Recht

Schwanger. Was nun?

Ein Baby ist unterwegs! Diese Erkenntnis verändert nicht nur privat alles – sondern zeitweise auch im Job. Der werdenden Mutter und auch dem Vorgesetzten stellen sich einige Fragen. Hier die wichtigsten Antworten aus arbeitsrechtlicher Sicht.

Wann sage ich’s?

Eine häufige Frage stellt sich bereits ganz am Anfang der Schwangerschaft: Wann muss die werdende Mutter den Arbeitgeber informieren? Gestützt auf das Gleichstellungsgesetz darf eine Schwangerschaft kein Beurteilungskritierum für eine Anstellung oder eine (Weiter-)Beschäftigung sein. Das heisst: Eine Frau muss grundsätzlich weder während des ­Bewerbungsprozesses noch während der ­Anstellung darüber informieren, dass sie schwanger ist. Ist aber zum Beispiel die Gesundheit der Mutter oder des Kindes durch die Arbeit gefährdet, muss sie ihrem Arbeit­geber Bescheid geben. Nur so hat dieser die Chan­ce, seinen Pflichten gegenüber der schwangeren Mitarbeiterin nachzukommen. Gerade in Büros ist es in der Regel möglich, auch im schwangeren Zustand ganz normal arbeiten zu können. Die oft praktizierte ­Geheimhaltung zumindest in den kritischen ersten 12 Wochen kann also getrost auch ­gegenüber dem Chef oder der Chefin gelten.

Was ändert sich?

Schwangere Arbeitnehmerinnen werden vom Gesetz mehrfach geschützt: zum einen durch den Kündigungsschutz, der die Schwangere auch sozialversicherungsrechtlich absichert. Zum anderen greift ein besonderer gesundheitlicher Schutz: Schwangere dürfen nicht ohne ihren Willen beschäftigt werden, gefährliche oder beschwerliche Arbeiten sind nicht oder nur eingeschränkt erlaubt.

Ab wann und wie lange gilt der ­Kündigungsschutz?

Während der Schwangerschaft und bis 16 Wochen nach der Geburt dürfen Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht künden – zumindest nicht ordentlich, das heisst unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Begeht die Mitarbeiterin in dieser Zeit jedoch eine Verfehlung, die eine fristlose Entlassung rechtfer­tigt (z. B. Veruntreuung oder Diebstahl), dann schützt die Schwangerschaft sie nicht.

Auch auf befristete Arbeitsverhältnisse hat eine Schwangerschaft keinen Einfluss: Diese enden – wie ursprünglich von den Parteien vorgesehen – nach Fristablauf. Achtung: Der Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft besteht nicht während der Probezeit. Falls aber in der Probezeit wegen der Schwangerschaft gekündet wurde, sollte geprüft werden, ob dies nicht gegen das Gleichstellungsgesetz verstösst.

Unklar ist, ab wann genau der Kündigungsschutz gilt: Ist dies der Moment der Empfängnis, der Moment der sogenannten Nidation (der Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutterschleimhaut) oder allenfalls der Moment, in dem die Schwangerschaft medizinisch festgestellt wird? Letzteres wäre – weil mit einer zu grossen Zufälligkeit verbunden – ein schlechtes Kriterium. Ob die Mitarbeiterin selbst von ihrer Schwangerschaft weiss oder nicht, ist unerheblich. Die beiden erstgenannten Zeitpunkte sind hingegen oft nicht genau feststellbar.

Anders ist das beim ersten Tag der letzten Menstruation. Streng medizinisch liegt dann zwar noch keine Schwangerschaft vor. Doch als einziger bekannter Bezugspunkt wird er von Medizinern üblicherweise verwendet, um den Beginn der Schwangerschaft zu datieren. Es ist darum sinnvoll, sich auch im arbeitsrechtlichen Kontext an diesem Datum zu orientieren.

Umstritten ist, ob der Kündigungsschutz auch bei Schwangerschaftsabbrüchen, Fehl- oder Todgeburten zur Anwendung kommt. Analog der Regelung in der Mutterschaftsversicherung (wo der Begriff der Niederkunft für die Mutterschaftsentschädigung massgebend ist) wird dann von Niederkunft gesprochen, wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen gedauert hat.

Was passiert, wenn die Schwangere selbst kündet?

