Einkauf

Smarter einkaufen

Die Bürostühle geben den Geist auf, der Kollege will ein neues Whiteboard, für das Sommerfest muss ein Caterer gebucht werden – und wer kümmert sich drum? Richtig: die Assistentin! Gerade wer häufiger für die Firma einkauft, ist gut beraten, wenn er ein paar Tricks kennt. Denn wer clever einkauft, hat nicht nur weniger Arbeit, sondern spart auch noch eine Menge Geld.

«Die meisten Unternehmen stehen heute unter enormem Kostendruck und der Einkauf ist da ein Schlüsselelement», sagt Esther Niffenegger, Leiterin der Abteilung Einkauf und Logistik bei Energie Wasser Bern. Die Gleichung ist einfach: Wer die Ausgaben senkt, steigert den Gewinn. Je nach Branche machen die Kosten für Güter und Dienstleistungen oft 50 Prozent und mehr des Umsatzes aus.

Grosses Sparpotenzial

Der Effekt von Einsparungen bei den Ausgaben ist deshalb relativ gross; selbst marginale Summen machen sich schnell bemerkbar. Das wird oft unterschätzt, aber selbst wenn es nur um die Beschaffung von Büromaterial geht, lohnt es sich, ein wenig Zeit in die Einkaufsplanung zu investieren.

Viele Unternehmen haben das bereits erkannt, vor allem die grösseren. «Im Moment ist eine Professionalisierung des Bereichs in vollem Gange», stellt Esther Niffenegger fest. Einkauf werde heute oft schon als wichtiger Teil des gesamten Unternehmens verstanden und dem Supply Chain Management angehängt. Wo der Einkauf professionell organisiert ist, da haben sich die Aufgabengebiete und Tätigkeiten der damit betrauten Mitarbeiter stark verändert. «Früher ging es nur um operative Tätigkeiten, heute wird meist auch strategisch gearbeitet», sagt Niffenegger. Markt- und Bedarfsanalyse, Benchmarking, aber auch das Einholen von Offerten, das Auswählen der Lieferanten – eigentlich alles bis zum Vertragsabschluss ist dem strategischen Bereich zugeordnet. Was danach kommt, unterliegt dann dem operativen Bereich. Darunter fallen das Anlegen der Lieferanten, die Hinterlegung von Mengen und das Koppeln mit Lagerbeständen sowie der Umgang mit Lieferscheinen oder die Zahlung der Rechnungen.

Keine Hexerei

In kleineren Unternehmen gibt es aber meist niemanden, der speziell mit dem Einkauf betraut ist, und schon gar keine eigene Abteilung dafür. Nicht selten wird dann die Assistentin ins kalte Wasser geworfen. «Offerten einholen, Preisvergleiche machen oder Liefertermine koordinieren bekommt man noch gut hin», sagt Niffenegger. Aber eine richtige Marktanalyse, eine professionelle Überwachung der Bestände oder eine Vertragsabwicklung mit dem Lieferanten? Da sind viele überfordert.

Doch Angst muss niemand davor haben, im Normalfall geht es ja nur um ganz alltägliche Anschaffungen wie das Whiteboard oder das gerade mal wieder ausgegangene Druckerpapier. Letzteres ist ein einfaches, aber gutes Beispiel für cleveres Einkaufsmanagement. Wenn man das nämlich drauf hat, dann geht das Papier nie zur Neige, ohne das schon neues vorhanden ist. «Wer weiss, was die anderen brauchen, das zum passenden Zeitpunkt vorrätig hat und dabei noch Geld spart, der hat verstanden, um was es geht», sagt Niffenegger.

Im Fall des Druckerpapiers reicht dafür ein Blick in den Verbrauch des vergangenen Jahres. Der dürfte im laufenden Jahr in etwa gleich sein, wieso also nicht die gesamte Menge auf einen Schlag bestellen? Falls der Lagerplatz nicht vorhanden ist, kann man vielleicht monatliche Lieferungen mit dem Vertragspartner vereinbaren. Und wie macht das eigentlich die Kollegin in der Nachbarabteilung? Mit der könnte man sich ja zusammentun. Der Lieferant jedenfalls wird sicher mit dem Preis runtergehen, wenn er weiss, dass es um grössere Mengen und regelmässige Bestellungen geht. Tut er das nicht, kann man ja schauen, was die anderen so anbieten. Und wenn man den richtigen Lieferanten mit dem besten Preis gefunden hat, hat man einen Teil des Einkaufs schon mit Bravour gemeistert. Denn was hier gemacht wurde, ist im Prinzip nichts anderes als eine Bedarfsanalyse, eine Kalkulation der Lagerkapazitäten, Benchmarking, eine Marktbeobachtung, das Einholen von Offerten und schliesslich die Auswahl des Lieferanten. Natürlich nur im Kleinformat, denn bei umfangreicheren Bedürfnissen bekommt der ganze Vorgang eine wesentlich komplexere Form. «Das ist dann die Kür und gehört in den strategischen Einkauf», erklärt die Expertin.

