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Von Sennen lernen

Am östlichen Rand der Schweiz, zwischen Bodensee und Säntis gelegen, gibt es eine Region zu entdecken, in der alte Traditionen gleich wichtig sind wie neue Infrastruktur. Die Gäste herzlich empfängt, aber immer ihre Einzigartigkeit bewahrt. Das Appenzellerland bietet Vielfalt auf kleinem Raum und Teamevents der etwas anderen Art.

Bei Miss-Wahlen im Appenzellerland werden den Kandidatinnen keine schwierigen Fragen gestellt, sie müssen sich nicht in verschiedenen Tenues präsentieren und auch ihrem Hüftschwung wird nur wenig Beachtung geschenkt. Dafür punktet, wer einen kraftstrotzenden Knochenbau, ein glänzendes Fell und ein anmutiges Euter hat.

Krönchen werden im Appenzellerland, dem Gebiet der beiden Halbkantone Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden, nicht jungen Frauen, sondern Kühen verliehen. An der Beliebtheit der Wahl ändert das nichts. Viehschauen sind ein Highlight im Kalender der Appenzeller. Die Bauern würdigen das, indem sie sich oft selber in Schale werfen, bevor sie ihre schönsten Weibchen zum Dorfplatz führen. Sprich: Sie nehmen ihre Sennentracht aus dem Schrank. Die Jury: bärtige, bodenständige Männer mit kritischem Blick und wenig Milde. Ein schönes Spektakel – das keines ist. Denn Viehschauen haben Tradition. Sie gehören für die Einheimischen zum Kulturgut, zum Alltag. Touristen sind zwar herzlich willkommen, aber sie sind nicht der Zweck der Veranstaltung.

Charakter statt Einheitsbrei

In kaum einer Region der Schweiz wird Brauchtum noch so gelebt wie im Appenzellerland. Die Authentizität ist wahrscheinlich der Liebe der Einheimischen zu ihrer Heimat zwischen Bodensee und Säntis zu verdanken. Der Bodenständigkeit der Menschen, die sich zwar für das Draussen interessieren, aber nicht jedem Trend nachjagen müssen. Dieses Selbstvertrauen und diese Natürlichkeit machen die Region zu einem touristischen Erlebnis. Hotelketten und Luxusbunker sucht man  hier vergebens. Dafür gibt es eine breite Auswahl an modernen Seminar­hotels und viele Gasthäuser, die oft schon seit mehreren Generationen in Familienbesitz sind. Sie sind modern, was die Infrastruktur betrifft, aber sie haben ihren Charme behalten.

Kursaal und Zentren

Kulturzentrum Casino Herisau
Für grosse Events bietet das Casino Herisau je nach Bestuhlung Platz für bis zu 1200 Personen. Für Seminare, Versammlungen und Sitzungen stehen weitere Räume mit Kapazität für bis zu 200 Personen zur Ver­fügung. www.herisau.ch/kulturzentrum

Kursaal Heiden
Das Gebäude im Bauhaus-Stil bietet auf über 500 Quadratmetern mit fünf Räumen und Platz für bis zu 400 Personen einen besonderen Rahmen für Tagungen, Seminare und Anlässe. Vis-à-vis steht das 4-Sterne-Seminar- und Wellness-Hotel Heiden. www.kursaalheiden.ch, www.hotelheiden.ch

Kunsthalle Ziegelhütte Appenzell
Nach einem Umbau ist die ehemalige Ziegelei aus dem 16. Jahrhundert zu einem multifunktionalen Kulturzentrum geworden, das auch die ­Möglichkeit für Seminare und Bankette bietet. Die Ziegelhütte bietet in Konzertbestuhlung Platz für bis zu 250 Personen. www.museumliner.ch

 

Hotels mit Seminarmöglichkeiten

Hotel Hof Weissbad
Modernes 4-Sterne-Haus in ruhiger Umgebung. Für Seminare stehen ­Räume mit Platz für bis zu 40 Personen zur Verfügung. Zimmer: 87; Seminarräume: 3; Gruppenräume: 3; Plus: schöner Wellness-bereich sowie ein Angebot an Teamevents wie ein Barkeeper-Kurs, den Besuch der eigenen Hofkäserei oder ein Waldfondue. www.hofweissbad.ch

