Karriere

Cool im Pool

Unternehmen sparen gern. Aus diesem Grund haben immer weniger Chefs eine eigene Assistentin. Stattdessen bekommen sie Unterstützung aus so genannten Assistenzpools. Damit diese funktionieren, braucht es klare Regeln. 

 

Warum Assistenzpools Sinn machen, lässt sich in einem bei allen Unternehmen sehr beliebten Schlagwort zusammenfassen: Synergien. Wenn drei Assistentinnen für sieben Chefs arbeiten, ist das natürlich günstiger als «Einzelbetreuung». Fakt ist: Viele Aufgaben, die früher eine Assistentin übernommen hat, können Vorgesetzte dank immer einfacher werdender Technik genauso gut selbst erledigen, ohne lang erklären zu müssen. Eine Eins-zu-eins-Assistenz wäre oft nicht mehr ausgelastet. Assistenz zu bündeln, macht also Sinn, es müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Pool funktioniert.

Die zentralen Fragen, die sich beim Aufbau eines Pools stellen, sind: Gibt es eine Person, die den Pool leitet, oder sind alle Pool-Mit­glieder gleichberechtigt? Wie viele Assistenz­personen braucht es für wie viele Führungs­kräfte? Welche Aufgaben kann der Pool über­nehmen, welche nicht? Und was passiert über­haupt, wenn für eine Hierarchiestufe, die bislang auf individuelle Assistenz zurückgreifen konnte, nun «nur» noch ein Pool zur Verfügung steht? «Wer neu einen Pool einführt und bereits im Unternehmen angestellte Assistentinnen, die für einen Chef arbeiten, dort einteilt, muss mit Kündigungen rechnen», sagt Sibylle May, Trainerin im Assistenzbereich. Dorthin versetzt zu werden, kann von der Assistentin als «Degradierung» gesehen werden.

Regelmässiger Austausch

Bei den SBB im Geschäftsbereich Infrastruktur Energie war Simone Mundwiler bis Ende 2016 für den Assistenzpool zuständig. Heute ist sie als Programmleiterin für SBB Infrastruktur tätig. 2013 entschied das Management, einen Assistenzpool einzurichten, Mundwiler wurde mit der Umsetzung betraut: «Ich habe dann versucht, herauszufinden, wie sich ein Pool aufbauen lässt und welche Erfahrungen es gibt. Allerdings habe ich nichts gefunden, was mir geholfen hätte. Das fand ich ziemlich überraschend», erinnert sie sich. Sie ging die Aufgabe dann mit gesundem Menschenverstand an: «Wenn man einfach ein paar Assistenzpersonen zusammennimmt und die Aufgaben auf Zuruf verteilt, kristallisiert sich sofort heraus, wer schnell arbeitet. Und an diese Person wenden sich dann alle», so Simone Mundwiler. Doch auch eine zentrale Anlaufstelle für die Verteilung der Aufgaben hielt sie nicht für sinnvoll: «Das würde sich nur anbieten, wenn die Arbeit stark standardisiert ist.

Jede Führungsperson stellt andere Ansprüche an Tiefe und Detaillierungsgrad der Unterstützung und nicht bei allen ist das Selbstmanagement gleich ausgeprägt.» Stattdessen ging sie den Weg, jeder der sieben Managementpersonen eine der fünf Führungsunterstützungen zuzuordnen: «Jeder Managementpartner hatte eine direkte Ansprechperson. Dazu gab es einen Standardkatalog mit Aufgaben, die wir übernommen haben», erklärt sie. «Der Standardkatalog bot den Rahmen für die Leistungen, die bezogen werden konnten. Ein bisschen Erziehungsarbeit mussten wir in Bezug auf die Qualität der Aufträge leisten. Manche Vorgesetzte rufen nur ein Stichwort in den Raum und erwarten dann perfekte Ergebnisse. Dort habe ich dafür gesorgt, dass ein regelmässiger Austausch zwischen Managementpersonen und Assistenzen stattfand.»

