Teamarbeit

So klappt’s im Team

Erfolgreiche Teams haben zwei Dinge gemeinsam: eine klare Struktur und feste Regeln. Denn Teamarbeit bedeutet nicht, das sich absolut immer alle prima miteinander verstehen. Es bedeutet vor allem, Konflikte – die nun einmal unvermeidlich sind – professionell zu lösen.

«In einem guten Team werden die Stärken des Einzelnen ausgebaut und seine Schwächen ausgeglichen», sagt Silke Landtwing. Dafür zu sorgen, dass das passiert, ist ihr Job. Die 45-Jährige leitet das Sekretariat der Geschäftsleitung der Concordia in Luzern. Drei weitere Kolleginnen sind in ihrem Team, die Zusammensetzung ist sorgfältig ausgewählt. «Eine Kollegin ist seit 25 Jahren dabei und kennt das Unternehmen in- und auswendig. Sie arbeitet vorwiegend für den Rechtsdienst. Eine andere beginnt im Oktober mit ihrer Ausbildung zur Direktionsassistentin und ist aufgrund ihrer Lehrausbildung bei der Concordia mit der Krankenversicherungsbranche sehr vertraut. Eine kennt sich besonders gut mit Computerprogrammen wie Excel oder PowerPoint aus und hat bereits einen Abschluss als Direktionsassistentin, alle sprechen mehrere Sprachen.» Silke Landtwing selbst ist Expertin für anspruchsvolle Korrespondenz, also zum Beispiel für Beschwerdeantworten. 

Zwei ihrer Teamkolleginnen sind gerade neu dazugekommen. «Wenn es eine neue Stelle zu besetzen gibt, achte ich sehr darauf, ob die Bewerberin teamfähig ist», betont Landt-wing. Um das zu beurteilen, zählten neben dem Eindruck im Bewerbungsgespräch auch Aussagen von ehemaligen Arbeitgebern. Gerade mit den neuen Kolleginnen führt sie sehr regelmässig Feedback-Gespräche. Wenn es Kritik anzubringen gebe, sagt sie, sei es wichtig, «Ich»-Botschaften zu senden, also zu sagen «Ich habe den Eindruck, …» oder «Mir ist aufgefallen, …» und auf Formulierungen wie «Immer machst du …» zu verzichten. Die -Gespräche führt sie grundsätzlich unter vier Augen.

Lieber länger diskutieren

Offene Kommunikation ist das beste Mittel gegen Konflikte. Das mag banal klingen, doch es lohnt sich, sich vor Augen zu führen, was man dafür tatsächlich auch tun muss. Eine erste Voraussetzung ist eine feste Hierarchie. «In jedem Team gibt es jemanden, der führt. Dass alle gleich sind, das gibt es nicht», erklärt Ursu Mahler, Management-Trainerin und Coach aus München. Sie leitet Assistentinnen-Trainings  auch in der Schweiz, zum Beispiel an der International Business-School ZfU in Thalwil. Doch auch wenn ein Mitglied der Gruppe mehr zu sagen hat, als die anderen, betont sie, müssen Entscheidungen einvernehmlich getroffen werden. «Jeder muss seine Ansichten ohne Angst äussern können», fordert Ursu Mahler. «Wenn jemand bei einer Frage Bedenken hat, wäre es falsch, ihn einfach zu überstimmen.» Vielmehr müsse man dann fragen: «Was brauchst du, damit du zustimmen kannst?» Eine Lösung zu finden, mit der alle leben können, dauere dann vielleicht eine halbe Stunde länger, «aber diese Zeit ist gut investiert», meint die Expertin. 

Konflikte gehören zur Arbeit im Team dazu – das sehen auch Wissenschaftler so, die zu dem Thema forschen. Ein klassisches Beispiel ist das Modell «Forming-Storming-Norming-Performing» des Psychologen Bruce Tuckman. Seine These: Nachdem sich ein Team gebildet hat («Forming») und bevor es sich der Regelung der Arbeitsabläufe («Norming») und der eigentlichen Arbeit («Performing») widmet, wird zuerst einmal mehr oder weniger hef--tig gestritten («Storming»).

Kurz nachdem sich ein Team zusammen-gefunden hat – oder auch nur ein neues Mitglied bekommen hat – ist es normal, dass es zu Unstimmigkeiten kommen kann. Man hat verschiedene Vorstellungen von den Zielen der Arbeit, den Prioritäten, dem Ablauf. «Gerade am Anfang kann es vorkommen, dass man zu sehr auf seinen eigenen Schreibtisch fokussiert ist, und es findet nicht genug Austausch statt», hat Ursu Mahler beobachtet. «Das hat zur Folge, dass es entweder zu Überschneidungen kommt oder Arbeit liegenbleibt, weil jeder denkt, ein anderer sei zuständig.» Und das bedeutet Konfliktpotenzial.

