Zwischen Rettungsfahrzeugen und Eventplanung
«Sobald der Alarm ausgelöst wird, zählt jede Minute: Wo ist der Einsatzort? Was ist zu tun?», erzählt Jana Jungnickel von ihrer Arbeit bei der Milizfeuerwehr. Diese Aufgabe vereinbart sie gekonnt mit ihrer Stelle als Assistentin beim Bevölkerungsschutz. Sie erzählt Miss Moneypenny, wie ihr das gelingt.

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«Als ich mich vor über sechs Jahren beim Bevölkerungsschutz Uster bewarb, hatte ich keine Ahnung, dass ich eines Tages bei der Feuerwehr landen würde. Die Stelle war als Assistentin Bevölkerungsschutz ausgeschrieben und ich dachte: Öffentlicher Dienst tönt gut. Da ich die geforderte Voraussetzung mit der Ausbildung zur Direktionsassistentin erfüllte, reichte ich meine Bewerbung ein.
Das Gespräch verlief ziemlich ungezwungen, fast schon frei Schnauze. Wir sprachen über meinen bisherigen beruflichen Weg und meine Sportaffinität. Auf die Frage meines künftigen Vorgesetzten und Kommandanten Sascha Zollinger, was mir als Assistenz besonders wichtig sei, antwortete ich: Wertschätzung. Für mich zählt nicht in erster Linie, was ich mache, sondern mit wem – und ob es geschätzt wird. Offenbar kam das gut an. Am nächsten Morgen, Punkt acht Uhr, klingelte das Telefon und Zollinger sagte: ‹Wir würden Sie gern einstellen.› So bin ich hier gelandet.
Inzwischen bin ich angekommen. Meinen Arbeitstag starte ich meist zwischen Viertel vor acht und acht, nachdem ich mit dem Auto von meinem Wohnort Winterthur nach Uster gefahren bin. Ich finde es angenehm, dass ich nicht am selben Ort wohne und arbeite, denn während mich in Uster viele kennen, geniesse ich in Winterthur eine gewisse Anonymität. Eine Frühaufsteherin bin ich bis heute nicht. Ich komme ursprünglich aus der Hotellerie und Gastronomie, war lange Barkeeperin. Da brauche ich morgens erst mal einen Kaffee, um in den Tag zu finden.
Wobei ich selten ganz gemütlich starte: Meistens habe ich schon eine Stunde Sport hinter mir, bevor ich im Geschäft ankomme – rennen, Velo fahren oder schwimmen. Ich betreibe seit 2018 Triathlon. Damit begonnen habe ich, weil ich einen Ausgleich zum sitzenden Beruf brauchte. Ich bin ein Energiebündel. Inzwischen bin ich ziemlich ambitioniert und auch erfolgreich. So gewann ich kürzlich am Schloss-Triathlon im deutschen Moritzburg in meiner Altersklasse.
Im Büro war ich bislang die einzige Frau; das ist wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb die Wahl damals auf mich fiel. Man muss hier jemand sein, der sich inmitten vieler Männer behaupten kann, auch wenn die Zusammenarbeit immer sehr wohlwollend ist. In Kürze wird sich das allerdings ändern. Aufgrund des gestiegenen Personalbestands, und der damit verbundenen Aufgaben im Bereich der Feuerwehr, darf ich die Leitung der Zivilschutzstelle an eine neue Kollegin abgeben.
Zu meinen weiteren Aufgaben gehört zurzeit unter anderem die administrative Unterstützung des Kommandanten Bevölkerungsschutz in sämtlichen Belangen.Dazu zählen etwa Rapporte, die nach den Feuerwehrübungen und Einsätzen ins System eingegeben werden müssen, oder die Sitzungsprotokollierung. Zudem leite ich das Sekretariat der Feuerwehr Uster und organisiere Events und Veranstaltungen.
Aktuell plane ich unseren Jahresabschlussevent, zu dem wir Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik, Partner sowie Partnerorganisationen einladen. Bisher nutzten wir dafür immer dieselbe Lokalität, doch wegen einer Terminverschiebung musste ich nun einen neuen Veranstaltungsort finden und den Anlass komplett neu konzipieren. Das ist aufwendig, macht mir aber auch Freude. Und da ich beruflich aus dem Gastgewerbe stamme, kenne ich mich mit Caterings und allem Drum und Dran ziemlich gut aus.
Weiter übernehme ich auch IT-Aufgaben als Power-Userin für den Bevölkerungsschutz, bewirtschafte die städtische sowie unsere eigene Homepage und betreue die Social-Media-Kanäle der Feuerwehr. Weitere Aufgaben kommen laufend dazu. Clean Desk gibt es bei mir nicht; es bleibt immer etwas liegen. Ich habe selten die Möglichkeit, etwas ganz abzuschliessen. So nehme ich mir am Morgen oft vor: Heute mache ich die Einsatzrapporte und genau das mache ich dann nicht. Irgendwo brennt es immer, im wahrsten Sinn des Wortes. Und dann heisst es: ‹Jana, kannst du mal schnell ...?› Deshalb ist für mich eine To-do-Liste absolut zentral.
Die Zusammenarbeit mit meinem Vorgesetzten Sascha Zollinger erlebe ich in diesen oft hektischen Momenten als sehr vertrauensvoll. Er trägt als Kommandant Bevölkerungsschutz die administrative Gesamtverantwortung für die Feuerwehr, den Zivilschutz und das Ausbildungszentrum in Riedikon. Operativ leitet er die Feuerwehr und ist zudem für den Dienstbetrieb, den Zivilschutz und die Einsatzführung zuständig. Sein Anliegen ist, die administrative Arbeit der Milizangehörigen möglichst wirkungsvoll zu entlasten und ihnen verlässliche Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sie sich ganz auf ihre Einsätze konzentrieren können.