Stundenzahl je nach Rolle

Ebenfalls einen Assistenzpool gibt es bei Accenture in Zürich. Die Managing Directors teilen sich dort mehr als ein Dutzend Assistenzkräfte, im Schnitt betreut eine Assistentin drei Managing Directors. Bettina Schranz leitet den Pool. Auch dort gibt es eine fixe Zuteilung von Managing Directors zu den verschiedenen Assistentinnen. «Eine gemeinschaftliche Mailbox gibt es nicht. Ist jemand in den Ferien oder ausgelastet, übernimmt das Team», erklärt sie. «Wer welchen Service zugeteilt bekommt, hängt vom Tätigkeits- und Verantwortungsgebiet ab» erklärt sie. «Grundsätzlich besteht der angebotene Support aus Terminplanung, Reiseplanung und Korrespondenz.» Zudem hätten einige Assistentinnen Zusatzrollen inne und seien somit zentrale Anlaufstelle für Spezialaufgaben, wie beispielsweise gewisse Arbeitsinstrumente, als Trainer für neue Kollegen oder als Sprachrohr des jeweiligen Standorts in den regelmässigen Telefonkonferenzen. Als Leiterin des Pools stellt Bettina Schranz sicher, dass alle Mitarbeiterinnen gut ausgelastet sind, koordiniert die Ferienplanung und führt die Mitarbeiterinnen in Bezug auf die Zielsetzung. «In enger Zusammenarbeit mit dem HR fallen auch Neueinstellungen, Zwischen- und Abschlusszeugnisse, Entwicklung und Weiterbildung sowie Kündigungen in mein Ressort», erklärt sie. Fragt man Unternehmen nach Assistenzpools, klingt das Ganze naturgemäss problemfrei. Doch wo Menschen arbeiten, geht es selten reibungsfrei zu.

Das hat auch Susanne Baumann erlebt. Die Assistentin, die eigentlich anders heisst, machte die Erfahrung, von einer Eins-zu eins-Assistenz in einen Pool verschoben zu werden. «Eigentlich hatte ich mich auf eine Stelle als Executive Assistant beworben mit zehn Prozent Aushilfe im Pool», erinnert sich die Assistentin. Doch was nur vorübergehend und in geringem Teilzeitpensum gedacht war, entpuppte sich als dauerhafte Lösung und endete mit einer Kündigung. «Je weiter weg eine Assistentin von der Person ist, für die sie arbeitet, und für je mehr Menschen sie zuständig ist, desto geringer wird die Vielfältigkeit des Jobs. In einem Pool braucht man nicht mehr die gleichen Fähigkeiten», so Baumann. «Vieles war Fliessbandarbeit und repetitiv. Mir fiel es schwer, konzentriert und vor allem motiviert zu bleiben. Wenn man direkt für einen Chef arbeitet, nimmt man auch an seinen Erfolgen teil, spürt seine Laune und ist gleich motivierter», findet Baumann. In dem Unternehmen, bei dem Baumann arbeitete, kam hinzu, dass es in Polen einen weiteren Pool gab, der ebenfalls nach einer vorgegebenen Liste bestimmte Aufgaben übernahm, die Buchung von Sitzungszimmern beispielsweise. «Wenn in Breslau eine Assistentin einen Raum für sechs statt 20 Personen buchte, musste am Ende ja doch eine vor Ort den Kopf dafür hinhalten, was schiefgegangen war. Ein heilloses Durcheinander.» Den Vorteil von Assistenzpools, so Baumann, habe sie nie ganz verstanden.

Für Dienst nach Vorschrift

Assistenz ist also nicht gleich Assistenz. Es macht einen Unterschied, ob man für einen Chef zuständig ist oder seine Arbeit in einem Pool verrichtet. Möglicherweise heisst das, dass die beiden Formen des Jobs für unterschiedliche Menschen interessant sind: «Es gibt sicher auch Assistentinnen, denen die Arbeit im Pool entgegenkommt», denkt May. «Sie sind dankbar, wenn sie Dienst nach Vorschrift machen und dann pünktlich nach Hause gehen können. Dankbare Mitarbeiterinnen für diese Aufgabe.» 

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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