Hotel Herisau
3-Sterne-Superior-Haus mitten im historischen Dorfkern von Herisau gelegen. Die Seminarräume bieten Platz für bis zu 80 Personen. Zimmer: 33; Seminarräume: 4; Konferenzzimmer: 4; Plus: grosse ­Arbeitsflächen in den Zimmern und ein Restaurant, das von 6 bis 24 Uhr geöffnet ist. www.hotelherisau.ch

Swiss Dreams Hotel Walzenhausen
Hauptattraktion im Swiss Dreams Hotel Walzenhausen ist das Panorama über den Bodensee. Der Jugendstil-Saal bietet Platz für 150 Personen. Zimmer: 70; Seminarräume: 2; Saal: 1; Plus: Restaurant mit Blick auf drei Länder und den Bodensee. www.swissdreamshotels.com/walzenhausen

Hotel Zur Linde, Teufen
Traditionshaus mit klassischem Ambiente und drei Sternen, bestens ­geeignet für Bankette mit bis zu 250 Personen. Zimmer: 14; Seminarräume: 4; Saal: 1; Plus: Die Inhaber in dritter Generation sorgen für einen persönlichen Service. www.hotelzurlinde.ch

Romantik Hotel Säntis, Appenzell
Das 4-Sterne-Hotel überzeugt vor allem durch seinen heimeligen Charme. Der grösste Seminarraum bietet Platz für rund 120 Personen. Zimmer: 36; Seminarräume: 5; Plus: das Restaurant «Landsgmend­stobe» mit typischen Appenzeller Gerichten. www.saentis-appenzell.ch

Berghotel Schwägalp
Noch steht das urchige Berghotel Schwägalp oberhalb der Talstation der Säntis-Schwebebahn. Ab Herbst 2015 wird es einem Neubau mit 66 Zimmern weichen: Seminarräume und Wellness im Drei-Sterne-Komfort. Zimmer: 28; Seminarräume: 8; Säle: 2; Plus: zahlreiche Räume für Seminare und Tagungen im Hotel und auf dem Säntis. www.saentisbahn.ch

Berggasthaus Meglisalp
Mitten im Sennendörfchen auf rund 1500 Metern gelegen und nur zu Fuss erreichbar. Die Seminarräume bieten Platz für bis zu 30 Personen. Zimmer: 8 plus Massenlager; Seminarräume: 2; Plus: Einblick in das Sennenleben, inklusive dem traditionellen Betruf. www.meglisalp.ch
 

Auch grosse Säle, wie beispielsweise das ­Casino in Herisau, das bis zu 1200 Personen Platz bietet, sind vorhanden. Noch schöner ist der Kursaal Heiden, in typischem Bauhaus-Stil errichtet und aufwendig renoviert. Heiden gilt als inoffizielles Zentrum für Seminar- und Kongresstourismus. Bis ins Jahr 2015 sind 200 neue Hotelbetten geplant. Doch im Appenzellerland ein Zentrum zu definieren, wäre schade. Die Distanzen sind kurz und Hotels in der ganzen Region verstreut. Sie sind so ­unterschiedlich wie die Landschaft, in der sie stehen: vom Berggasthof im Sennendorf Meglisalp bis zum Swiss Dreams Hotel Walzenhausen mit Panoramablick über den Bodensee.

Chläuse und Sennen

Die Landschaft der Region wechselt auf kleinstem Raum von sanften, lieblichen Hügeln zu kantigem Gebirge mit glasklaren Bergseen. Sie lockt zum Wandern, Biken, Gleitschirmfliegen und Klettern. Im Winter laden die verschneiten Hügel zum Schneeschuhwandern oder Fahrten mit dem Husky-Schlitten ein. Das sind die Klassiker. Die Event-Manager der Region haben sich aber auch typischere Programme für Firmenanlässe ausgedacht: eine Einführung ins Schwingen beispielsweise, bei der auch Frauen ins Sägemehl steigen können, oder die «Appezöller Alpolympiade», bei der sich Teams in für ­Städter eher unbekannten Disziplinen aus der Sennen- und Bauernwelt messen können.