Neben meiner Arbeit als Assistentin bin ich inzwischen selbst in der Milizfeuerwehr tätig. Allerdings noch nicht so lange, wie ich hier arbeite, und wenn ich ehrlich bin, dann habe ich innerlich bis heute noch immer diesen gesunden Reflex wegzurennen, wenn es brennt.
Aber die Feuerwehr beschäftigt ja nicht nur Menschen, die ins Feuer stürmen, denn bei Verkehrsunfällen zum Beispiel sind auch Einsatzkräfte der Verkehrsgruppe notwendig – und genau da habe ich meinen Platz gefunden. Wir sind diejenigen, die Warnsignale, Leitkegel, Absperrbänder oder Blinklichter aufstellen, eine Verkehrsführung aufbauen, etwa mit Umleitungen oder einspuriger Verkehrsregelung, und dafür sorgen, dass Rettungsfahrzeuge ungehindert ein- und ausfahren können. Unser Ziel ist es, eine sichere Zone für Feuerwehr, Sanität und Polizei zu schaffen.
Meine ersten Einsätze hatte ich nicht in Uster, sondern in Neftenbach, einer Nachbargemeinde meines Wohnorts Winterthur. Ich wollte unbelastet starten und herausfinden, ob der Aktivdienst bei der Feuerwehr überhaupt etwas für mich ist. Also habe ich ein Jahr lang in Neftenbach mitgemacht und dort die Grundlagen gelernt. Danach bin ich zu meinem Vorgesetzten und sagte: Jetzt möchte ich auch hier in Uster dabei sein. Er fand das super und unterstützte mich von Anfang an und so bin ich heute sowohl in der Milizfeuerwehr in Neftenbach wie in Uster engagiert.
In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass ich in Uster an etwa zwölf Übungen pro Jahr teilnehme, in Neftenbach sind es rund neun. Diese finden jeweils abends von 19 bis 22 Uhr statt. Zusätzlich besteht rund um die Uhr Pagertragpflicht, ausser während der Ferien. Sobald der Alarm ausgelöst wird, zählt jede Minute. Ich muss mich sofort orientieren: Wo ist der Einsatzort? Was ist zu tun? In solchen Momenten schiesst das Adrenalin ein und bereitet meinen Körper in Sekundenbruchteilen auf maximale Leistungsfähigkeit vor.
Aufgrund meines Arbeitsplatzes bin ich in Uster meist die Erste vor Ort und steuere den Einsatzwagen, in Neftenbach hingegen oft die Letzte, da der Weg mit dem Auto gut zwanzig Minuten dauert. Trotzdem darf ich mit Erlaubnis meines Vorgesetzten dorthin auch während meiner offiziellen Arbeitszeit ausrücken, weil die Verkehrsgruppe dort nur aus vier Personen besteht.
Assistenz, Feuerwehrfrau und Triathletin – diese vielfältigen Rollen vereinbaren zu können und zu dürfen, macht mich hier wirklich glücklich. Hinzu kommt, dass ich neben der Zusammenarbeit mit meinem Chef auch jene mit den weiteren Kaderpersonen sehr schätze, mit denen ich direkt zusammenarbeite. Wir akzeptieren uns und unterstützen uns gegenseitig.
Ein weiterer wichtiger Punkt für mich ist, dass mir bisher noch nie langweilig geworden ist. In meinen früheren Jobs im Gastgewerbe und in der Assistenz habe ich deshalb alle paar Jahre die Stelle wieder gewechselt. Als Sascha Zollinger mich damals einstellte, ist ihm das aufgefallen, und er sagte zu mir: Wenn es dir je langweilig werden sollte oder du in eine Routine kommst und wieder eine neue Herausforderung brauchst, dann sage es mir und wir finden eine Lösung.
So konnte ich 2022, als diese Situation das erste Mal eintrat, den CAS Digital Office Management an der Kalaidos Fachhochschule absolvieren. Danach kamen immer wieder neue Aufgaben mit den entsprechenden Herausforderungen auf mich zu: So habe ich die städtischen und eigenen Homepages sowie die Social-Media-Kanäle der Feuerwehr Uster gemeinsam mit einer externen Firma komplett neu gestaltet und aufgebaut.
Seit einer weiteren Phase der Routine und mit etwas freien Kapazitäten kümmere ich mich um die Ausbildung eines Lernenden und wenn es mir wieder langweilig wird, melde ich mich einfach bei Sascha. Vielleicht mache ich dann nochmals einen CAS, auch wenn ich ihm beim letzten Mal gesagt habe: nie wieder.»
Jana Jungnickel
Jana Jungnickel absolviert von 2001 bis 2004 die Ausbildung zur Hotelfachfrau IHK im Dorint Hotel Dresden. Im Anschluss arbeitet sie dort weiter als Bartender, bevor sie 2008 als Chef de Bar in die Schweiz und ins Mövenpick Hotel Zürich-Airport wechselte, wo sie bis 2012 bleibt. Nach ihrer Ausbildung zur Eidgenössischen Personalassistentin beginnt sie ab 2012 bei der Walder Wyss AG als Partnerassistentin zu arbeiten. Nach einer weiteren Ausbildung zur Direktionsassistentin mit eidg. Fachausweis EFA wechselt Jungnickel 2015 zur CAP-Rechtsschutzversicherung als Legal Assistant. Nach einem Abstecher 2018 als Executive Assistant bei der Kistler Instrumente AG ist sie nun seit 2019 als Assistentin Bevölkerungsschutz Uster tätig