Karriere

Was kannst Du bieten, Chef?

Homeoffice, flexible Arbeitszeiten, regelmässige Weiterbildungen und ein gutes Gehalt. Das wünschen sich die meisten. Doch mittlerweile bleibt es nicht mehr nur beim Wunsch. Gute Arbeitsbedingungen werden bei den Unternehmen auch eingefordert. 

Gerade die Generation Y steht im Ruf, nicht gerade bescheiden zu sein, wenn es darum geht, Ansprüche an den Arbeitnehmer zu formulieren. Die Work-Life-Balance soll sich demnach soweit wie möglich Richtung Life neigen. Teilzeit und Homeoffice sind für sie selbstverständlich. Doch wie realistisch ist eine solche Anspruchshaltung für Assistenzkräfte, die ja traditionell im Hintergrund arbeiten und sich oft – mehr als vielleicht nötig – zurücknehmen? Und manchmal sogar klein gehalten werden. 

Elke Rottmann, Headhunterin bei Hearts and Brains in Zug, kennt beide Seiten gut: die der Assistentinnen und die der Unternehmen. «Assistentinnen sind Dienstleister und damit vom Typ her meist sehr diplomatisch und serviceorientiert. Sie kommen in der Regel nicht sofort mit grossen Ansprüchen, aber sie fragen nach. Denn mittlerweile ist überall angekommen, was für eine wichtige Rolle die Assistentin spielt.»

Von einer «Bedürfnisinflation» möchte Rottmann zwar nicht sprechen, sie findet jedoch, dass die KandidatInnen ihre Ansprüche heute mehr als früher äussern. «Das Bedürfnis nach Homeoffice oder Weiterbildungen war schon immer da, aber wurde nicht formuliert», teilt sie ihre Beobachtungen. «Oder höchstens später, ganz vorsichtig. Aber es wurde sicher nicht gleich beim ersten Jobinterview angesprochen.»

Positive Effekte durch Pandemie

Die Pandemie habe diesbezüglich für positive Effekte gesorgt: «Mit den Themen Homeoffice und flexibles Arbeiten müssen sich die Arbeitgeber jetzt einfach anfreunden.» Denn dass es funktioniert – auch für die Assistenz – konnten während der Pandemie alle am eigenen Leib erfahren. «Das wissen die Fachkräfte natürlich und wollen diese Privilegien auch nach dem Ende der Pandemie behalten, wobei es nicht mal Priviliegien, sondern viel mehr feste Elemente einer neuen, digitaleren Arbeitswelt sind.»

Homeoffice oder flexibles Arbeiten stehen demnach an erster Stelle der Wunschliste, auch Teilzeit, und seien es nur 80 oder 90 Prozent, ist hoch im Kurs. «Wenn ein Arbeitgeber eine Stelle zwingend zu 100 Prozent besetzen will, frage ich immer ‹Sind Sie sicher? Damit geht uns ein grosser Teil der Kandidaten verloren.›» Das gleiche gilt für Arbeitgeber, die auf der Präsenzpflicht beharren: «Ich versuche dann mediativ auf den Kunden einzuwirken, denn mit dieser Anforderung lässt sich eine Stelle heutzutage vergleichsweise wesentlich schwerer besetzen.»

Dass es vor allem Angehörige der Generation Y sind, die mit gesundem Selbstbewusstsein auftreten, bestätigt Rottmann: «Fakt ist, dass vor allem jüngere KandidatInnen sich bewusst sind, dass der Markt zurzeit auf ihrer Seite ist.» Doch auch erfahrenere Fachkräfte seien mittlerweile auf den Geschmack gekommen und fordern mehr ein.  

Weiterbildung allein reicht nicht

Elke Rottmann findet das gut: «Assistentinnen müssen auch immer mehr anbieten, sie bilden sich weiter, übernehmen Themen wie Projektmanagement, HR oder Kommunikation. Warum soll das nicht in der Balance sein, mit dem, was der Arbeitgeber bietet?» 

Kritisch ist sie jedoch, wenn jüngere Kandidaten eine Weiterbildung absolvieren und dann direkt ein höheres Salär fordern. «Da versuche ich zu erklären, dass eine Weiterbildung allein nicht reicht, sondern dass sie zuerst einmal die entsprechende Leistung zeigen müssen.»

Und die Arbeitgeber? Geben sie allen Forderungen bereitwillig nach oder ist da noch viel Sand im Getriebe? «Das hängt von der Unternehmenskultur und natürlich von der Persönlichkeit des Vorgesetzten ab.» Schwierig werde es nur dann, wenn das Unternehmen zwar eine Homeoffice-Regelung hat, der Chef aber trotzdem auf Anwesenheit beharrt. «Wer den Job dann trotzdem annimmt, kann aber immer noch versuchen, zuerst eine Vertrauensbasis zu schaffen und später dann diesen Aspekt nochmals neu zu verhandeln. Oft funktioniert es dann schon», rät Rottmann. 

Elke Rottmann

ist Headhunterin und Inhaberin der Agentur Hearts and Brains.
heartsandbrains.ch

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Stefanie Zeng ist Online Redaktorin bei Miss Moneypenny. 

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