Kolumne

Von der Taufe bis zum Grabstein

Projekte sind von Grund auf eine ernste Angelegenheit. Nicht umsonst werden zusätzlich zu den regulären Mitarbeitern gerne noch eine Schar externe Berater angestellt, die dem Unterfangen mit ihren scharfsinnigen Expertisen und Erfahrungen den nötigen Schmiss geben. Einen, der unmöglich von den eigenen Angestellten kommen kann. Man weiss ja, dass diese notorisch zu wenig flexibel sind und nur in der Kiste denken können, wenngleich thinking outside the box angesagt wäre. Die als wirklich wertvoll erachteten Impulse müssen deshalb zwingend von Leuten kommen, die weder von der Firma, der Materie noch den Abläufen die geringste Ahnung haben. Doch das hindert keinen Consultant daran, diesen Umstand mit einer schönen Powerpoint-Präsentation zu vertuschen, indem er ein paar Schlagworte einfügt, die jeden Chef zum Frohlocken bringen. Benchmarks, Best Practice, Deep Dive, Leveraging, Profit Center, Streamlining und so weiter and so on. Auf Deutsch verlieren diese Buzz-Wörter übrigens schnell ihren Charme. Da würden wir von Richtwerten, Tief(see)tauchen, Hebelwirkung, Gewinnzentralen oder Stromlinienform sprechen. Und das ist einfach nicht sexy enough. 

Wenn die Berater erst an Bord sind, fällt ihnen als erstes die schwierige Aufgabe zu, einen Projektnamen zu finden, mit dem sich alle Beteiligten identifizieren können. Das dauert fünf Tage, an denen zwei Berater zu einem Tagessatz von 2500 Franken mittels interner Umfragen feststellen, dass das Projekt entweder Barracuda, Tequila oder Nautilus heissen soll. Dazu gibt es selbstverständlich eine Präsentation, die zu jedem Namen die Pros and Cons auflistet, inklusive einer Empfehlung an die Chefetage, das Projekt doch lieber «Peppersack» zu nennen, weil das viel melodiöser klingt als die von den Mitarbeitern eingebrachten Vorschläge. Da eine Entscheidung von solcher Tragweite Chefsache ist, wird in einer geheimen Sitzung, bei der auch ein Ober-Consultant zu einem Tagessatz von 4000 Franken anwesend ist, darüber beraten, welcher Name es denn nun sein soll. Nachdem der Entschluss getroffen ist, findet sich die ganze Truppe in der Barracuda Bar ein, wo Kapitän Nemo das Projektkind mit viel Tequila aus der Taufe hebt.

Und so nimmt Projekt Pfeffersack seinen Lauf, während eine weitere Ladung angelsächsischer Parolen die Runde macht: Milestones müssen erreicht, Touchpoints aufgesetzt und Deliverables ausgehandelt werden. Man sollte auf einen Holistic Approach achten und  it’s all about innovation and sustainability! Das Be-raterteam ist überzeugt davon, dass die Next Generation eines Tages auf dieses Projekt zurücksehen und sagen wird: Wow, da waren noch echte Pioniere am Werk. Die hatten Clear Goals, immer den Shareholder Value im Blick und eine Exit Strategy, die sich gewaschen hatte. 

Viele Monate und ein paar hunderttausend Franken später ist der Pfeffersack am Ende. Man hat entdeckt, dass ein ähnliches Ansinnen bereits unter dem Projektnamen «Trump» in einer anderen Abteilung bearbeitet wird und durchaus brauchbare Ergebnisse liefert. Die beiden Projekte werden sofort gemergt und laufen fortan unter dem Namen «Bunga Bunga». Eine Abschlussfeier reich an Speeches und sonstigen Belobigungen setzt den Schlusspunkt unter den Pfeffersack. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge wird die Rechnung der externen Berater beglichen. Die eigenen Mitarbeiter erhalten für geleistete Dienste einen Grabstein (Tombstone) für ihren Schreibtisch. Feierlich in einen Plexiglaswürfel gemeisselt – zu 55 Franken pro Stück – steht dort geschrieben: Congratulations! Peppersack sucessfully integrated into Trump and Bunga Bunga rolled out in all departments.

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