Was nach der Auswahl der Lieferanten kommt, ist dann aber wirklich keine Hexerei mehr. Die Bestellung abwickeln, den Lieferanten ins System einpflegen und genaue Liefertermine vereinbaren, also das operative Geschäft, beherrscht eine Assistentin meist ohnehin. Ordentlich Buch führen ist übrigens nicht nur für die Abrechnung unerlässlich, es macht auch die nächste Bedarfsanalyse zum Kinderspiel. «Gefragt ist beim Einkauf vor allem ein guter Überblick über die Prozesse», sagt Niffenegger. Was wo abgelegt wird, in welche Schritte die Vorgänge unterteilt sind, und wer wann informiert werden muss, das sollte man wissen. Hier hilft E-Procurement ungemein. IT-Lösungen zur Überwachung des Bedarfs oder zur Verwaltung von Lieferanten gibt es in den verschiedensten Ausführungen; die meisten Programme sind sehr benutzerfreundlich und können ganz individuell ausgestaltet werden. Auch für kleinere Unternehmen kann ein solches System hilfreich sein.

Zahlen, Preise, Kosten, IT-Lösungen, Verträge – das klingt alles erst mal sehr trocken. Doch der Bereich Einkauf ist keineswegs so zahlenlastig, wie man meinen könnte. «Natürlich muss man exakt und sorgfältig arbeiten», sagt Niffenegger. Doch ohne kommunikative Fähigkeiten sowie gute Kontakte in allen Unternehmensbereichen und zu den Lieferanten kommt kein Einkäufer weit. Gerade im Umgang mit Lieferanten braucht man oft Fingerspitzengefühl und ein gehöriges Mass an Verhandlungsgeschick. Im internationalen Geschäft sind auch Sprachkenntnisse von Vorteil. «Wer gerne Verantwortung übernimmt, selbständig und gründlich arbeitet, kommunikativ ist und gerne mit Menschen zu tun hat, der hat das Potenzial zum guten Einkäufer», fasst Niffenegger die wichtigsten Anforderungen zusammen.

Ein Job für Durchsetzungsstarke

Je nach Unternehmen und Anforderungen ist aber oft auch Fachwissen gefragt. «Bei exportorientierten Unternehmen kann man durch das Ausnutzen von Abkommen im Einkauf gut Zölle und Steuern sparen», erklärt die Expertin. Aber gerade da wird streng kontrolliert und ein Fehler kann Strafzahlungen nach sich ziehen. Basiswissen in Sachen Recht, Abgabefristen und Freihandel seien deshalb unerlässlich, wenn es in diese Bereiche geht. Gerade unter den Mitarbeitern, die ins kalte Wasser geworfen würden, sei der Ausbildungsbedarf oft hoch. «Viele wissen ja anfangs gar nicht, wo sie Lücken haben», sagt Niffenegger. Doch den Mut, eine Weiter- oder Fortbildung durchzusetzen, den sollte eine Assistentin ohnehin mitbringen. «Durchsetzungsstark muss sie sein, sonst kann sie den Job nicht machen», sagt Niffenegger.

Wörterbuch

Supply Chain Management: Managementansatz, bei dem alle Teile entlang der Wertschöpfungs- und Lieferkette als ein Fluss verstanden werden. Ziel ist die Optimierung der Ressourcen für das Unternehmen.

Benchmarking: Managementmethode, mit der verschiedene Unternehmen und ihre Prozesse und Organisationsformen verglichen werden, um die jeweils beste Lösung für die eigene Situation herauszufiltern.

E-Procurement: Elektronische Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen unter Nutzung des Internets oder anderer Informations- und Kommunikationssysteme.

Strategischer Einkauf: Definiert die Einkaufsstrategie, analysiert den Bedarf und den Markt, verantwortlich für Lieferantenauswahl und Verträge.

Operativer Einkauf: Führt die Einkaufstätigkeiten nach der vorliegenden Strategie aus, wickelt Bestellungen ab, bearbeitet Aufträge, überwacht die Bestände u. v. m.

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