Süsses Arbeiten am Ende des Tunnels

Es gibt diese Orte mit einer magischen Ausstrahlung. Kraftorte, werden sie von manchen genannt. Andere drücken es lieber moderner aus und sprechen von «guten Vibes». Orte, an denen man länger bleiben möchte. Wo man Gedanken nachhängt und Inspiration findet.

Monte Verità ist ein solcher Ort. Schon vor über hundert Jahren hat der Hügel bei Ascona die Menschen fasziniert. Eine aussergewöhnliche Gruppe hat ihn sogar für ihr revolutionäres Projekt auserkoren: Die sogenannten Lebensreformer, die an einen dritten Weg zwischen Kommunismus und Kapitalismus glaubten, hatten sich nach langer Suche nach einem geeigneten Standort auf dem Monte Verità niedergelassen, um eine Art Kolonie zu gründen. Lebenskünstler, Anarchisten und Philosophen lebten dort ihre Ideale: Freiheit statt Konventionen, Nähe zur Natur und eine gesunde Lebensführung mit Kunst und Kultur.

In Ascona wurden sie vor allem bekannt, weil sie nackt Tennis spielten und auch der Gartenarbeit füdliblutt nachgingen. Doch die Gemeinschaft lockte illustre Gäste in das neu geschaffene Sanatorium, das mit vegetarischer Ernährung, Sonnenbädern und Gymnastik Erholung vom damals industriell geprägten Alltag versprach. Hermann Hesse war da, Franziska Gräfin zu Reventlow, D.H. Lawrence, einige Dadaisten und viele andere.

Vieles aus dieser bunten Anfangszeit ist auf Monte Verità erhalten geblieben. Und auch die Magie des Ortes wurde von seiner Geschichte noch befeuert. Das hat auch die ETH erkannt, die Monte Verità vor 25 Jahren zu ihrem Kongresszentrum machte. Heute ist die ehemalige Ko-lonie Kultur- und Kongresszentrum mit eigenem Hotel im Bauhaus-Stil, mit Teehaus und Museum und einem Park von rund 70 Hekt-aren. Immer noch erklimmen Gäste – Wissenschafter der ETH gleich wie Firmenteams oder Private – den Berg gerne, um Inspiration und Ruhe zu finden. Wenn auch nicht mehr nackt.

Zufluchtsort an grauen Tagen

Das Kongress- und Kulturzentrum Monte Verità ist ein Wahrzeichen von Ascona und der Umgebung Lago Maggiore. Im südlichen Zipfel der Schweiz gelegen, ist die Region aber eigentlich vor allem als Feriendestination bekannt. Das Tessin gilt als Sonnenstube des Landes, als Zufluchtsort an grauen Tagen im Norden. Vor allem Anfang Jahr, wenn sich die Landschaft im Mittelland noch in tristem Braun-Grau zeigt, wirkt das milde, mediterrane Klima jenseits des Gotthards auf Nordkantönler unwiderstehlich. Wer am Osterwochenende einmal vor Locarno im Stau stand, kann davon ein Lied singen.

Doch es ist längst nicht nur das Klima, das im Tessin für Ferienstimmung sorgt. Auch die Landschaft, geprägt von Seen, Bergen und wilden Tälern, Kastanienwäldern und Flüssen lässt den Alltag in Zürich, Basel oder Bern schnell vergessen. Und am neidischsten sind die Rest-Schweizer wohl auf das Dolce Vita des Tessins: Die Sprache erinnert an die letzten Ferien in Italien, Piazzas und Promenaden vermitteln diese Grandezza, für die die Schweiz sonst zu bescheiden ist, die Vegetation blüht früher. Zudem trinken die Tessiner ihren Espresso gerne draussen und mit Sonnenbrille im Gesicht, freuen sich an Gelati statt Winnetou am Stängel und zelebrieren den Apéro als festes Ritual. Sprich: Sie haben italienisches Flair. Kein Wunder, weckt das Tessin Ferienassoziationen.

Das könnte sich bald ändern. Nachdem sich das Bild des Tessins als Naherholungsgebiet erfolgreich in den Köpfen festgesetzt hat, will die Region nun den MICE-Sektor fördern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die NEAT: Mit der geplanten Eröffnung des Gotthard-Basistunnels Ende 2016 rückt das Tessin viel näher an den Rest der Schweiz. Die Tourismusbranche sowie auch private Investoren sehen darin viel Potential und haben insgesamt über eine halbe Milliarde Franken in Kulturzentren, Museen, Hotels, Aqua- und Freizeitparks inves-tiert. Und das sind nur Projekte, die bereits eröffnet wurden oder kurz vor der Eröffnung stehen. Auch im MICE-Bereich wird kräftig aufgeholt: Das bekannteste Projekt ist sicherlich das neue Kultur- und Kunstzentrum LAC in Lugano, das 2015 seine Türen öffnen wird. Zudem investiert die Stadt einen Millionen-betrag in die Sanierung des Palazzo dei Congressi aus den 70er-Jahren.