Die Schwangere kann jederzeit selber künden oder mit Zustimmung des Arbeitgebers den Vertrag aufheben. Sie hat dann jedoch sicherzustellen, dass ihr damit der Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nicht entgeht: Denn diese wird (unter anderem) nur gezahlt, wenn die Mutter  zum Zeitpunkt der Geburt in einem Arbeitsverhältnis steht. Tut sie dies nicht, weil sie selber gekündet hat oder eine Aufhebungsvereinbarung auf einen früheren Zeitpunkt eingegangen ist, hat sie nur dann Anspruch, wenn sie bis zur Niederkunft Taggelder der Arbeits­losenkasse bezogen hat. Arbeitgeber, die mit der schwangeren Mit­arbeiterin eine Aufhebungsvereinbarung schliessen wollen, sollten dies nur tun, wenn sichergestellt ist, dass auch die Arbeitnehmerin selbst das Arbeitsverhältnis beenden will. Vor Gericht könnte es sonst so ausgelegt werden, dass das Unternehmen versucht hat, den Kündigungsschutz zu umgehen.

Welche Einschränkungen hat eine Schwangere?

Schwangere Mitarbeiterinnen dürfen nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Das bedeutet, dass sie jederzeit auf blosse Anzeige hin der Arbeit fernbleiben dürfen. Einen Lohnanspruch haben sie in dieser Zeit jedoch nicht, es sei denn, sie sind vom Arzt krank­geschrieben. Das gilt als unverschuldete Arbeitsverhinderung – analog einer Krankheit oder eines Unfalls. 

Schwangere Mitarbeiterinnen müssen sich hinlegen und ausruhen können und zwar «­unter geeigneten Bedingungen», beispielsweise auf einer Liege in einem separaten Raum. Überstunden dürfen Schwangere nicht leisten. Arbeitsgesetzlich ist die maximale Arbeitszeit zwingend auf 9 Stunden pro Tag beschränkt. Das gilt sogar dann, wenn vertraglich eine längere Arbeitszeit vereinbart wurde. Für beschwerliche Arbeiten dürfen Schwangere ebenfalls nicht eingesetzt werden. Ist umstritten, ob eine Tätigkeit beschwerlich ist, muss ein Arzt feststellen, ob die Arbeit objektiv beschwerlich ist oder nicht.

Baby da – was nun?

(Erst) seit dem Jahr 2005 sind die arbeitenden Mütter nach der Geburt durch eine Mutterschaftsversicherung finanziell etwas abge­sichert. Im Grundsatz müssen hierfür die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Mutter war in den letzten neun Monaten unmittelbar vor der Niederkunft im Sinne des AHVG obligatorisch versichert,
  2. Sie hat während dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt und
  3. Sie ist zum Zeitpunkt der Niederkunft Arbeitnehmerin oder Selbstständigerwerbende (oder bezieht ein Taggeld der Arbeitslosen­kasse).

Beantragt wird die Mutterschaftsentschädigung grundsätzlich durch die Arbeitnehmerin via den Arbeitgeber. Dieser kann die Entschädigung nur dann selbst beantragen, wenn er der Arbeitnehmerin weiterhin den Lohn ausbezahlt, der mindestens gleich hoch ist, wie die der Mutter zustehende Mutterschafts­entschädigung.

Der Anspruch besteht ab dem Tag der Geburt des lebensfähigen Kindes. Wird das Kind tot geboren oder stirbt es bei der Geburt, dann besteht ein Anspruch, wenn die Schwangerschaft mindestens 23 Wochen andauerte. Muss das Baby nach der Geburt mindestens drei Wochen länger im Spital bleiben, kann der Anspruch so lange aufgeschoben werden, bis das Baby nach Hause kann.

Die Entschädigung beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das die Mutter vor der Geburt erzielt hat. Das ­bedeutet, dass ein unbezahlter Urlaub vor ­Niederkunft den Taggeldanspruch reduziert! Die Entschädigung ist begrenzt auf – momentan – maximal 196 Franken pro Tag. Der ­Anspruch endet am 98. Tag nach dessen ­Beginn oder vorher, falls die Mutter ihre Arbeit früher wieder aufnimmt.
 

Kommentieren 0 Kommentare

Gudrun Österreicher Spaniol 
ist Fachanwältin SAV Arbeitsrecht und Partnerin bei Fankhauser Rechtsanwälte in Zürich. Sie berät vorwiegend Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer in Fragen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts.

Weitere Artikel von Gudrun Österreicher Spaniol
Log in to post a comment.

KOMMENTARE

ADD COMMENT

Das könnte Sie auch interessieren