Recht

Arbeiten in Zeiten von Corona

Das Coronavirus beschäftigt und verunsichert unsere Gesellschaft – auch im Bereich des Arbeitsrechts. Der Bundesrat hat in diesem Zusammenhang bereits verschiedene Regelungen eingeführt, welche sich jedoch jederzeit und kurzfristig wieder ändern können.

Homeoffice

Oft verlangen Arbeitnehmer, dass sie aufgrund der aktuellen Situation im Homeoffice arbeiten können. Doch: Ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Homeoffice. Auch kann der Arbeitgeber grundsätzlich nicht ohne Weiteres einseitig den vertraglich vereinbarten Arbeitsort ändern und Homeoffice anordnen. Angesichts der aktuellen Lage ist er aber aufgrund seines gesetzlichen Weisungsrechts befugt, vorübergehend Home­office anzuordnen. 
Eine besondere Regelung besteht derzeit (während der Corona-Pandemie) für besonders gefährdete Personen: Sie sollen ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen. Die Arbeitgeber haben dazu die geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen zu treffen. Können die Arbeitstätigkeiten aufgrund der Art der Tätigkeit oder mangels realisierbarer Massnahmen nur am üblichen Arbeitsort erbracht werden, so müssen die Arbeitgeber mit geeigneten organisatorischen und technischen Massnahmen die Hygieneempfehlungen des Bundes sicherstellen. Ist dies nicht möglich, werden sie vom Arbeitgeber unter Lohnfortzahlung beurlaubt. Als besonders gefährdete Personen gelten einerseits Personen ab 65 Jahren und andererseits Personen, die insbesondere folgende Erkrankungen aufweisen: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs sowie Personen mit Erkrankungen und in Therapien, die das Immunsystem schwächen.

Vertragliche Regelung des Homeoffice

Die Details des Homeoffice – Kosten, Arbeitszeiten und Datenschutzangelegenheiten – sollten mit dem Arbeitnehmer geregelt werden. Insbesondere ist festzuhalten, was mit den Gerätschaften und den darauf gespeicherten Daten passiert. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sollen sich keine vertraulichen Daten mehr auf den privaten Geräten befinden. Sodann sind grundsätzlich auch die Bestimmungen des Arbeitsgesetztes – vor allem Höchstarbeitszeiten und Pausen – im Homeoffice einzuhalten.

«Höchstarbeits­zeiten und Pausen sind im Homeoffice einzuhalten.»

Sofern nichts anderes verabredet oder üblich ist, hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit den zur Arbeit benötigten Geräten und Material auszurüsten. Dies gilt auch bei vom Arbeitgeber angeordnetem Homeoffice. Stellt hingegen der Arbeitnehmer selbst die Geräte oder das Material zur Verfügung, ist er dafür angemessen zu entschädigen, sofern nichts anderes vereinbart oder üblich ist. Arbeitet der Arbeitnehmer ausschliesslich von zu Hause aus, muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Arbeitnehmer einen vollwertigen Arbeitsplatz hat. Arbeitet er jedoch vorwiegend im Betrieb und hat lediglich die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, wird in der Praxis angenommen, dass der Arbeitgeber seinen Pflichten zur Bereitstellung eines Arbeitsplatzes nachgekommen ist und somit grundsätzlich keine weiteren Kosten zu übernehmen sind. Ferner hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz der notwendigen Auslagen (z.B. Telefonkosten).

Kinderbetreuung durch die Eltern

Umstritten ist, ob der Lohn geschuldet ist, wenn alle Schulen durch die Behörden geschlossen werden. Teilweise wird argumentiert, der Lohn sei während der gleichen eingeschränkten Dauer wie bei einer Krankheit geschuldet. Es handle sich um ein individuelles Leistungshindernis des Arbeitnehmers, da sein Kind zu betreuen sei. Ein anderer Teil argumentiert, es liege eine objektive Unmöglichkeit – die für alle gleichermassen gilt – zur Arbeitsleistung vor und der Lohn sei nicht geschuldet. Vermehrt wird der Standpunkt vertreten, dass zumindest für die ersten drei Tage Lohn geschuldet sei. Auch das SECO scheint diese Ansicht zu stützen, betont aber, dass Arbeitnehmer in jedem Fall versuchen müssen, eine Drittbetreuung sicherzustellen. 
Ein höchstrichterliches Urteil liegt nicht vor. Das Arbeitsgericht Zürich hat in einem Entscheid aus dem Jahr 2010 eine Lohnfortzahlungspflicht mit der Begründung verneint, dass gerade kein krankes Kind zu betreuen gewesen sei und die betreffende Arbeitnehmerin nur ausser Stande sei, ihrer Arbeit nachzugehen, weil die Kinderkrippe aufgrund des Ansteckungsrisikos des Schweinegrippevirus geschlossen worden ist. Es habe sich um ein objektives Leistungshindernis gehandelt.

Entschädigung für Eltern bei Kinderbetreuung

Eltern müssen aufgrund der Schulschliessung vermehrt die Kinder betreuen. Können Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Tagen eine geeignete Kinderbetreuung finden, gilt Folgendes: Ab dem vierten Tag der Betreuung haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein Taggeld, sofern sie die Erwerbstätigkeit infolge Ausfalls der Fremdbetreuung ihrer Kinder unterbrechen mussten und die Kinder das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Höhe, Beginn und Ende des Anspruchs sind in einer Verordnung des Bundesrates geregelt. Der Anspruch gilt nur, wenn kein Lohnanspruch besteht. Ein analoger Entschädigungsanspruch besteht bei einem Erwerbsunterbruch aufgrund einer verordneten Quarantäne. In beiden Fällen entspricht das Taggeld 80 Prozent des Einkommens und beträgt höchstens 196 Franken pro Tag. Die Entschädigung ist auf zehn Taggelder für Personen in Quarantänemassnahmen begrenzt, beginnt aber am ersten Tag der Abwesenheit.

Betriebsschliessung

Verschiedene Betriebe müssen im Moment geschlossen sein. Oft ist deshalb eine Beschäftigung der Angestellten nicht mehr möglich, so etwa für den Koch im Restaurant oder die Coiffeuse im Coiffeursalon. Grundsätzlich gilt: ohne Arbeit, kein Lohn. Hat der Arbeitgeber die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung verschuldet oder fällt sie in seinen Risikobereich, ist der Lohn allerdings weiterhin geschuldet. Bei freiwilligen Betriebsschliessungen zur Eindämmung der Pandemie wäre der Lohn wohl weiterhin geschuldet. Ob dies auch im Falle von behördlichen Betriebsschliessungen im Zusammenhang mit der aktuellen Notlage gelten soll, ist nicht restlos geklärt und dürfte fraglich sein. Gerichtsentscheide stehen hier noch aus. Die kurzfristige Anordnung von Ferien dürfte während einer Betriebsschliessung nicht zulässig sein.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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