Recht

Business-Trips & Impfzwang?

Unterschiedliche Einreiseregelungen, Quarantäne-Massnahmen, Arbeitnehmerschutz und die Frage nach dem Impfstatus: Corona stellt die Arbeitgeber auch punkto Geschäftsreisen vor diverse Herausforderungen.

 

Corona stellt die Arbeitgeber vor diverse Herausforderungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Fürsorgepflicht. Gemäss dieser hat er zum Schutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmer die Massnahmen zu treffen, die nach der Erfahrung notwendig, nach dem Stand der Technik anwendbar und den Verhältnissen des Betriebes oder Haushaltes angemessen sind, soweit es mit Rücksicht auf das einzelne Arbeitsverhältnis und die Natur der Arbeitsleistung ihm billigerweise zugemutet werden kann.

Um sämtliche Arbeitnehmer vor Corona zu schützen, wäre es für einen Arbeitgeber am einfachsten, generell die Corona-Impfung anzuordnen. Auf der anderen Seite wäre es natürlich für den Arbeitgeber interessant zu wissen, welche Arbeitnehmer geimpft sind und welche nicht. Insbesondere im Zusammenhang mit Geschäftsreisen kann es nämlich wichtig sein, zu wissen, wer geimpft ist, da ansonsten das Risiko besteht, dass Arbeitnehmer, die in gewisse Länder verreisen, gleich in Quarantäne landen.

Frage nach der Impfung

Die Tatsache, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer ins Ausland auf eine Dienstreise entsenden will, gibt einem Arbeitgeber noch kein Recht, die Corona-Impfung von seinen Arbeitnehmern zu verlangen. Nur in ganz eng abgesteckten Fällen wird in der Schweiz ein direkter Impfzwang als zulässig erachtet, dies etwa im Gesundheitsbereich, wenn mit besonders vulnerablen Personen zusammengearbeitet wird.

Bevor ein Arbeitnehmer auf eine Dienstreise geschickt wird, könnte der Arbeitgeber versucht sein, zu fragen, ob er denn gegen Corona geimpft sei oder nicht. Aber auch hier ergeben sich Probleme.

Der Arbeitgeber darf nur Daten über die Arbeitnehmer verlangen und bearbeiten, sofern diese das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Ein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers besteht nicht. Erlaubt ist die Frage daher nur, wenn die Impfung Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben kann, wie etwa bei Piloten und anderen international tätigen Berufsleuten oder dort, wo der Schutz Dritter nur mit der Impfung sichergestellt werden kann, etwa beim Pflegepersonal. In den vorgenannten Fällen dürfte das Verlangen eines Impfnachweises zulässig sein und Firmen dürfen den Impfstatus auch in den Personalakten vermerken. Wo im Einzelfall die Grenze zwischen Zulässigkeit und Unzulässigkeit verläuft, kann aber nicht überall restlos geklärt werden. Somit gibt es Grauzonen.

Ein allgemeines Fragerecht des Arbeitgebers besteht nicht.

Wenn allerdings bekannt ist, dass in einem Land, in welchem der Arbeitnehmer die Dienstreise antreten soll, eine Impfung vorgeschrieben ist, dürfte sich die Frage nach der Impfung wohl in der Regel als zulässig erweisen.

Covid-Zertifikat

Seit dem 13. September 2021 haben die Arbeitgeber das Recht, das Vorliegen eines Zertifikats bei ihren Arbeitnehmern zu überprüfen, wenn dies der Festlegung angemessener Schutzmassnahmen oder der Umsetzung des Testkonzepts dient. Der Arbeitgeber hat somit nach der hier vertretenen Auffassung zwei Möglichkeiten, das Covid-Zertifikat einzusetzen. Entweder prüft er, welche Arbeitnehmer ein Zertifikat haben und welche nicht. Das Zertifikat kann in diesem Fall beispielsweise dazu benutzt werden, um den Zutritt zur Cafeteria zu limitieren, den Eintritt in bestimmte Sitzungsräume zu begrenzen oder die Maskenpflicht für bestimmte Arbeitnehmende in gewissen Räumen aufzuheben. Ist ein Arbeitnehmer weder geimpft noch genesen, muss er zum Testen, wobei in diesen Fällen die Tests vom Arbeitgeber zu bezahlen sind.

Wie einleitend dargelegt, darf das Zertifikat nur im Zusammenhang mit Schutzmassnahmen oder einem Testkonzept verwendet werden. Es ist daher fraglich, ob das Zertifikat dafür verwendet werden darf, um zu prüfen, welche Arbeitnehmer ins Ausland geschickt werden können und welche nicht.

Quarantäne – ohne Arbeit kein Lohn?

Grundsätzlich gilt der Grundsatz, dass bei ausbleibender Arbeit auch kein Lohn geschuldet ist (Art. 82 OR). Hat der Arbeitgeber die Unmöglichkeit verschuldet oder fällt sie in seinen Risikobereich, liegt ein Fall von Art. 324 OR vor. Der Arbeitgeber hat den Lohn weiterhin zu entrichten.

Ein solcher Fall, in dem der Arbeitgeber trotz Unmöglichkeit der Arbeitserbringung den Lohn weiterhin zu erbringen hat, liegt etwa vor, wenn ein auf eine Dienstreise geschickter Arbeitnehmer nach der Ankunft gleich in Quarantäne muss, dies etwa aufgrund allgemeiner Bestimmungen oder weil der Arbeitnehmer über die erforderlichen Impfungen oder Zertifikate nicht verfügte und der Arbeitgeber dies wusste. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer bewusst dem Arbeitgeber in Bezug auf die Frage der Impfung oder Genesung eine falsche Antwort gab und deshalb nicht ein anderer Arbeitnehmer ins Ausland geschickt wurde.

Offenlegung privater Reiseziele?

Gewisse Arbeitgeber versuchen, den Arbeitnehmern Ferien in Risikogebieten zu verbieten. Eine solche Weisung dürfte sich als unzulässig erweisen. Verreist der Arbeitnehmer in ein Risikogebiet und ist er zum Zeitpunkt der Rückkehr am Coronavirus erkrankt, riskiert er, dass er den Lohn nicht mehr erhält, da er seine Arbeitsverhinderung selbst verschuldet hat. Dasselbe gilt, wenn nach einem freiwilligen, ferienbedingten Aufenthalt ein Risiko einer Coronaerkrankung besteht und der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit zugelassen werden kann (und auch kein Homeoffice möglich ist).

Dennoch: Arbeitgeber sind während der Coronakrise verpflichtet, ihrer Fürsorgepflicht nachzukommen und die nötigen Schutzvorkehrungen zum Schutz ihrer Arbeitnehmer zu treffen. Aus diesem Grund darf der Arbeitgeber verlangen, dass die Mitarbeitenden mitteilen, sofern sie in ein Risikogebiet verreisen oder ihre Ferien in einem solchen verbracht haben. Eine solche Mitteilung ist bereits aufgrund der Treuepflicht des Arbeitnehmers geboten. Nicht zulässig dürfte es aber sein, wenn der Arbeitgeber von jedem Mitarbeitenden die Feriendestination wissen will, unabhängig von Risikogebiet oder nicht. In einem solchen Fall dürfte der Arbeitnehmer wohl auch die Unwahrheit sagen.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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