte de Latour Anfang des 19. Jahrhunderts ihr Buch «Die Sprache der Blumen» veröffentlichte. Vor allem für junge Liebende, die ihre Gefühle nicht direkt aussprechen konnten, sprachen Blüte, Farbe und Kombination eines Strausses Bände. Laut Latour bedeutet die Ranunkel beispielsweise: Du hast himmlische Reize. Hintergedanken werden mit einer Aster ausgedrückt, und wer einsam ist, zeigt das mit einer Erika.

Freie Blumen-Wahl im Business?

Doch mit den Jahren haben sich die Interpretationen verwässert und wurden ungenauer. Heute kennen die meisten die Symbolik der Blumen nicht mehr. «Die Blumensprache hat nicht mehr viel Gewicht, vor allem nicht im Geschäftsleben», sagt Mirjam Fitzi.

Weisse Blumen: Nicht überall chic

Hierzulande gilt Weiss als edel und chic. In anderen Kulturen, wie beispielsweise in weiten Teilen Asiens, gehört Weiss aber vor allem auf den Friedhof.

Das bestätigt auch Evelyn Krebs vom Zürcher Blumengeschäft Stil und Stiele: «Im privaten Bereich ist die Symbolik noch eher ein Thema, vor allem bei Ritualen wie Hochzeiten oder Beerdigungen.» Schon im alten Ägypten seien Blumen gewählt worden, um etwas auszudrücken. Das «Sträusschen der Gerechtigkeit» für die Toten habe beispielsweise symbolisiert, dass die Person den Übertritt in eine andere Welt verdient habe. Brautsträusse stehen für die Verbindung zwischen Braut und Bräutigam. «Aber der Umgang mit Blumen hat sich gelockert. Das ist wie beim normalen Knigge – der schlägt auch nicht mehr ganz so formelle Umgangsformen vor», vergleicht Evelyn Krebs. Heute stünden Blumen vor allem für Natur, und damit könne man nicht viel falsch machen.

Gelbe Blumen: Neid und Eifersucht

Gelbe Blumen wirken fröhlich und positiv. Doch nicht für alle. Vor allem ältere Personen assoziieren die Farbe noch immer mit Neid und Eifersucht.

Neidisches Gelb, heikles Weiss

Deswegen ganz unüberlegt Blumen zu verschenken, ist trotzdem nicht ratsam. Vor allem ältere Herrschaften sind der Sprache der Blumen teilweise noch mächtig. «Meiner Oma würde ich nie eine gelbe Blume schenken», sagt Rebecca Pätzke, Filialleiterin der Zentrale der Marsano AG. Gelb wurde lange mit Neid und Eifersucht assoziiert. Auch uni gelbe Sträus-se macht Rebecca Pätzke nur auf eindrücklichen Wunsch des Kunden. «Erstens ist die Farbe alleine zu aufdringlich. Zweitens weiss man nie, ob die Person, die den Strauss bekommt, die ursprüngliche Symbolik von Gelb kennt und den Strauss dann falsch interpretiert.» Auch Weiss wird nicht überall gleich verstanden.

Kakteen: Stachlig uncharmant

Kakteen sollten nur bekennenden Liebhabern der stachligen Pflanze geschenkt werden.

«Am besten ist es, ein Blumengeschenk so persönlich wie möglich zu machen. Bringen Sie Vorlieben bei Farben und Blüten in Erfahrung, lassen Sie sich von Ihrem Gefühl leiten, was der Person gefallen könnte, und geben Sie der Floristin so genaue Angaben wie möglich. Dann kommt’s gut», rät Rebecca Pätzke.

Vom Gefühl leiten gelassen hat sich wohl auch der Kunde, für den sie ihren bis jetzt teuersten Strauss gemacht hat: 1000 Franken hat das Bouquet gekostet. Es war ein Strauss mit 80 langstieligen, roten Rosen. Zum Valentinstag. Hier war die Botschaft wohl bekannt.

Die Tipps der Floristen

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Wenn Sie die zu beschenkende Person nicht gut kennen, kaufen Sie am besten einen farbigen Strauss. Das entschärft die Symbolik einzelner Blüten oder hebt sie ganz auf – falls die Person mit der Sprache der Blumen vertraut ist.
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Im Zweifelsfall lieber helle statt dunkle Farben wählen.
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Saisonale Sträusse machen fast immer Freude. Im Frühling sind Tulpen und Anemonen sehr beliebt, im Winter wirken Beeren schön.
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Versuchen Sie, einen Blumenstrauss so stark wie möglich auf den Empfänger abzustimmen. Trägt die Dame oft grelle Farben und mag es auffällig? Dann gefällt ihr womöglich auch ein kontrastreicher Strauss besser als ein Ton-in-Ton-Bouquet. Grundsätzlich gilt: Wenn die persönlichen Vorlieben bekannt sind, gelten keine anderen Regeln mehr.
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Andere Länder, andere Sitten: Informieren Sie Ihre Floristin, wenn die zu beschenkende Person aus einem anderen Kulturkreis kommt. Sie kann dann abklären, ob dort andere Interpretationen vorliegen.
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Klären Sie ab, ob die beschenkte Person Allergien hat. Vor allem bunte Frühlingssträusse können sonst schnell zur Plage statt zur Freude werden.
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Verzichten sie auf stark duftende Blumen. Der Duft von Lilien beispielsweise kommt nicht bei allen gut an und soll bei manchen Personen Kopfschmerzen auslösen.
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Auch die Kosten sind ein nicht zu unterschätzender Punkt. Angebracht für Sträusse, die im -geschäftlichen Umfeld verschenkt werden, ist zwischen 50 und 60 Franken. Für Jubiläen kann es auch ein grösserer Strauss sein.

 

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