Der Arbeitsplatz als Partnerbörse
Jede fünfte Person in der Schweiz hat ihre Partnerin oder ihren Partner am Arbeitsplatz kennengelernt. Doch während manche in der Büroliebe ihr Glück finden, riskieren andere Job und Karriere. Eine Studie zeigt die zwei Gesichter der Arbeitsplatzromanze.

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Amors Pfeil trifft vor allem am Arbeitsplatz; das hält die Statistik einer «Zety»-Studie fest. Dort geben 8 von 10 Arbeitnehmenden an, dass sie schon einmal eine romantische Beziehung, ein lockeres Dates oder eine sexuelle Begegnung mit jemandem am Arbeitsplatz hatten.
Das ist einleuchtend, denn im Durchschnitt verbringt ein erwachsener Mensch ein Viertel bis ein Drittel des Lebens auf der Arbeit. 3716 Tage werden laut einer amerikanischen Studie für Tätigkeiten veranschlagt, welche die Arbeit betreffen. Für die Freizeit sind es immerhin 4306 Tage, allerdings werden hier alle sogenannten Freizeitaktivitäten zusammengefasst – also beispielsweise auch das Doom Scrollen am Abend auf dem Smartphone oder der gemütliche Filmabend mit der Katze am Sonntag. Tendenziell trifft man dabei wohl eher selten auf einen neuen Menschen, mit dem oder der man gern mal einen Kaffee trinken gehen würde.
Muss man über die Beziehung auf der Arbeit informieren?
Spannend ist jedoch, dass nur 40 Prozent der Personen, die eine Beziehung am Arbeitsplatz hatten, diese auch offenlegen. Das hat damit zu tun, dass es in der Schweiz allgemein keine Pflicht zur Offenlegung gibt, wie Rechtsanwalt Nicolas Facincani weiss. Liebesbeziehungen müssen nur gemeldet werden, wenn sie sich konkret auf die Arbeit auswirken: zum Beispiel bei Vorgesetzten-Verhältnissen oder wenn dadurch die Arbeitsqualität zu leiden droht, etwa weil die Beziehungspartner miteinander in Verhandlungen stehen.
Verhältnisse mit dem oder der Vorgesetzten sind dabei keine Seltenheit: 41 Prozent der Beschäftigten hatten schon mal eine romantische Beziehung mit ihrem direkten Vorgesetzten – 24 Prozent führten eine langfristige Beziehung und 9 Prozent trafen sich «nur» zu einem One-Night-Stand. Auf Augenhöhe – also zwischen Kollegen derselben Hierarchieebene – spielen sich indes 36 Prozent der Büroromanzen ab.
Kann die Büroromanze halten?
Vor allem Beziehungen zwischen Assistenz und Führungsperson bergen ein Potenzial für Konflikte. Schnell kann der Satz fallen: «Ich dachte, du stehst loyal hinter mir.» Solche Aussagen spielen mit Schuldgefühlen und Loyalität und es besteht das Risiko, dass bei solchen Beziehungen die Grenze zwischen Jobpflicht und emotionaler Bindung verschwimmt. Die Folge kann sein, dass sich betroffene Personen in einer toxischen Beziehung wiederfinden.
Wer sich anschliessend am Arbeitsplatz trennt, sieht sich womöglich mit den negativen Folgen einer Beziehung im Büroumfeld konfrontiert: 34 Prozent der Befragten erlebten nach einer Trennung Vergeltungsmassnahmen, 30 Prozent ein geringeres Zugehörigkeitsgefühl am Arbeitsplatz.
Dennoch: 18 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer lernen ihren festen Partner oder Partnerin auf der Arbeit – eine Romanze im Büro zu beginnen, birgt also auch Chancen für diejenigen, die sich eine stabile Beziehung erhoffen. Und auch weitere positive Nebeneffekte sind zu berücksichtigen. 38 Prozent geben an, dank der Beziehung zufriedener auf der Arbeit zu sein und 35 Prozent sind sogar der Meinung, dass sich ihre Work-Life-Balance dadurch verbessert habe. Und wenn man an der ethischen Grenze nicht halt machen möchte: 29 Prozent gaben zu, aufgrund der Romanze bevorzugt behandelt worden zu sein.
Die Risikobereitschaft, dass sich die Beziehung zu eigenen Gunsten entwickelt, ist hoch. 57 Prozent gaben an, dass sie eher ihren Arbeitsplatz aufgeben würden als ihre Romanze.
Fazit
Wir leben in einer Arbeitswelt, in der Privates und Berufliches längst verschmolzen sind – Arbeitsplatzromanzen sind zur Normalität geworden. Positive und negative Auswirkungen halten sich die Waage, weshalb nachvollziehbar ist, dass immer wieder Pärchen den Versuch wagen. Nichtsdestotrotz besteht ein Risiko, das jede und jeder selbst zu tragen hat.