Lügen-Serie

Verräterische Zeichen

Ein kurzer Griff an die Nase, starkes Schwitzen, eine höhere Stimme: Wenn jemand lügt, sendet der Körper einige deutliche Signale. Wer die kennt, kann Lügner leichter enttarnen.

Es gibt eine Vielzahl von körperlichen Zeichen, anhand derer wir erkennen können, ob jemand gerade lügt. Paul Ekman, amerikanischer Psychologe, hat den Zusammenhang zwischen Emotionen und Gesichtsausdrücken untersucht und drei Basisgefühle definiert, die die Lüge begleiten:

  • Angst, bei der Lüge ertappt oder blossgestellt zu werden
  • Schuld, Menschen zu belügen, Ihr Vertrauen zu missbrauchen
  • Unterdrückte Freude, ohne Konsequenzen aus einer Sache herausgekommen zu sein, beziehungsweise jemanden wissentlich getäuscht zu haben

Neben Angst, Schuld und unterdrückter Freude gibt es noch viele weitere Indizien, die auf Unwohlsein beziehungsweise auf eine Lüge hindeuten können. Wichtig bei der Deutung ist, dass niemals ein einziges Merkmal alleine zu berücksichtigen ist, sondern dass es immer Hinweise in der Mimik, der Körpersprache, der Stimme und der Sprache zu beobachten gibt. Zudem ist es sehr wichtig, dass Sie sich im Vorfeld über das Normalverhalten des Gegenübers informiert haben und diese Erkenntnisse mit in Ihre Beobachtungen einbeziehen. 

Fasst sich ein Mensch beispielsweise häufig an die Nase, so ist es für Sie wichtig zu wissen, ob dies ein Tick ist, den der Mensch zigmal täglich ausführt, oder ob es sich um eine Geste des Unwohlseins handelt. Als erstes finden Sie immer Hinweise in der Mimik, die sogenannten Mikroexpressionen. Sie verbleiben nur ein paar Millisekunden im Gesicht und verschwinden dann sehr schnell wieder.  

Mimik  

Hände im Nasenbereich: Die Geschichte von Pinocchio, dessen Nase wächst, wenn er lügt, ist nur teilweise ein Märchen. Tatsächlich verändert sich etwas im Gesicht, wenn jemand nicht die Wahrheit sagt. Das haben Psychologen der Universität Granada in Spanien herausgefunden. Sie nutzten Wärmebildkameras, um den Zusammenhang zwischen verschiedenen Gefühlen und der Körpertemperatur zu erforschen. Log einer der Probanden, wurde es rund um seine Nase und im inneren Augenwinkel wärmer. Gleichzeitig beobachteten die Forscher die Aktivität in der Inselrinde (Cortex insularis). Sie nehmen an, dass diese Hirnregion besonders aktiv ist, wenn wir Gefühle empfinden, die wir subjektiv als echt bezeichnen würden. Denn: Je aktiver die Inselrinde war – das heisst, je ehrlicher die Person das empfand, was sie sagte –, desto weniger veränderte sich die Temperatur der Nase. 

Frühere Studien haben ergeben, dass sich Menschen häufig an die Nase fassen, wenn sie schwindeln. Forscher der Universität Illinois analysierten, dass sich Bill Clinton bei seiner Aussage zur Lewinsky-Affäre 26 Mal an die Nase griff und das immer dann, wenn er nicht die Wahrheit sagte. Die Psychiater Alan Hirsch und Charles Wolf berichten, dass der Körper beim Lügen Hormone freisetzt, welche die Nasenschleimhaut anschwellen lassen. Dadurch könne die Nase auch jucken – fast unmerklich, aber ausreichend, damit sich der Lügner häufiger an den Zinken fasst.   

  • Wischbewegungen im Augenbereich: Ausserdem fassen sich emotional berührte Menschen in den Augen- und Nasenbereich. Skeptisch sollten Sie ebenfalls werden, wenn ein Mensch, während er etwas von sich gibt, im Augenraum etwas wegzustreichen versucht. Er streicht das Gesagte tatsächlich weg.
  • Blinzelfrequenz: Normalerweise blinzelt ein Mensch alle sechs bis sieben Sekunden, also ca. 10- bis 12-mal pro Minute. Dieses Blinzeln hält unsere Hornhaut feucht. Erhöht sich diese Frequenz ohne erkennbaren Grund, so könnte dies auch auf Unruhe, Unsicherheit und eine Lüge hindeuten. 
  • Augenbewegungsmuster: Kurze, unbewusste Bewegungen der Augen in verschiedene Richtungen geben Aufschluss darüber, aus welchem Repräsentationssystem gerade Informationen abgerufen werden. Dies kann Ihnen helfen, sich besser auf Ihr Gegenüber einzustellen und gleiche Kanäle zu benutzen.
  • Geschürzte Lippen: Sobald ein Mensch im Gespräch die Lippen zusammenpresst, sie schürzt oder darauf herumbeisst, ist dies ein weiterer Hinweis auf Unwohlsein, Lüge: «Ich sage jetzt nix mehr!»    
  • Hand vor dem Mund: Gerade bei Kindern ein starkes Indiz dafür, dass sie das Gesagte am liebsten wieder zurückholen würden oder wünschen, dass das Gesagte durch den Einfluss der Hand nicht richtig verstanden wird.
  • Starke Asymmetrien im Gesicht: Auf jeder Gesichtshälfte agieren 26 Muskeln. Macht sich ein echtes Gefühl breit, so agieren diese Hand in Hand und beide Gesichtsflächen zeigen die jeweilige Emotion. Wird ein Gefühl gefaked, also vorgegeben, so kann es zu Entgleisungen kommen.
  • Soziales Lächeln: Es wird immer aufgesetzt, wenn wir etwas überspielen möchten, unsere wahren Gefühle nicht nach aussen gelangen sollen. Es unterscheidet sich von einem echten Lächeln, da es sehr langsam ins Gesicht kommt, der Mund meistens geschlossen bleibt, es tonlos ist und die Augen nicht mitlächeln.   

Körpersprache 

  • Steife Körpersprache: Das Pinocchio-Phänomen greift auch hier. Wird jemand plötzlich stocksteif und bewegt sich kaum noch, so haben wir es mit einem weiteren Indiz der Lüge zu tun. Der Lügner möchte sich nicht durch starke Körpersprache in den Vordergrund rücken. Es ist bewiesen, dass sich komplexe Denkprozesse so äussern, dass die gesamte Energie dem Gehirn zur Verfügung gestellt wird und die Körpersprache das Nachsehen hat. Lügen ist ein komplexer Denkprozess.
  • Streichbewegungen: Fängt ein Mensch während des Gespräch an, sich nicht vorhandene Flusen vom Körper zu zupfen, so ist dies ein Indiz für Wegwischen und somit das Gesagte an sich abperlen zu lassen.
  • Nähe-Distanz: Steht uns ein Mensch nahe, so tut er dies auch physisch. Tritt ein Mensch im Gespräch den Rückzug um ein bis zwei Schritte an, so könnte dies ebenfalls ein Indiz für eine Lüge sein. Er distanziert sich vom Gesagten und von der anderen Person.
  • Fehlen von Manipulatoren: Wir Menschen fassen uns permanent selbst an, reiben, streicheln und kneifen uns in Arme, Beine, Gesicht, Hals und Drosselgrube. Können Sie keine solche Manipulatoren finden, so haben wir hier auch einen Hinweis auf Unwohlsein beziehungsweise die Lüge.
  • Schweissbildung: Ein starkes Indiz ist starker Schweissfluss, der sich vor allem im Hals–, Achsel- und Rückenbereich zeigt. 

Stimme/Sprache 

Grundsätzlich geht die Stimme immer einen halben bis einen Ton höher, wenn wir schwindeln, aus dem einfachen Grund, dass wir nicht zu 100 Prozent dazu stehen, was wir da sagen, und wir Angst vor Entdeckung haben. Sie sollten hellhörig werden, wenn folgende Phänomene in der Sprachwahl Ihres Gegenübers auftauchen:

  • «So viel ich weiss», «Um ehrlich zu sein», «Ganz ehrlich …»
  • Wiederholung der Frage – hier wird ganz klar Zeit gewonnen!
  • lange oder kurze Pause bis zur Antwort
  • ausweichende Antworten
  • religiöse Beschwichtigungen: «Ich schwöre hoch und heilig»
  • Klagen über die Befragungssituation
  • zu detailreich oder -arm
  • grosses Bemühen, zu überzeugen
  • Gebrauch von Superlativen 

 

So, liebe Leser, nun haben Sie alle Infos, die Sie zur Identifikation von Lügen benötigen, ich wünsche Ihnen viel Freude beim Beobachten!

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Tatjana Strobel ist Expertin für Körpersprache, Physiognomie und Menschenkenntnis, Bestsellerautorin und Gründerin des Unternehmens TS-Headworks. 
Sie tritt regelmässig als Keynote-
Speakerin an Unternehmensevents auf.

tatjanastrobel.ch

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