Premium Icon Reihe: Wie funktioniert mein Gehirn?

Veränderung nachhaltig verankern

Axel Koch beschäftigt sich seit rund 15 Jahren damit, warum manche Menschen neue Verhaltensweisen besser im Alltag umsetzen können als andere. Anhand seiner Erkenntnisse zeigt er, wie man das Gehirn dazu bringt, langfristig neue Verhaltensmuster umzusetzen.

«Was soll ich denn jetzt noch alles machen?» und «Schnell, schnell, schnell!» Sie fühlen sich innerlich getrieben und springen von Aufgabe zu Aufgabe wie ein Flummi. Sie versuchen drei Sachen gleichzeitig zu tun, und dann will der Chef noch etwas Zusätzliches. Ihr Tagesplan klappt zusammen wie ein Jenga-Turm, bei dem Sie den Holzbauklotz an der falschen Stelle rausgezogen haben. Ihnen ist klar: Wenn Sie so weiterarbeiten, werden Sie selbst auch wie der Wackelturm zusammenklappen. Doch wie schaffen Sie es, etwas zu verändern? 

Die Erfolgsmusterfalle 

Sie werden es kaum glauben, aber hinter Ihrer Art zu arbeiten steht eine Erfolgsgewohnheit, die sich tief in Ihr Gehirn eingegraben hat. Natürlich fühlt es sich nicht sehr erfolgreich an, weil Sie total im Stress sind. Doch tatsächlich ist der Feind in Ihrem Büro nicht Ihr Chef oder Ihre Chefin, sondern Sie selbst. Denn Sie haben sich eine bestimmte Art und Weise angewöhnt, Ihre Arbeit zu erledigen. Und die Vorgesetzten schätzen Sie deshalb. 

Sie leisten viel, Sie sind engagiert, und sehr wahrscheinlich haben Sie Ihren Job bekommen, weil Sie mit hohem Anspruch, Fleiss und Perfektion ans Werk gehen. Doch was Sie auf der einen Seite erfolgreich macht, zeigt nun die unangenehme Nebenwirkung: Es macht Sie auf Dauer kaputt. Dieser Mechanismus, der hier wirkt, ist die sogenannte Erfolgsmusterfalle. Aber, wie kommen Sie nun wieder aus der Nummer raus? 

Die meisten Menschen wissen sehr gut, was ihnen guttäte und was sie verändern müssten. Wenn Sie im Multitasking-Modus unterwegs sind, sich ständig in Ihrer Arbeit unterbrechen lassen und zu viele Aufgaben gleichzeitig jonglieren, ist die Sache typischerweise ganz klar: Sie brauchen mehr Fokus und müssen auch öfter mal «Nein» sagen, wenn es zu viel wird. Doch warum ist Veränderung so schwer? Man müsste es doch eigentlich nur tun, oder? 

Gewohnheiten aus Sicht des Gehirns 

Im Prinzip ja: Wenn da nicht die Funktionsweise unseres Gehirns wäre. Irgendwann gewöhnen wir uns ein bestimmtes Verhalten an, weil wir dafür Lob und Anerkennung bekommen. «Mensch, Frau Meier. Wahnsinn, wie Sie das alles immer organisiert bekommen.» Es sind diese Sätze, die uns bestärken, ein Verhalten immer wieder zu zeigen. Das ist das erwähnte Erfolgsmuster. 

In unserem Gehirn passiert Folgendes: Bestimmte Nervenzell-Verbindungen werden dadurch gestärkt. Gehirnforschende sprechen von Datenautobahnen in unserem Kopf. Ein bestimmtes Verhaltensmuster wie Multitasking können Sie sich wie einen Maschendrahtzaun im Kopf vorstellen. Es ist eine sehr gut verdrahtete Gewohnheit, und solange alles gut läuft, ist das super, denn wir müssen nicht mehr über ein bestimmtes Verhalten nachdenken. 

Doch dieser Automatismus ist zugleich auch das Problem, wenn wir etwas verändern wollen. Trotz besseren Wissens fallen die meisten Menschen zurück ins alte Muster und denken, ihnen fehle Willenskraft und Motivation. Doch tatsächlich fehlt es an Transferstärke. 

