Recht

Rückzahlung von Weiterbildungskosten

In der Praxis wird häufig vereinbart, dass Kosten von externen Weiterbildungen vom Arbeitnehmer zu übernehmen oder zurückzuerstatten sind. Solche Vereinbarungen sind aber nur bedingt gesetzeskonform.

Das Gesetz verpflichtet den Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer alle Auslagen zu ersetzen, die durch die Ausführung der Arbeit notwendigerweise entstehen. Diese Pflicht stellt einen Aspekt der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers dar. Unter notwendige Auslagen fallen insbesondere Ausbildungskosten, die im Rahmen einer normalen Einarbeitung für eine konkrete Stelle anfallen. Kosten einer eigentlichen Ausbildung im Sinne einer Weiterbildung kann der Arbeitgeber hingegen unter bestimmten Voraussetzungen zurückverlangen – insbesondere, wenn eine gültige Vereinbarung vorliegt. Aber auch eine solche Vereinbarung kann ungültig sein, nämlich dann, wenn durch die Rückzahlungspflicht die persönliche Freiheit des Arbeitnehmers übermässig eingeschränkt wird, etwa wenn die Kündigung verunmöglicht würde.

Einarbeitung 

Bei der Ersatzpflicht für die Ausbildungskos-ten ist zu unterscheiden, ob es sich um eine blosse Ausbildung zu Einarbeitungszwecken oder um eine eigentliche Weiterbildung handelt.
Eine Einarbeitung erfolgt stets in Bezug auf eine bestimmte Arbeit bei einem bestimmten Arbeitgeber. Sie ist deshalb betriebs- und produkteabhängig. Sie dient dazu, den neuen Arbeitnehmer mit den beim Arbeitgeber angewandten Methoden und Materialen vertraut zu machen. Nach der Einarbeitung soll der Arbeitnehmer die Arbeit ausführen können. Ein typisches Beispiel für eine Einarbeitung ist etwa der vom Arbeitgeber vermittelte Computerkurs, der den Arbeitnehmer mit der im Büro benutzten Software vertraut macht. Ob ein Kurs Teil der Einarbeitung ist oder bereits eine Weiterbildung darstellt, ist im Einzelfall zu beurteilen. Kosten der Einarbeitung sind vom Arbeitgeber zu tragen und können nicht vom Arbeitnehmer zurückverlangt werden.

Weiterbildungskosten

Bei Weiterbildungen ist zu unterscheiden, ob diese für eine konkrete Arbeit notwendig sind. Sie sind notwendig, wenn sie Einarbeitungskosten beinhalten und wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet wurden. Die Kosten notwendiger Weiterbildungen sind vom Arbeitgeber zu tragen.
Bei den übrigen Weiterbildungen handelt es sich um freiwillige Weiterbildungen, deren Kosten grundsätzlich durch den Arbeitnehmer selbst zu tragen sind.

Rückzahlungsvereinbarungen

Oft verpflichten sich Arbeitgeber freiwillig zur Übernahme der Weiterbildungskosten. Der Arbeitgeber verfolgt dadurch natürlich ein Eigeninteresse, etwa um den Arbeitnehmer zu motivieren oder das erworbene Wissen auch im Betrieb zu nutzen. Zuweilen wird vereinbart, dass die übernommenen Kosten an Bedingungen geknüpft sind. Wurden die Bedingungen nicht erfüllt, sollen die bezahlten Kosten vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber zurückbezahlt werden. So wird etwa vereinbart, dass bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder bei Nichtbestehen einer Prüfung die Kosten zurückzubezahlen sind.
Solche Rückzahlungsverpflichtungen sind nicht in jedem Fall gültig. Nachfolgend wird aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen solche Rückzahlungsverpflichtungen gültig sind.

«Bei Kündigung durch den Arbeitgeber greift die Zahlungspflicht nicht.»

Vereinbarung

Die Rückzahlungspflicht muss klar vereinbart sein. Unklarheiten gehen zulasten des Arbeitgebers. Die Schriftlichkeit ist zwar nicht notwendig, aufgrund der Beweisbarkeit aber geboten. Die Vereinbarung muss sodann zwingend vor Beginn der entsprechenden Weiterbildung abgeschlossen worden sein, dies insbesondere um Missbräuche zu vermeiden.

Vorteil Arbeitnehmer

Die Rückzahlungsvereinbarung der Weiterbildungskosten ist sodann nur zulässig, soweit die entsprechende Aus- oder Weiterbildung dem Arbeitnehmer einen dauerhaften Vorteil auf dem Arbeitsmarkt bietet. Zum Teil geht die Gerichtspraxis sogar weiter und verlangt, dass ein eigentlicher Titel im Rahmen der Weiterbildung erlangt werden kann.

Kündigungsfreiheit

Wird die Rückzahlung der Weiterbildungskos-ten an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geknüpft, schränkt dies die Kündigungsfreiheit ein. Aus diesem Grund sind die Rückzahlungsverpflichtungen zwingend zu befristen. Sodann löst nicht jede Beendigung des Arbeitsverhältnisses automatisch die Rückzahlungspflicht aus.
Wie bereits ausgeführt, sind Rückzahlungsverpflichtungen zwingend zu befristen. Eine maximale Dauer wurde von der Gerichts-praxis nicht festgelegt; eine Dauer von mehr als drei Jahren dürfte sich in der Regel als zu lang erweisen. Das heisst: Endet das Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre nach Beendigung der Ausbildung, dürfte eine Rückzahlung der Kosten kaum je in Frage kommen. Oft sind Rückzahlungsverpflichtungen mit einer Dauer von zwei Jahren anzutreffen.
Teilweise wird verlangt, dass solche Rückzahlungsverpflichtungen abfallend festgelegt werden. Es wäre also nicht zulässig, kurz vor Ablauf der Dauer der Rückzahlungsverpflichtung den ganzen Betrag zu verlangen. Die Grundlage hierzu liegt im Gedanken, dass der Arbeitnehmer nach der Weiterbildung sein gewonnenes Wissen bereits in die Unternehmung einfliessen lässt und der Arbeitgeber so bereits profitiert hat.
Kommt es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Dauer der Rückzahlungsverpflichtung, so müssen die Umstände der Beendigung geprüft werden. Die Kündigungsfreiheit des Arbeitnehmers darf nicht übermässig eingeschränkt werden. Handelt es sich um eine Kündigung durch den Arbeitgeber, so greift die Rückzahlungspflicht nur, sofern ein begründeter Anlass für die Kündigung vorliegt, für den der Arbeitnehmer verantwortlich ist. Erfolgt die Kündigung durch den Arbeitnehmer, so besteht keine Rückzahlungspflicht, sofern die Kündigung durch den Arbeitgeber verursacht wurde. 

Nichtbestehen der Ausbildung

Oft wird vereinbart, dass bei Nichtbestehen der Ausbildung die Kosten zurückzuerstatten sind. Sofern die Gründe hierfür nicht durch den Arbeitgeber gesetzt wurden oder er den Misserfolg verursacht, sind solche Vereinbarungen zulässig. Verschulden des Arbeitgebers kann etwa vorliegen, wenn er eine gründliche Vorbereitung verunmöglicht. Es empfiehlt sich auch, Regelungen für den vorzeitigen Abbruch der Ausbildung vorzusehen. Fehlt eine solche, dürfte keine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers vorliegen.

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Nicolas Facincani, lic.iur., LL.M., ist Partner der Anwaltskanzlei Voillat Facincani Sutter + Partner und berät Unternehmen und Private vorwiegend in wirtschafts- und arbeitsrechtlichen Angelegenheiten. vfs-partner.ch

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