Gut möglich auch, dass Gäste richtiggehend über Brauchtum stolpern: Bis heute werden Strassen gesperrt für die Alpfahrten im Frühling und Herbst – schönere Umzüge noch als bei der Viehschau. Im Januar begegnet man komischen Gestalten wie den «Schöne», ­«Wüeschte» und «Schönwüeschte» Chläusen, die durchs Land ziehen und zauren, also jodeln. Sie wünschen sich ein gutes neues Jahr – nach dem Datum des gregorianischen ­Kalenders. Die Tourismusbüros in der Region geben Auskunft über Orte und Zeiten.

Ausflüge

Kulinarisch

Speisen wie anno dazumal in der Waldegg, Teufen
Ein Betrieb, fünf Restaurants: Im «Schnuggebock» wird gespiesen wie anno dazumal im Bauernhaus, der «Tinte Lompe» lässt die Schulzeit aufleben, im «Höhenrestaurant» gibt es appenzellische Urchigkeit, «Tante Emmas Ladebeizli» erinnert an die Zeit vor Coop und Migros und «das Ziiträdli» steht unter anderem für eine nostalgische Kafipause. www.waldegg.ch

Das Geheimnis des Appenzeller Käses lüften, Schaukäserei Stein
Das Rezept für den Exportschlager des Appenzellerlandes, den Appenzeller Käse, wird auch hier nicht verraten. Aber in Gruppen- oder iPad-Führungen bekommen Besucher eine Idee, wie aus Milch Käse wird. Das heimelige Höckli mit Platz für bis zu 150 Personen bietet Kulinarisches rund um den Käse. www.schaukaeserei.ch

Biber backen
Wer kennt sie nicht, die Appenzeller Biberli? Bäcker lassen sich über die Schultern schauen und helfen bei der Herstellung der Lebkuchenspezialität. www.seminare.appenzellerland.ch/www.appenzell.ch

Kulturell

Wenn aus dem Team ein Jodelchor wird
«Taler schwinge ond grad häbe»: Aus dem Appenzeller Naturjodel können auch Nicht-Sänger lernen. Und viel schneller als gedacht, klingts auch im Team gut. www.appenzell.ch

Besuch in der Hackbrett-Werkstatt, Herisau
Werner Alder baut in seiner Werkstatt seit über 30 Jahren Hackbretter. Er erzählt gerne vom  Traditionsinstrument und lässt die Seiten klingen. Jamsession auf Appenzellisch. www.alder-hackbrett.ch

Sportlich

Schwingen lernen
Spätestens seit dem letzten eidgenössischen Schwing-  und Älplerfest ist die lüpfige Sportart wieder en vogue. Und sie stärkt den Teamgeist. www.seminare.appenzellerland.ch

Appenzöller Alpolympiade
Einen Wettkampf der anderen Art bietet die Alpolympiade. Die Disziplinen: Bauernleben und Brauchtum. Die Siegerehrung findet bei «Chäshörnli» und «Südwörscht» statt. www.zeitreisen.ch

Wer lieber mit einem Guide unterwegs ist, statt sich selber mit dem Team aufzumachen, um Chläuse oder Kühe zu suchen, kann aus  einem grossen Angebot von Führungen wählen. Auch in den schmucken Dörfern, geprägt von unterschiedlicher Appenzeller Architektur, gibt es auf geführten Rundgängen Interessantes zu erfahren. Beispielsweise zur speziellen appenzellischen Siedlungsstruktur: Der Legende nach hat einst ein Riese die Region durchquert, mit einem Sack voller Häuser auf dem Rücken. Der Säntis, mit 2502 Metern der höchste Gipfel im Alpstein, hinterliess einen Riss im Gepäckstück und folglich purzelten immer wieder Häuschen heraus. Als der Riese den Verlust bemerkte und zurückblickte, war er aber so entzückt über die in der Landschaft verstreuten Siedlungen, dass er sie liess, wo sie waren. Was selbst Riesen berührt, dürfte auch Managern gefallen.

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