10 Grundregeln für Teamwork

  1. Eine Arbeitsatmosphäre wird geschaffen, die von Respekt und Akzeptanz -geprägt ist.
  2. Das Team hat ein klar formuliertes Ziel.
  3. Das Ziel ist «smart»: spezifisch, messbar, ambitioniert, realistisch, terminiert.
  4. Hierarchie: Das Team hat eine Leitung, die alle anerkennen.
  5. Jeder akzeptiert die Regeln der Gruppe; Verstösse werden sanktioniert.
  6. Beschlüsse werden gemeinsam gefasst.
  7. Der Informationsaustausch läuft offen; sachliche Kritik darf geäussert werden.
  8. Spannungsfelder werden frühzeitig offen geklärt, Intrigen vermieden.
  9. Jedes Mitglied bekennt sich zur Gruppe, man steht füreinander ein.
  10. Die Arbeit ist lösungsorientiert. Läuft etwas schief, wird zunächst das Problem behoben und dann nach den Ursachen geforscht. Bei der Kritik sind Schuldzuweisungen zu vermeiden. 

(Quelle: Ursu Mahler, Management-Training, Coaching, München)

Ein anderes Problem, dass früh unterbunden werden müsse, sei, wenn sich Teammitglieder gegen einen anderen zusammenschlössen. «Jemanden auszugrenzen, führt zu Mobbing», warnt Mahler und fordert: «Es darf keine Intrigen geben.» Anstatt sich in Lästereien zu ergehen, müssten Probleme frühzeitig angesprochen werden. Fehlverhalten im Team müsse aber auch konsequent sanktioniert werden: «Wenn zum Beispiel jemand wiederholt zu spät kommt, muss dies klar angesprochen und geklärt werden.» Bleiben Sanktio-nen aus, führe das dazu, dass sich unerwünschte Verhaltensweisen einbürgern: «Nicht handeln heisst zustimmen», weiss Ursu Mahler.

Feste Termine für die Absprache

Manche Unstimmigkeiten treten aber auch in eingespielten Teams immer wieder auf. Silke Landtwing kennt ein sehr konkretes Beispiel: «Ein Thema, bei dem es häufig Unstimmigkeiten gibt, ist die Urlaubsplanung.» Gerade zu Zeiten, zu denen alle gerne frei nehmen würden, kann es zu Konflikten kommen, etwa an Brückentagen. Silke Landtwing löst das so: «Im Oktober gibt es einen Termin, an dem die Urlaubsplanung für das kommende Jahr besprochen wird. Darauf bereiten sich alle vor und sprechen sich ab. Wenn sich die Kolleginnen dann trotzdem einmal nicht einigen können, treffe ich eine Entscheidung.» 

Auch wenn man sich täglich sieht und miteinander redet, sind feste Treffen für Teams unerlässlich. Wie oft sie stattfinden sollten, hängt von der Gruppe ab. «Bei einem jungen Team ist es sinnvoll, einmal pro Woche einen Jour fixe anzuberaumen – aber immer mit einer klaren Agenda und einem straffen Zeitplan», meint Ursu Mahler. «Wenn ein Team funktioniert, sollte man die Intervalle für Treffen ausweiten.» Dabei könne es sinnvoll sein, sich bei der Leitung der Besprechung abzuwechseln. «Auch die Auszubildende kann man das einmal machen lassen, und danach ein Feedback geben. Das kann den Teamgedanken stärken», sagt Ursu Mahler. 

«Mit den neuen Kolleginnen führe ich regelmässig und relativ häufig Gespräche», berichtet Silke Landtwing. «Bei langjährigen Mitarbeiterinnen ist das nicht mehr in dem Masse nötig, sie können eigenverantwortlicher arbeiten.» Grundsätzlich gibt es für ihr Team eine Jahresplanung, in der alles Absehbare festgelegt wird. «Darüber hinaus gibt es Treffen nur bei Bedarf, etwa wenn ein Sonderauftrag hereingekommen ist oder eine Neuerung ansteht.» Tagesaktuelles wird im laufenden Betrieb abgesprochen. 

Doch natürlich müssen nicht nur die anderen diszipliniert werden. Wichtig ist vor allem, dass jeder seine eigene Einstellung überprüft. «Jedes Mitglied muss sich wirklich zur Gruppe zugehörig fühlen, das darf kein Lippenbekenntnis sein», sagt Ursu Mahler. Dazu gehöre, dass man bereit ist, sich nach Kräften einzubringen. «Wer frühzeitig mit seinen Aufgaben fertig ist, sollte nicht sagen: ‹Mein Schreibtisch ist leer, ich gehe jetzt›, sondern Kolleginnen fragen: ‹Kann ich dir noch etwas abnehmen?›» 

Einzelgänger einbinden

Dennoch stellt sich manchmal eine Kollegin als verbissene Einzelkämpferin heraus. Ursu Mahler sieht es aber auch in solchen Fälle als die Aufgabe des Teams an, diese einzubinden. «Wenn jemand ein deutlicher Einzelgänger ist, kann man ihm bewusst Aufgaben geben, bei denen Absprachen unerlässlich sind, etwa, indem man eine Aufgabe aufteilt.» Zudem sollten die anderen Teammitglieder versuchen, die Einzelgängerin auch in das soziale Gefüge der Gruppe einzubinden. «Immer mal wieder fragen, ob sie zum Lunch mitkommt, auch wenn man schon einmal ein Nein bekommen hat. Und dies nicht persönlich nehmen.» Manchmal helfe nichts anderes, als sich zu überwinden. «Dauerhafte Konflikte in einem Team machen freud- und lustlos. Wenn man sich mit einer Kollegin, mit der man eigentlich nicht klarkommt, trotzdem einigt, sollte man sich vor Augen halten: ‹Ich tue das für mich.›» 

 

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