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Kann man Zeit managen?

Zeitmanagement: Schon das Wort klingt nach Kontrolle, nach Listen, nach Optimierung. Also nach dem Versuch, die 24 Stunden des Tages in eine Excel-Tabelle zu pressen, als liesse sich das Leben in Spalten und Zeilen ordnen. Aber mal ehrlich: Kann Zeit wirklich gemanagt werden?

Mit Zeitmanagement-Workshops begann ich meine Selbständigkeit. Ein Jahr später hätte ich beinahe meine eigene Firma an die Wand gefahren. Warum? Weil ich «Zeitmanagement» nicht verkaufen konnte. Denn Zeit lässt sich nicht wie ein Konto verwalten oder wie ein Meeting planen. Zeit fliesst. 

Was wir managen können, sind unsere Erwartungen – an uns selbst, an andere, an das, was wir in 24 Stunden schaffen wollen. Und genau hier liegt der Knackpunkt: Viele unserer Erwartungen haben nicht 24 Stunden, sie haben 36, manchmal sogar 48. Wir wollen gesund leben, Karriere machen, Beziehungen pflegen, Sport treiben, lernen, meditieren, reisen, kreativ sein, die Welt retten – und das alles am besten gleichzeitig. Das Ergebnis? Dauerstress, Schuldgefühle und das Gefühl, permanent hinterherzuhinken. Wir versuchen, der Zeit hinterherzulaufen, statt mit ihr zu sein. 

Was wollen wir tun? 

Niemand kann alles gleichzeitig tun, aber man kann entscheiden, wohin man die eigene Hingabe lenkt. Was darf Zeit einnehmen? Ein gutes Gespräch, ein Spaziergang, ein Moment auf einer Bank oder Zeit zum Denken? 

Man darf sich mit den Fragen beschäftigen: Was ist mir wirklich wichtig? Wofür will ich meine Energie einsetzen? Denn am Ende zählt nicht, wie viel wir schaffen, sondern was wir schaffen, und warum. 

Wenn man nicht weiss, was die eigenen Werte und Ziele sind, wird jemand anderes diese Zeit füllen. Das ist brutal ehrlich und zutiefst wahr, denn viele Menschen wissen nicht, was sie wirklich wollen. Wie oft höre ich, vor allem von jungen Leuten: «Ich fühle mich so lost.» Wir sollten ein Bewusstsein dafür entwickeln, was wir tun wollen, und alles daran setzen, es dann auch zu tun.  

Was darf Platz haben? 

Der Philosoph Seneca schrieb vor 2000 Jahren: «Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern viel Zeit, die wir nicht nutzen.» Für ihn war Zeit kein Instrument zur Leistungssteigerung, sondern ein Spiegel unserer Werte. Wenn wir unsere Werte nicht kennen, wenn wir nicht wissen, was uns wirklich wichtig ist, dann werden die Tage gefüllt, aber nicht gelebt. Dann hetzen wir von Aufgabe zu Aufgabe, und abends bleibt das Gefühl, dass irgendetwas fehlt.  

Vielleicht geht es gar nicht darum, mehr zu schaffen, sondern darum, anders zu leben. Nicht die Zeit kontrollieren, sondern sie gestalten – bewusst, nach unseren Werten, nach unserem eigenen Rhythmus. Das braucht Mut und eine «Einfach machen»-Haltung. Denn die Gesellschaft lebt uns gerade etwas anderes vor, doch wenn wir genau hinschauen, dann gibt es viele, die so nicht mehr weitermachen möchten. Also, worauf warten? 

Zeitmanagement braucht einen Perspektivwechsel: weg von der Frage «Wie kriege ich mehr in meinen Tag?» hin zur Frage «Was darf in meinem Tag überhaupt Platz haben?» Und das aber konsequent leben. Klappt nicht jeden Tag, kann aber immer besser werden. 

Wir können nicht alles haben oder machen wollen. Deshalb dürfen wir unsere Erwartungen an unsere 24 Stunden ruhig etwas drosseln. So weit, dass man abends ins Bett geht und denkt: «Das war ein guter Tag.» Und oft ist weniger mehr. Ich weiss, auch nichts Neues, aber ein guter Reminder. 

Selbsttest  

Fragen Sie sich heute Abend: 

  • Habe ich heute etwas getan, das meinen Werten entspricht?
  • Habe ich mir erlaubt, einen Moment nicht produktiv zu sein?
  • Habe ich bewusst entschieden, wofür ich meine Energie verwende?  

Wenn Sie eine dieser Fragen mit «Ja» beantworten können, dann war es ein gut gelebter Tag. Denn wahre Zeitkompetenz bedeutet nicht, mehr zu tun, sondern weniger – dafür Wesentliches.


Fazit

Zeitmanagement im klassischen Sinn ist eine Illusion. Wir managen keine Zeit, wir managen uns selbst. Unsere Aufmerksamkeit, unsere Energie und unsere Erwartungen. Und wenn wir das mit Mut, mit Klarheit und mit einem Schuss Humor tun, dann passiert etwas Wunderbares: Die Zeit fühlt sich plötzlich wieder nach Leben an. 

Webinar: «Die Psychologie der Zeit – Wie wir lernen, mit unserer Zeit zu leben (statt ihr hinterherzurennen)»


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  • was die Psychologie der Zeit lehrt,
  • wie Ihre Zeitperspektive Ihr Leben beeinflusst,
  • wie Rituale helfen, den inneren Takt wiederzufinden,
  • und warum Zeit schenken die schönste Form der Verbindung ist.

Ein inspirierender Mix aus Wissenschaft, persönlichen Geschichten und praktischer Reflexion.

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  • Für wen: Exklusiv für Miss Moneypenny Member
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Text: Anna Jelen

Anna Jelen, eine gebürtige Schweizer Schwedin, ist internationale Rednerin, Workshop-Moderatorin und Autorin mit Fokus auf Zeitpsychologie, Lebensgestaltung und innerer Klarheit. In ihren Vorträgen, Podcasts und Camps inspiriert sie Menschen weltweit, bewusst mit ihrer Zeit umzugehen – und damit bewusster zu leben. 
annajelen.com

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