Transferstärke: Was veränderungsstarke Menschen beherrschen 

Der Begriff Transferstärke beschreibt die entscheidenden Skills und Haltungen, die wir brauchen, damit aus einem Veränderungsimpuls neue Gewohnheiten werden. Die gute Nachricht ist: Diese Transferstärke-Skills kann jede und jeder lernen und damit die eigene Veränderungswirksamkeit grundsätzlich steigern. Ein sehr wichtiger Skill ist die Technik des Rückfallmanagements. 

Rückfallmanagement: Endlich raus aus den alten Mustern 

Die Kernidee dabei ist, dass sich ein Rückfall in das alte Verhaltensmuster frühzeitig ankündigt. Es ist vergleichbar mit Wegweisern an der Autobahn, die Ihnen zeigen, dass eine Ausfahrt bevorsteht. Es gilt nun, diese sogenannten Vorboten für den Rückfall in alte Muster zu identifizieren und zu jedem Vorboten einen geeigneten Notfallplan zu entwickeln, der Ihnen hilft, rechtzeitig gegenzusteuern, um die gewünschte Verhaltensänderung dauerhaft zu realisieren. Ausgehend von diesem Prinzip erarbeiten Sie sich schriftlich einen Rückfallplan, den Sie dann lernen, im Alltag umzusetzen und zu verfeinern.  

Schritt 1 – Altes Verhaltensmuster
Beispiel: Ich arbeite ständig am Anschlag. 

Schritt 2 – Neues Verhaltensmuster
Beispiel: Freundlich Nein sagen, wenn ich merke, es ist mir zu viel. Denn wenn ich meine eigenen Energien nicht gut manage, falle ich irgendwann um. 

Schritt 3 – Vorboten 
Hier identifizieren Sie mindestens drei aufeinanderfolgende Vorboten, die frühzeitig anzeigen, dass Sie wieder in Ihr altes Verhaltensmuster fallen werden. 
Beispiel: Sie denken: Die Aufgabe oder den Termin quetsche ich jetzt auch noch in den Kalender. 

Schritt 4 – Mein Stopp-Signal
Wenn Sie einen Vorboten erkennen, müssen Sie lernen, innezuhalten. Das gelingt, indem Sie sich beispielsweise selbst sagen: «Achtung, STOPP – Vorbote!»  

Schritt 5 – Notfallplan bei Vorboten 
Hier definieren Sie, was Sie bei jedem einzelnen Vorboten zu sich selbst sagen oder aktiv tun, um sich mit grosser Sicherheit hin zu Ihrem gewünschten neuen Verhalten zu steuern. Der Notfallplan muss klar und konkret formuliert sein wie eine Regieanweisung für Schauspielerinnen und Schauspieler. 
Beispiel: Sie sagen sich selbst: «Du bist nicht für den Stress der anderen verantwortlich. Achte auf deine eigenen Energien.»  

Fangen Sie nun gleich an, erstmal Ihre Vorboten zu erkennen. Denn dann wird es leichter, gegenzusteuern, ehe es zu spät ist. 

Buchtipp: Morgen fang ich aber wirklich an! Wie wir endlich Veränderung umsetzen

Viele von uns stecken fest im Veränderungsparadox: Wir wissen, was wir verändern müssen, tun es aber nicht. Der Veränderungsspezialist Axel Koch weiss: Veränderung kann man lernen! Er teilt sein Wissen aus der Forschung und seiner Coachingpraxis auf anschauliche und unterhaltsame Weise und ergänzt es mit Übungen und Selbstreflexionen.

Morgen fang ich aber wirklich an!
Axel Koch
Campus Verlag
2025,  240 Seiten

Kommentieren 0 Kommentare
Text: Axel Koch

Axel Koch ist Spezialist für Veränderung, zweifacher Bestseller-Autor, Diplom- Psychologe, Professor für Training und Coaching und hat die Transferstärke-Methode® entwickelt. Sein neuestes Buch heisst «Morgen fang ich aber wirklich an».
transferstaerke.com

Weitere Artikel von Axel Koch
Anmelden um einen Kommentar abzugeben.

KOMMENTARE

Kommentar hinzufügen

Das könnte Sie auch interessieren