Übersetzerin zwischen Chefetage und Generation Z
Kann die Assistenz als Übersetzerin und Schlüsselperson im Umgang mit der Generation Z werden? Gastautor Alex Blunschi findet: auf jeden Fall.
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Sie ist gut ausgebildet, vernetzt und ehrgeizig: die Gen Z. Wer glaubt, junge Mitarbeitende ticken gleich wie vor zehn Jahren, wird schnell eines Besseren belehrt, denn mit der Generation Z ist ein neues Selbstverständnis in die Büros eingezogen: Arbeit soll flexibel, sinnvoll, abwechslungsreich, aber bitte nicht alles im Leben sein.
Diese Erwartungen sorgen in vielen Unternehmen für Reibung. Gerade zwischen Vorgesetzten und Nachwuchs kracht es häufiger, als man glaubt. Doch es gibt jemanden, der vermitteln kann: die Assistenz. Vorausgesetzt, sie versteht, was die Gen Z bewegt, und ist bereit, ihre Rolle neu zu denken.
Die neue Realität: Freizeit ist gleich viel wert wie Arbeit
Während ältere Generationen ihre Identität stark über den Beruf definierten, verfolgt die Gen Z ein anderes Lebensmodell. Statt sich über Position, Titel oder 60-Stunden-Wochen zu profilieren, zählt heute das Gleichgewicht. Teilzeit ist kein Kompromiss, sondern Wunschmodell, und flexible Arbeitszeitmodelle und die Möglichkeit, das Leben nebst dem Job bewusst zu gestalten, sind für viele nicht verhandelbar.
Wer dabei an mangelnde Leistungsbereitschaft denkt, verkennt die Haltung: Es geht nicht um weniger Einsatz, sondern um mehr Selbstbestimmung. Die junge Generation will Leistung bringen, aber nicht um jeden Preis. Für Führungskräfte, die ihre eigene Karriere auf Dauerstress aufgebaut haben, ist das oft schwer nachzuvollziehen.
Dauerhunger nach Sinn und Abwechslung
Gleichzeitig ist die Gen Z anspruchsvoll. Ein sicherer Job allein reicht nicht; sie will Sinn, Impact, Entwicklung – und möglichst keine Routine. Neue Projekte, frische Inputs, rasche Wechsel der Aufgabenbereiche sind gefragt, denn wer die Gen Z fordern kann, behält sie im Betrieb. Wer sie langweilt, verliert sie. Wer sich als Führungskraft auf den Wunsch nach Abwechslung am Arbeitsplatz einlässt, wird mit Engagement und Innovationskraft belohnt. Wer hingegen mit traditionellen Erwartungen reagiert, erzeugt Widerstand – oder Kündigungen.
Konflikte vermeiden – oder lieber gar nicht erst führen?
Ein weiterer Aspekt, der oft unterschätzt wird: Viele junge Mitarbeitende haben wenig Übung im Umgang mit offenen Konflikten. In sozialen Medien bewegen sie sich in Algorithmen-gesteuerten Wohlfühlblasen. Widerspruch, Kritik oder gar Konfrontation erleben sie selten, und wenn, dann oft anonymisiert. Auch ein konstruktives, aber kritisches Feedback kann die Gen Z vor den Kopf stossen, da sie ein solches potenziell noch nicht erlebt haben.
In der realen Arbeitswelt jedoch sind andere Meinungen Alltag. Und genau hier wird es schwierig: Ein direktes Feedback der Chefin oder ein sachlicher Hinweis vom Teamleiter kann bei der Gen Z als Angriff empfunden werden. Reaktionen reichen von Rückzug über Unsicherheit bis zur inneren Kündigung.
Assistenz als leise Übersetzerin im Hintergrund
Genau hier kommt die Assistenz ins Spiel. Sie sitzt an der Schnittstelle zwischen Management und Team, kennt beide Seiten und hat das Potenzial, aktiv zu vermitteln. Wer die Denkweise beider Seiten versteht, kann Gespräche entschärfen, Missverständnisse auflösen und Führungspersonen vorbereiten. Zum Beispiel, indem sie dezent darauf hinweist, dass ein junger Mitarbeitender Feedback eher in einer ruhigen Eins-zu-eins-Situation annimmt als im grossen Teammeeting. Oder indem sie das Anliegen der Vorgesetzten in eine Form bringt, die anschlussfähig für Gen Z ist: klar, wertschätzend, nicht belehrend.
Besonders wirkungsvoll ist diese Rolle für Assistenzen aus der Generation Y. Sie haben selbst erlebt, wie es ist, zwischen den Welten zu stehen: aufgewachsen mit Internet und Leistungsdruck, geprägt von Wandel und neuen Arbeitsmodellen. Gleichzeitig sind sie alt genug, um die Denkmuster der älteren Generationen zu kennen und jung genug, um mit der Gen Z auf Augenhöhe zu sprechen. Dieses generationale Doppelverständnis ist ein grosser Vorteil. Wer es klug einsetzt, wird zur Übersetzerin zwischen Chefetage und Nachwuchs.
Von der Assistenz zum Coach für den Chef
So können Assistenzen künftig vermehrt proaktiv Coachingaufgaben übernehmen und Führungskräfte auf Gespräche mit jungen Mitarbeitenden vorbereiten, Rückmeldung zur Kommunikation geben oder intervenieren, wenn Spannungen spürbar werden. Infolgedessen etabliert sich der Begriff «Generationenmanagement» zunehmend in der Unternehmenswelt. Mitarbeitende kümmern sich als Generationenmanagerinnen oder -manager offiziell darum, dass die diversen Generationen innerhalb eines Unternehmens gewinnbringend zusammenarbeiten.
Die Assistenz scheint für eine solche Rolle prädestiniert. Denn oft geht es um Missverständnisse, die auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen sind. Sie kann diesen Mangel beheben, denn sie kann zuhören, übersetzen, vermitteln und coachen. Sie kennt Vision und Ziele des Unternehmens ebenso wie die Kultur sowie informelle Hierarchien und Gesetze zwischen Teams und Abteilungen. Als enge Vertraute hat sie den direkten Zugang zur Chefetage, wird dort gehört und geschätzt, schreckt die jungen Mitarbeitenden, die erst seit Kurzem in der Firma sind, aber nicht so ab wie die CEO oder der Abteilungsleiter. So können Assistenzen zur Vertrauensperson für sämtliche Generationen werden, denn oft sind sie näher an den Teams dran als Supportabteilungen wie HR oder Ausbildung.
Generationenmanagement ist weit mehr als klassische Assistenzarbeit. Es ist strategische Kommunikation, es ist Kulturarbeit innerhalb des Unternehmens und pure Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden.